Zwanglose Blätter Oberösterreich. Nro. Steyr am 2. September 1848. 49. Lebe der Wahrheit, möge auch kommen was da will; der bitteren Schmach der Selbstverachtung entgehst du sicher. — P. J. Meißner. Die künftige Organisirung der Justizpflege und die Patrimonialsgerichts=Beamten! Die Patrimonialgerichts=Beamten Oberösterreichs ha= ben sich vor einiger Zeit mit einer Eingabe an das Ju= stizministerium gewendet, um Garantien oder doch wenig= stens Aufschlüsse über ihr Schicksal nach geschehener neuer Organisirung der Justizpflege auf dem flachen Lande zu erhalten, welche sie in erster Instanz seit Jahrhunderten in gleicher Eigenschaft und mit gleicher Gewalt, wie jene Richter, die ihre bei weitem reichlicheren Besoldungen aus Staatskassen beziehen, und ganz gewiß nicht mit geringe= rer Fähigkeit und geringerem Erfolge verwaltet haben. Das Justizministerium hat diese Eingabe „im Style der seligen Hofkanzlei über Einvernehmen der obersten Ju= stizstelle“ so verbeschieden: „der Staat habe keine Ver= pflichtung die Patrimonialgerichts=Beamten zu übernehmen, übrigens stehe es diesen frei nach geschehener neuer Or= ganisirung der Justizpflege sich um die offenen Stellen zu bewerben, wobei sie nach Thunlichkeit werden berücksichtigt werden.“ Ich frage aber das Justiz=Ministerium ob es denn gar so sonnenklar bewiesen ist, daß der Staat keine Ver= pflichtung habe, die Patrimonialgerichts=Beamten zu über= nehmen? Diese Gerichtsbeamten waren allerdings leider wie jeder Reitknecht und Gartenbursche dem Solde und der Willkür ihres hochmögenden Gutsherren überlassen — sie waren aber Richter über Mein und Dein, über Leben und Tod mit derselben Befähigung, mit derselben Gewalt, un= ter demselben dem Kaiser geleisteten Eide, wie jeder andere Staatsbeamte im engeren Sinne; sie waren öffentliche und Staatsbeamten, so gut wie der weiland Präsident der obersten Justizstelle und es war für den Gerichtsherrn eine Nothwendigkeit, für den Patrimonialrichter ein Unglück, für den Staat aber eine Schande, daß er seine — ich sage noch einmal seine Richter in den Verhält= nissen von Livreeknechten leben, den Ausfluß des höchsten Majestätsrechts — das Richteramt aber demnach in sei= nem Namen von ihnen verwalten ließ. Man hat viel von der Unnatürlichkeit des Verhältnisses eines Bauers im Unterthansverbande gesprochen, der mit andern Staats= bürgern gleiche Leistungen dem Staate, und obendrein be= sondere Leistungen seinem Grundherrn entrichten müßte. Was sagen die Justizmänner der neuen Zeit, oder vielmehr die rüstigen Bureaukraten und Protektionskinder der alten Zeiten mit der Tünche der neuen Aera zu dem Verhält= nisse eines sogenannten Privatgerichtsbeamten, von dem der Staat unnachsichtlich vollwichtige Leistungen als öf= fentlicher Beamte forderte, während er jeden Bissen Brod des mit einem so höchst wichtigen Staats= amte bekleideten Mannes von der Laune eines Herrschafts= besitzers abhängig ließ! Ist da nicht auch ein Stand, ihr Herren, der mit erlöst sein will und muß, von der großen Erlöserin „Freiheit.