Zwanglose Blätter, Nr. 46, vom 23. August 1848

..... wo? war meine neugierige Frage — „in Egyp= ten“ war die Antwort. — Die Britten sind doch überall zu Haus, trinken überall ihren Thee, haben überall ihr handbook for travellers in der Hand, und sind überall Engländer, d. h. Söhne einer mächtigen, auf dem ganzen Erdball nicht allein gekannten, sondern auch geachteten, ja noch mehr: einer gefürchteten Nation. Mein neuer Reisegefährte hatte den Winter in Alexandrien zugebracht, dann einen kleinen Ausflug von beiläufig hundert Meilen dem Niel aufwärts gemacht, und war dann ganz ruhig und gleichmüthig, als ginge er aus einer Stube in die andere nach Palermo, Rom, Neapel, dann über Triest, Venedig, Mailand und über den Simplon gegangen, jetzt auf dem Eilwagen des Canton Wallis, um von Mar= tigny aus weiters durch das Thal Chamounir nach Genf zu begeben; . . . . das geht Alles so leicht, so sicher, so ru= hig; ein gewaltiger Schutz umgibt den fahrenden Britten überall, und darum ist er überall zu Haus. Werden wir Deutschen uns auch noch einmal eines solchen gewaltigen Schutzes zu erfreuen haben? Vielleicht, wenn der König von Hannover, die juten Berliner und die böhmisch spre= chenden Oesterreicher nichts dagegen haben. Börne sagt: „Wie der Mensch beim Erwachen ei= nige Augenblicke hindurch irre redet und irre denkt, so auch die Völker. Der Modergeruch des früheren Zustan= des der Willkür verbreitet sich in die neu erwärmte Atmos= färe, und alter Haß, lange verhaltener Groll und grau= sam verhöhnende Schadenfreude machen den Anfang des köstlichen Geschenkes der Preßfreiheit zum Fluche.“ Dieser treffende Ausspruch erklärt die verübten Mißbräuche, deren sich die periodische Presse, die Flugblätter jeder Farbe bei Verleihung der Preßfreiheit überall zu Schulden kom= men lassen; aber er entschuldigt sie zugleich, und verheißet tröstend genug: ist das Erwachen einmal ein vollkommenes, dann wird auch Reden und Denken ein geordnetes. Die Auswüchse am Baume der Freiheit werden immer seltener werden, je älter und kräftiger er wird, und das richtige Gefühl des Volkes, das sich wohl eine Zeitlang irre lei= ten, aber nie ganz verkehren lassen kann, wird strenge da= rüber richten: darum werde nicht zu früh gerichtet, und nicht zu voreilig die Preßfreiheit ein Unglück genannt. Es gibt nur sehr wenige Menschen, welche Sinn, Kraft und Entschluß für den Werth und das Erringen persönlicher Lebensfreiheit haben; die Meisten können nur leben und besinden sich nur wohl in abhängigen Ver= hältnissen; und doch sind es gerade diese, welche am lau= testen von öffentlicher Freiheit schwätzen; — aber sie schwätzen auch nur davon. Daß Handel und Gewerbe in unser neu sich ge= staltenden Zeit darnieder liegen, ist erklärlich und löblich, daß der spart, welcher nur ein mäßiges, vielleicht gar un= gewisses Einkommen hat; aber ungerecht, ja selbst unklug ist es von dem Reichen, von den Millionären, daß auch sie jetzt sich in ihren Ausgaben so auffallend einschränken, Gouvernanten, Stallmeister, Bediente abdanken, allen Ue= berfluß entsagen, ihre Kapitalien im Kasten behalten, und dem Erwerbsmanne, der von der Hand in den Mund lebt, jeden Verdienst abbrechen, — sie rufen dadurch Vergröße= rung des Proletariats hervor, — dieses wird sie früher oder später selbst am schwersten treffen. Sicher wäre es besser, sich zu zeitigen Opfern zu verstehen, und der arbei= tenden Klasse durch Arbeitgeben den nöthigen Lebensunter= halt zu gewähren, als die Masse durch Arbeitsverweige= rung zum Almosenempfangen zu nöthigen, und wäre es auch nur, weil letzteres in der Regel die Moral unter= gräbt, indem es das Ehrgefühl unterdrückt. Die Regierungen, welche sich dem Associationsrechte entgegenstimmen, begehen einen groben Fehler. Ein Volk ist nie leichter zu revolutioniren, als wenn vorher alles Körper= und Genossenschaftliche vertilgt worden. Verein= zelte geben sich nur zu leicht jeder Gewalt preis. Wer ist revolutionär? — Nicht bloß der, welcher alle Dämme niederreißt, sondern auch jener, der sie quer in den Strom hineinbaut. Pfefferkörner. Montecucoli, der am 26. Mai unsern Liebkosungen Entronnene, ist auf Reclamation Radetzky's an Hartig's Stelle Staatsminister in Italien geworden. Für Italien ist keine Strafe hart genug. Sch. Der schauerliche politische Krebs Ebelsberg hat be= kanntlich eine Katzenmusik erhalten. Wir protestiren feier= lich dagegen. Welche Ansprüche vom Rechtsboden betrach= tet hat Ebelsberg, das Ideal der Zöpfe, auf eine Katzen= musik? Das Institut der Charivari's ist entwürdigt, jeder poetische Zauber ist den Katzenmusiken genommen, nach= dem Ebelsberg mit einer solchen Serenade honorirt, distin= quirt und dekorirt wurde. — Ebelsberg soll ausgerufen haben: ich theile das Schicksal jener ehrwürdigen Väter, Fiquelmont's und des Erzbischofs, das ist das Loos des Schönen auf der Erde. Sch. Mit einem Anzeiger Nr. 26. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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