Zwanglose Blätter, Nr. 49, vom 2. September 1848

Der Krieg, den Preußen für Deutschland mit so vielem Ruhme begonnen, mit dessen schnellen und glückli= chen Fortschritten gewisse Hoffnungen des Königs von Preußen so schnell wuchsen — ist jetzt für denselben Kö= nig ein Gegenstand des Spottes geworden. Friedrich Wil= helm hat neulich in einer Platte russischer Caviar mit Oehl, der bekanntlich die Lust zum Trinken vermehrt, den witzi= gen Gedanken gefunden: „Es sei der Krieg mit Dänenmark in der Art, wie ihn ein Fisch mit einem Hunde führen könnte.“ Man vergesse ja nicht, so spricht nicht das preu= ßische Volk, sondern nur sein König und das Volk wird gegen den Charakter, den er sich in diesem Schauspiele beigelegt hat, nicht viel einzuwenden finden. Man braucht nicht immer 24 Ahnen, um dem Volk aus angeborener Neigung Fesseln zu schmieden. Drei bis viere reichen oft dazu hin, oft auch ein niederes Stamm= bäumlein von Advokaten. Wer hat nicht schon von den Patriziergeschlechtern in den deutschen Städten gelesen, diewohl adelige Prädikate führten, aber so wenig darauf hielten, als auf ihre übrigen Mitbürger, die nicht damit versehen waren. Die Ränke dieser Geschlechter haben oft die Stras= sen deutscher Städte mit Blut übergossen und ich fürchte immer die alte Lehrerin Geschichte will jetzt Wiederholungs= stunden geben. Heute Nacht schlief ich sehr unruhig, und träumte, Gagern, Doblhoff, Jellachich und Dr. Bach tanzten vor mir ein pas de quatres und der alte Wessenberg spielte ihnen dazu auf einem alten Dudelsack die Melodie eines alten Liedes auf, das so beginnt: „Divide et impera! — Blei= ben sie mir vom Leibe, Herr Staatsanwalt! Was kann ich für meine Träume? Geben Sie mir eine andere Wirk= lichkeit und ich werde ruhiger schlafen. Neuestes. Das Kreisamt Salzburg erklärt in No. 132 der „Constitution“, daß die Behauptung, es habe vom neuem Theaterpächter die Revision der Stücke vor der Aufführung verlangt, grundlos sei. Ungarn. Einer Nachricht aus Fiume zu Folge soll die Stadt von Jellachich besetzt worden sein. Wien. Die Wahlmänner der Bezirke, in denen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, sammeln Unterschriften für Adressen, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen diese beiden Minister, die fast alle Populärität eingebüßt, enthalten. Stadion und der Justizminister Bach drücken sich im Reichstagssaale schon zärtlich die Hände. Gute Nacht vor der Hand! Rundschau eines politischen Thürmers. Das Ministerium hat unter dem Vorsitze des Mini= sterialrathes Fischhof ein Comite für Ordnung und Ruhe zusammengesetzt, welches aus Mitgliedern des aufgelösten Sicherheitsausschusses des Gemeindeausschusses und des Ausschusses der Studenten besteht. Und den Sicherheitsausschuß hat es ausgelöst! — Jellachich, der nicht müde wird den Bürgerkrieg im Südosten unserer Monarchie anzufachen, hat dem kaiserl. Commissär F. M. L. Hrabowsky den Gehorsam gekündet. Und ist unser Thron so schwach, diesen Hohn dulden zu müssen? Will sich der Kaiser noch länger mit einer Schein= herrschaft über die Slaven begnügen? — Justinus Ker= ner singt in der Allgemeinen, Radetzky habe den deut= schen Aar nach Mailand zurück getragen. Um Verge= bung, alter Magus von Weinsberg, es war der k. k. öster= reichische Adler! — Mit dem Reichsverweser und seiner Frau treibt das Ausland wahrlich eine läppische Abgötte= rei, über die, namentlich in den norischen Alpen gelächelt wird. So erzählt ein Blatt von der patriarchalischen Einfachheit der Frau Reichsverweserin, die sich in Frank= furt selbst 2 Mägde gedungen und jeder 30 fl. Jahreslohn und eine neue Joppe“ versprochen habe. Ein anderes erzählt, als der Reichsverweser in bürgerlicher Kleidung vor dem Kölner Dom stand, habe ein altes Weib, das ihn nicht kannte und ihn da stehen sah, ausgerufen: „Seht doch den schlichten Bürgersmann!“ Ich sah schon viele schlichte Bürgersmänner auf der Straße stehen, aber so schlicht sah ich noch keinen, daß alte Weiber ihrem Stau= nen darüber in Ausrufungen Luft machen mußten. „Wer Vögel fangen will, muß nicht mit Knütteln darnach wer= fen.“ — Es mißfällt in Wien daß der Kaiser bei feier= lichen Gelegenheiten immer in der Generals=Uniform erscheint. Ist er denn nur Kaiser der Soldaten oder ist der Soldatenrock ein besserer als unserer? Aufforderung. Bei Vornahme der Conscription der Wehrpflichtigen für die Nationalgarde in Steyr zeigte es sich, daß sehr viele Häuser, entweder weil sie das Eigenthum von Män= nern die das gesetzmäßige Alter schon überschritten ha= ben, oder im Besitze von Witwen sind, oder aus sonst einer Ursache keinen Mann zu stellen haben, und doch be= dürfen gerade die durch Alter, Geschlecht oder Kränklichkeit von den Diensten der Nationalgarde befreiten, am meisten Schutz und Schirm. Sie werden daher im Sinne der Bil= ligkeit aufgefordert, auf eine andere Weise das Ihrige für Unterstützung des Institutes der Nationalgarde zu thun, und eingeladen sich zu erklären, ob sie ein für alle Mal einen Beitrag oder diesen nach Art der Auflage jährlich oder allmonatlich entrichten wollen. Für das Bataillon der National=Garde=Schützen übernimmt Beträge und Er= klärung Fried. Wilh. Arming, Major. Mit einem Anzeiger Nr. 27. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

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