“ Oder soll ihm für seine Dienste, deren Mängel — im wesentlichen die der ganzen bisheri= gen Justizpflege — nicht er, sondern der Staat, der ein so unnatürliches Verhältniß zum Nachtheile der öffentlichen Gerichtspflege bestehen ließ, verschuldet hat, von der gan= zen Erlösungsgeschichte nichts zu Theil werden, als der in Galle und Essig getauchte Schwamm? Es war dem Staate recht bequem seine Diener, seine Richter von Privatleuten, und nicht aus seinem Einkommen, bezahlt zu wissen. Ebenso bequem war es ihm seine Bureaus mit einem Heere von Janitscharen der absoluten Bureaukratie zu füllen — jetzt sind ihm seine vielen unnöthigen Bureau= meubeln unbequem und darum sollen die Patrimonialrichter diesen Platz machen. Aus welchem Rechte? Was hat sich in der Stellung des bisherigen Patrimonialrechtes geändert! Hat er seine Stelle verwirkt? Es mag Einzelne geben, bei denen dieses wohl der Fall ist, aber nicht weil der oberste Staatsgrundsatz ein anderer geworden ist, sondern weil sie sich gegen das Gesetz vergangen haben. Sie werden ge= nug Leidensgefährten finden die k. k. vor ihren Amtscha= rakter schreiben. Wenn die Stelle des bisherigen Patrimo=
nialgerichtes nach geschehener neuen Organisirung der Ju= stizpflege noch besetzt bleiben muß, und der sie bisher inne hatte vorwurfs frei und ihr vollkommen gewachsen ist, so hat er bloß statt wie bisher seinen Gehalt aus einer Privatkasse, denselben in Zukunft aus den Staatsmitteln zu beziehen, fällt seine Stelle weg, so hat er nach Maaßgabe seines Ranges und seiner Fähigkeiten eine entsprechende der neucreirten Stelle zu erhalten. Das ist gerecht und jedes andere Vorgehen wäre nur eine fortgesetzte Bemü= hung der alten, noch immer frisch lebendige Bureaukratie ihre Säuglinge zu versorgen, und die mit der Muttermilch eingesogenen Grundsätze eines Tages wieder in alter Herr= lichkeit herrschen zu sehen. Die Bureaukratie ist im Feuer der Revolution lebendig geblieben, wie ein Sala= mander, die schlüpfrige schwarz=gelbe Haut hat sie unver= sehrt bewahrt, und mit der alten Fruchtbarkeit ihre Len= den gerüstet, kreucht sie wieder beim Sonnenschein des neu= en Morgens — hervor auf den alten Weg. Pläne und Plänchen tauchen zahlreich auf, mit welchen Per= sonen man die neuen Richterstellen besetzen wolle. Die Herren von den Landrechten vor allen — natürlich — dann die überflüssige Juristen von den Kameral= und po= litischen Stellen, die man auf billigem Wege zu Richter= amts=Dekreten gelangen lassen will! Ein Plänchen ist gar süperb. Das will die Patrimonialgerichts=Beamten zwar nicht ausschließen, sondern gemeinsam mit den k. k. in die neue Stelle einrücken lassen, jedoch lediglich nach dem Dien= stesalter, so, daß z. B. 14 jährige Conceptspraktikanten, die oft kaum zum Kanzellisten im Landdienste zu brauchen sind, die Stelle eines Gerichtsvorstandes bekämen, der zwar erst 10 Jahre dienet, aber unter die geschicktesten Juristen des Landes gehört. Dieser Gerichtsvorstand träte somit an die Stelle des vierzehnendigen Conceptspraktikanten zu= rück. Ich muthe die Ausführung dieses Plänchens freilich nicht dem jetzigen Justizministerium zu, aber ein Ministe= rium ist ja nicht aere perennius! Ich habe für den Bauerstand gesprochen, bis zu dem Zeitpunkte wo er durch heillose Rathgeber irre geführt, in seinen Forderungen die Bahn des Rechtes, in seinen An= maßungen die Grenzen des gesunden Menschenverstandes verließ, und sobald er wieder — und ich hoffe das in Bälde — den rechten Weg wird eingeschlagen haben, reiche ich ihm wieder meine Hand, die ich ihm in billi= gen Dingen auch jetzt noch nie entzogen habe. Ich ver= trete die Rechte des Bürgerstandes mit aller Kraft und mit Freuden. Darum sei es mir aber noch unverwehrt die Rechte des heiligsten Standes im Reiche, die Rechte des Richterstandes zu vertreten. Man hat sich seit den Märztagen