Zwanglose Blätter, Nr. 49, vom 2. September 1848

nialgerichtes nach geschehener neuen Organisirung der Ju= stizpflege noch besetzt bleiben muß, und der sie bisher inne hatte vorwurfs frei und ihr vollkommen gewachsen ist, so hat er bloß statt wie bisher seinen Gehalt aus einer Privatkasse, denselben in Zukunft aus den Staatsmitteln zu beziehen, fällt seine Stelle weg, so hat er nach Maaßgabe seines Ranges und seiner Fähigkeiten eine entsprechende der neucreirten Stelle zu erhalten. Das ist gerecht und jedes andere Vorgehen wäre nur eine fortgesetzte Bemü= hung der alten, noch immer frisch lebendige Bureaukratie ihre Säuglinge zu versorgen, und die mit der Muttermilch eingesogenen Grundsätze eines Tages wieder in alter Herr= lichkeit herrschen zu sehen. Die Bureaukratie ist im Feuer der Revolution lebendig geblieben, wie ein Sala= mander, die schlüpfrige schwarz=gelbe Haut hat sie unver= sehrt bewahrt, und mit der alten Fruchtbarkeit ihre Len= den gerüstet, kreucht sie wieder beim Sonnenschein des neu= en Morgens — hervor auf den alten Weg. Pläne und Plänchen tauchen zahlreich auf, mit welchen Per= sonen man die neuen Richterstellen besetzen wolle. Die Herren von den Landrechten vor allen — natürlich — dann die überflüssige Juristen von den Kameral= und po= litischen Stellen, die man auf billigem Wege zu Richter= amts=Dekreten gelangen lassen will! Ein Plänchen ist gar süperb. Das will die Patrimonialgerichts=Beamten zwar nicht ausschließen, sondern gemeinsam mit den k. k. in die neue Stelle einrücken lassen, jedoch lediglich nach dem Dien= stesalter, so, daß z. B. 14 jährige Conceptspraktikanten, die oft kaum zum Kanzellisten im Landdienste zu brauchen sind, die Stelle eines Gerichtsvorstandes bekämen, der zwar erst 10 Jahre dienet, aber unter die geschicktesten Juristen des Landes gehört. Dieser Gerichtsvorstand träte somit an die Stelle des vierzehnendigen Conceptspraktikanten zu= rück. Ich muthe die Ausführung dieses Plänchens freilich nicht dem jetzigen Justizministerium zu, aber ein Ministe= rium ist ja nicht aere perennius! Ich habe für den Bauerstand gesprochen, bis zu dem Zeitpunkte wo er durch heillose Rathgeber irre geführt, in seinen Forderungen die Bahn des Rechtes, in seinen An= maßungen die Grenzen des gesunden Menschenverstandes verließ, und sobald er wieder — und ich hoffe das in Bälde — den rechten Weg wird eingeschlagen haben, reiche ich ihm wieder meine Hand, die ich ihm in billi= gen Dingen auch jetzt noch nie entzogen habe. Ich ver= trete die Rechte des Bürgerstandes mit aller Kraft und mit Freuden. Darum sei es mir aber noch unverwehrt die Rechte des heiligsten Standes im Reiche, die Rechte des Richterstandes zu vertreten. Man hat sich seit den Märztagen daran gewöhnt, den Richter wie einen Paria bei Seite zu schieben für den die Freiheit nicht niederstieg aus den Goldwolken! Ich sage euch aber die Revolution hat den Stand des Richters nicht erniedrigt, sondern er= höht, der gerechte Richter wird auf sie treten, seine Hand wird die letzten Wogen ihrer Stürme glätten und an die Thüre jedes Pallastes, jedes Hauses, jeder Hütte den grü= nen Zweig des Friedens heften. Verwerft eure ungerech= ten Richter, bewahrt euch aber die gerechten, denn sie sind die Priester des Friedens. Durchdrungen von diesem hohen Berufe, fordere ich alle Richter, deren Hand rein ist, und die bis jetzt in dem un= natürlichen Verhältnisse eines Privatbeamten dem Staate ihre Kräfte widmeten, auf, vom Justizministerium im Pe= titionswege die gehörigen Schritte zu verlangen: daß die Richtersteller der Voruntersuchungs=Ge= richte und aller Gerichte erster Instanz, welche in Zu= kunft die, den bis dahin bestandenen Patrimonialge= richten und den kaiserlichen Gerichten im Bezirke zu= ständige Gerichtsbarkeit, zu verwalten haben werden, ihnen und den in kaiserlichem Solde gestandenen Richtern, nach demselben Verhältnisse verliehen wer= den mögen, in welchem die Quantitäten der von den Patrimonialgerichten einerseits und den kaiserlichen Gerichten andererseits in demselben Bezirke bisher, nach einem zehnjährigen Durchschnitte, behandelten Justizgeschäfte zu einander stehen. Für jene aber, die auf diese Weise in ihrer Sfäre ohne ihr Ver= schulden keine Stelle finden können, möge der Staat dieselbe Vorsorge treffen, wie für k. k. Beamten, die dasselbe Schicksal trifft. Von Rechts wegen! Alex. Jul. Schindler. Ein Ministerium der Ehrlichkeit. Doblhoff=Wessenberg lautet die Firma unter der un= ser jetziges Ministerium bis heute sein Geschäft trieb. Es hatte Anfangs viel Kredit — das Volk hat ihn seit dem 24. August beschränkt und nicht mit Unrecht. Bald werden wir wieder das trostlose Schauspiel genießen, ein Ministerium, das begann unter dem Schimmer von Fakel= zügen, enden zu sehen — bemitleidet von seinen eigenen Freunden. Es sagt freilich ein altes Sprichwort: Lieber Neider als Mitleider — es wird aber dennoch so kommen. Was kann denn dieses Ministerium so plötzlich stürzen? wird man fragen. Die Herabsetzung des Lohnes der öf= fentlichen Arbeiter und das energische Einschreiten gegen dieselben, als sie sich den Organen der öffentlichen Gewalt nicht fügen wollten? So viel auch gewisse Brandblätter in Wien schreien mögen — diese Handlungsweise wirft das Ministerium nicht. Die Freiheit wurde nicht errungen, damit 14000 verwegene Leute auf öffentlichen Kosten faul= lenzen und jeder Ordnung Trotz bieten können. Das Mi= nisterium wird fallen, weil es den Sicherheitsausschuß auf= löste und den Gemeindeausschuß bestehen ließ, weil es die schwarz=roth=goldene Farbe verläugnete und die Camarilla um die Person des Kaisers duldet. Oder sieht das Ministerium nicht die Gefahren, welche der deutschen Sache, der Sache der Freiheit bei uns drohen? Jellachich, der Ritter einer zarten Dame, der pri= vilegirte Hochverrräther zieht immer fester seine Schlingen um unsere Füsse und Potsdams Junkerthum klappert ver= gnügt mit den Rubeln in seiner Tasche und spricht: „So

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2