daran gewöhnt, den Richter wie einen Paria bei Seite zu schieben für den die Freiheit nicht niederstieg aus den Goldwolken! Ich sage euch aber die Revolution hat den Stand des Richters nicht erniedrigt, sondern er= höht, der gerechte Richter wird auf sie treten, seine Hand wird die letzten Wogen ihrer Stürme glätten und an die Thüre jedes Pallastes, jedes Hauses, jeder Hütte den grü= nen Zweig des Friedens heften. Verwerft eure ungerech= ten Richter, bewahrt euch aber die gerechten, denn sie sind die Priester des Friedens. Durchdrungen von diesem hohen Berufe, fordere ich alle Richter, deren Hand rein ist, und die bis jetzt in dem un= natürlichen Verhältnisse eines Privatbeamten dem Staate ihre Kräfte widmeten, auf, vom Justizministerium im Pe= titionswege die gehörigen Schritte zu verlangen: daß die Richtersteller der Voruntersuchungs=Ge= richte und aller Gerichte erster Instanz, welche in Zu= kunft die, den bis dahin bestandenen Patrimonialge= richten und den kaiserlichen Gerichten im Bezirke zu= ständige Gerichtsbarkeit, zu verwalten haben werden, ihnen und den in kaiserlichem Solde gestandenen Richtern, nach demselben Verhältnisse verliehen wer= den mögen, in welchem die Quantitäten der von den Patrimonialgerichten einerseits und den kaiserlichen Gerichten andererseits in demselben Bezirke bisher, nach einem zehnjährigen Durchschnitte, behandelten Justizgeschäfte zu einander stehen. Für jene aber, die auf diese Weise in ihrer Sfäre ohne ihr Ver= schulden keine Stelle finden können, möge der Staat dieselbe Vorsorge treffen, wie für k. k. Beamten, die dasselbe Schicksal trifft. Von Rechts wegen! Alex. Jul. Schindler. Ein Ministerium der Ehrlichkeit. Doblhoff=Wessenberg lautet die Firma unter der un= ser jetziges Ministerium bis heute sein Geschäft trieb. Es hatte Anfangs viel Kredit — das Volk hat ihn seit dem 24. August beschränkt und nicht mit Unrecht. Bald werden wir wieder das trostlose Schauspiel genießen, ein Ministerium, das begann unter dem Schimmer von Fakel= zügen, enden zu sehen — bemitleidet von seinen eigenen Freunden. Es sagt freilich ein altes Sprichwort: Lieber Neider als Mitleider — es wird aber dennoch so kommen. Was kann denn dieses Ministerium so plötzlich stürzen? wird man fragen. Die Herabsetzung des Lohnes der öf= fentlichen Arbeiter und das energische Einschreiten gegen dieselben, als sie sich den Organen der öffentlichen Gewalt nicht fügen wollten? So viel auch gewisse Brandblätter in Wien schreien mögen — diese Handlungsweise wirft das Ministerium nicht. Die Freiheit wurde nicht errungen, damit 14000 verwegene Leute auf öffentlichen Kosten faul= lenzen und jeder Ordnung Trotz bieten können. Das Mi= nisterium wird fallen, weil es den Sicherheitsausschuß auf= löste und den Gemeindeausschuß bestehen ließ, weil es die schwarz=roth=goldene Farbe verläugnete und die Camarilla um die Person des Kaisers duldet. Oder sieht das Ministerium nicht die Gefahren, welche der deutschen Sache, der Sache der Freiheit bei uns drohen? Jellachich, der Ritter einer zarten Dame, der pri= vilegirte Hochverrräther zieht immer fester seine Schlingen um unsere Füsse und Potsdams Junkerthum klappert ver= gnügt mit den Rubeln in seiner Tasche und spricht: „So
steht et, Jevatter Süddeutsch, det hilft dir alles nischt, du mußt Preuß'sch werren!“ Wir stehen an der Pforte einer schönen Zukunft und selbst der Zufall, der unschuldige Knabe wird weinen, daß er den unschuldigen Techniker Spitzer als erstes Opfer ge= weiht hat, diesem Gotte, der nun dem Altar der Völker zu besteigen sich anschickt. Alles freut sich schon über uns zu herrschen — die Camarilla lacht sich schon in die Gla= cefäustchen und das Ministerium Stadion=Neumann hat schon seine Uniform zur Stickerin geschickt, Jellachich freut sich, der gerechte Strohbach freut sich, der so manches Wort zu seiner Zeit, ehe es laut geworden mit der Prä= sidentenglocke zu Grabe geläutet, Wittelsbach freut sich — auch Rußland und nebenbei der Prior der Ligurianer in Mautern. Die Warnungsstimme aus Italien wird Reichs= Feldmarschall und dann werden die Tage anbrechen in de= nen man mit Recht wird fragen können: „Was ist des Deutschen Vaterland? Der Spielberg oder die Ufern des Ohio?“ Doblhoff=Wessenberg, vergeßt es nicht: der Welt= geist macht heute die Politik! trennt heute die Ca= marilla von der Person des Kaisers und heftet zugleich dauernd die deutschen Farben an die Fahnen unserer Truppen — wie heftig auch der Kampf entbrenne — euer bleibt das Feld. Das jetzige Ministerium war so ungeschickt oder so so unredlich der Camarilla in ihre Schlingen zu laufen, darum müssen wir wünschen, daß es falle; doch ein Mi= nisterium Neumann=Stadion wird ihm nachfolgen — da= rum müssen wir wünschen, daß es bleibe. Sind wir nicht in einer beneidenswerthen Lage? Laßt uns doch sehen, was das Ministerium Stadion=Neumann in seinem Portefeuille trägt. Soldaten= und Bureaukraten=Herrschaft! Bürger= krieg und — seinen eigenen Todtenschein! Was wird es zuerst daraus hervorziehen? Gleichviel — am Ende jedes die= ser drei Lose hängt die Frage: „Was dann!?“ Wenn ich mich in Gedanken über dieses „dann“ vertiefe, dann freue ich mich, daß ich noch so jung und an Hoffnung und Fantasie noch so reich bin. Sonst würde ich der Versu= chung schwer widerstehen können, wie der siebzigjährige Beaumarchais wenige Stunden vor seinem Tode auszuru= fen: „Ich bin nicht neugierig mehr.“ Wir hatten bis jetzt zwei Ministerien der Schwäche — das erste schwach gegen unten, das zweite schwach gegen oben — zunächst droht uns ein Ministerium der Camarilla — wann blüht uns ein Ministerium der Ehrlichkeit?! Alex. Jul. Schindler. Zur Geschichte des Tages. Ueber die Zustände in Croatien und an der Gränze enthält die Cillier Zeitung, eine vortreffliche Quelle für die südslavischen Angelegenheiten, folgenden Bericht eines achtbaren Reisenden, welcher Agram am 23. v. M. ver= ließ. Wir bemerken nur noch, daß der Berichterstatter ein gemäßigter Slave ist: „Als ich Petrina verließ, kamen 5 Wagen mit Flüchtlingen an, welche die Kunde brachten, die Türken seien in die Gränze eingefallen und hätten die Ortschaft Maja angezündet. Die alsogleich ausgeschickten Patrouillen bemerkten allerdings ein Feuer, des Feindes aber wurden sie nicht ansichtig. Ich hielt die Sache für einen blinden Lärm, herbeigeführt durch die Maßregeln ge= gen die Heuschreckenschwärme, welche ich selbst Tags vorher drei volle Stunden hindurch an Konstainicza vorü= ber ziehen sah, von wo sie aber durch die Bewohner ver= trieben, das jenseitige Ufer erwählten, von den fatalisti= schen Türken unbehindert ihre Verheerung fortsetzten und sich wahrscheinlich gegen Carlstadt gewendet haben. Die Aufregung der Bewohner gegen die Ungarn hat ihren Höhepunkt erreicht, man hatte aber auch jedes Mit= tel, insbesondere den religiösen Fanatismus hervorgesucht, um die Bevölkerung für den Vernichtungskrieg zu ent= flammen, zum Kampfe „für den Kaiser und die Religion," ein Krieg, der sich aber zum Kampfe der rohesten Barba= rei gegen die Gesittung gestaltet. Denn der Gränzer hält es für seine Pflicht, da seine Brüder in Italien sich mit Beute beladen, auf gleiche Weise durch Plünderung für Weib und Kind zu sorgen. Darum sucht er auch den Krieg naturgemäß in das reichere Feindesland zu spielen und man betrachtet den Zug nach Budapest als einen blo= ßen Uebungsmarsch. Der Bauer hat trotz der erlangten Freiheit seinen Zustand nicht verbessert; er ist aus der Ge= walt der Aristokratie in die Hand der Bureaukratie ge= kommen; von einem kräftigen Mittelstande ist keine Spur. Ueber Wien und Frankfurt waren die abenteuerlichsten Ansichten verbreitet, was kein Wunder ist, da jede Mei= nung von entgegengesetzter Farbe Gefahr bringt. Man kann sich kaum eine Vorstellung von dem Terrorismus ma= chen, welcher in Agram herrscht. Am 23. d. M. wurde daselbst ein achtbarer Greis und Bürger, der sich eine un= vorsichtige obschon gemäßigte Aeußerung über Jellachich erlaubte, alsogleich ergriffen, an den Pranger gestellt, standrechtlich behandelt unb heute wahrscheinlich mit dem Tode bestraft.“ Pfefferkörner. Im Jahre 1834 hat ein Hr. v. Gagern in der Darmstädter Kammer behauptet, die unruhige Stimmung in Rheinbaiern käme von drei Ursachen her: weil keine Residenzen, kein hoher Adel und keine Oper im Lande sind! Ist das derselbe Hr. v. Gagern, der jetzt in der Paulskirche präsidirt, der den unverantwortli= chen Reichsverweser ohne Reich erfunden hat, damit des Königs von Preußen ehrlicher Mund an Küssen nicht verarme?!
Der Krieg, den Preußen für Deutschland mit so vielem Ruhme begonnen, mit dessen schnellen und glückli= chen Fortschritten gewisse Hoffnungen des Königs von Preußen so schnell wuchsen — ist jetzt für denselben Kö= nig ein Gegenstand des Spottes geworden. Friedrich Wil= helm hat neulich in einer Platte russischer Caviar mit Oehl, der bekanntlich die Lust zum Trinken vermehrt, den witzi= gen Gedanken gefunden: „Es sei der Krieg mit Dänenmark in der Art, wie ihn ein Fisch mit einem Hunde führen könnte.“ Man vergesse ja nicht, so spricht nicht das preu= ßische Volk, sondern nur sein König und das Volk wird gegen den Charakter, den er sich in diesem Schauspiele beigelegt hat, nicht viel einzuwenden finden. Man braucht nicht immer 24 Ahnen, um dem Volk aus angeborener Neigung Fesseln zu schmieden. Drei bis viere reichen oft dazu hin, oft auch ein niederes Stamm= bäumlein von Advokaten. Wer hat nicht schon von den Patriziergeschlechtern in den deutschen Städten gelesen, diewohl adelige Prädikate führten, aber so wenig darauf hielten, als auf ihre übrigen Mitbürger, die nicht damit versehen waren. Die Ränke dieser Geschlechter haben oft die Stras= sen deutscher Städte mit Blut übergossen und ich fürchte immer die alte Lehrerin Geschichte will jetzt Wiederholungs= stunden geben. Heute Nacht schlief ich sehr unruhig, und träumte, Gagern, Doblhoff, Jellachich und Dr. Bach tanzten vor mir ein pas de quatres und der alte Wessenberg spielte ihnen dazu auf einem alten Dudelsack die Melodie eines alten Liedes auf, das so beginnt: „Divide et impera! — Blei= ben sie mir vom Leibe, Herr Staatsanwalt! Was kann ich für meine Träume? Geben Sie mir eine andere Wirk= lichkeit und ich werde ruhiger schlafen. Neuestes. Das Kreisamt Salzburg erklärt in No. 132 der „Constitution“, daß die Behauptung, es habe vom neuem Theaterpächter die Revision der Stücke vor der Aufführung verlangt, grundlos sei. Ungarn. Einer Nachricht aus Fiume zu Folge soll die Stadt von Jellachich besetzt worden sein. Wien. Die Wahlmänner der Bezirke, in denen die Herren Minister Bach und Schwarzer gewählt wurden, sammeln Unterschriften für Adressen, die ein förmliches Mißtrauensvotum gegen diese beiden Minister, die fast alle Populärität eingebüßt, enthalten. Stadion und der Justizminister Bach drücken sich im Reichstagssaale schon zärtlich die Hände. Gute Nacht vor der Hand! Rundschau eines politischen Thürmers. Das Ministerium hat unter dem Vorsitze des Mini= sterialrathes Fischhof ein Comite für Ordnung und Ruhe zusammengesetzt, welches aus Mitgliedern des aufgelösten Sicherheitsausschusses des Gemeindeausschusses und des Ausschusses der Studenten besteht. Und den Sicherheitsausschuß hat es ausgelöst! — Jellachich, der nicht müde wird den Bürgerkrieg im Südosten unserer Monarchie anzufachen, hat dem kaiserl. Commissär F. M. L. Hrabowsky den Gehorsam gekündet. Und ist unser Thron so schwach, diesen Hohn dulden zu müssen? Will sich der Kaiser noch länger mit einer Schein= herrschaft über die Slaven begnügen? — Justinus Ker= ner singt in der Allgemeinen, Radetzky habe den deut= schen Aar nach Mailand zurück getragen. Um Verge= bung, alter Magus von Weinsberg, es war der k. k. öster= reichische Adler! — Mit dem Reichsverweser und seiner Frau treibt das Ausland wahrlich eine läppische Abgötte= rei, über die, namentlich in den norischen Alpen gelächelt wird. So erzählt ein Blatt von der patriarchalischen Einfachheit der Frau Reichsverweserin, die sich in Frank= furt selbst 2 Mägde gedungen und jeder 30 fl. Jahreslohn und eine neue Joppe“ versprochen habe. Ein anderes erzählt, als der Reichsverweser in bürgerlicher Kleidung vor dem Kölner Dom stand, habe ein altes Weib, das ihn nicht kannte und ihn da stehen sah, ausgerufen: „Seht doch den schlichten Bürgersmann!“ Ich sah schon viele schlichte Bürgersmänner auf der Straße stehen, aber so schlicht sah ich noch keinen, daß alte Weiber ihrem Stau= nen darüber in Ausrufungen Luft machen mußten. „Wer Vögel fangen will, muß nicht mit Knütteln darnach wer= fen.“ — Es mißfällt in Wien daß der Kaiser bei feier= lichen Gelegenheiten immer in der Generals=Uniform erscheint. Ist er denn nur Kaiser der Soldaten oder ist der Soldatenrock ein besserer als unserer? Aufforderung. Bei Vornahme der Conscription der Wehrpflichtigen für die Nationalgarde in Steyr zeigte es sich, daß sehr viele Häuser, entweder weil sie das Eigenthum von Män= nern die das gesetzmäßige Alter schon überschritten ha= ben, oder im Besitze von Witwen sind, oder aus sonst einer Ursache keinen Mann zu stellen haben, und doch be= dürfen gerade die durch Alter, Geschlecht oder Kränklichkeit von den Diensten der Nationalgarde befreiten, am meisten Schutz und Schirm. Sie werden daher im Sinne der Bil= ligkeit aufgefordert, auf eine andere Weise das Ihrige für Unterstützung des Institutes der Nationalgarde zu thun, und eingeladen sich zu erklären, ob sie ein für alle Mal einen Beitrag oder diesen nach Art der Auflage jährlich oder allmonatlich entrichten wollen. Für das Bataillon der National=Garde=Schützen übernimmt Beträge und Er= klärung Fried. Wilh. Arming, Major. Mit einem Anzeiger Nr. 27. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.
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