Zwanglose Blätter, Nr. 45, vom 19. August 1848

Zur Geschichte des Tages. Die Cillier=Zeitung bringt uns folgende Nachrichten: Pettau. Der Banus Jellachich äußerte sich bei seiner Rückreise, daß falls zwischen Ungarn und Kroatien der Kampf ernstlich ausbreche, er darauf rechne, seine sloveni= schen Brüder in Untersteiermark würden den linken Flügel seiner Schlachtreihe bilden. Cilli. Wir werden um die Aufname folgender Zeilen ersucht: „G. M. Graf Clam hat sich bei seiner Durchreise am 9. d. M. geäußert, sobald die Armee den italienischen Krieg beendigt habe, werde sie gegen Wien ziehen, und, wenn man 3000 (!) Studenten unter das Fuhrwesenkorps gesteckt habe, werde die Ruhe bald hergestellt sein.“ Ist denn unsere konstitutionelle Regierung so schwach, daß sie den rohen Trotz dieser Generale dul= den muß — diesen Trotz boshafter Aristokraten, der dem edlen Kerne der Armee gewiß fremd ist. Rundschau eines politischen Thürmers. Der Landtag zu Dessau hat einstimmig die Ab= schaffung des Adels beschlossen. Alle zur Bezeichnung des Adels dienenden Ausdrücke verlieren alle Bedeutung und alle bisher adeligen Personen haben aus diesem Titel vor den übrigen Staatsbürgern keinen Vorzug mehr. Der Frankfurter constituirende Reichstag konnte sich mit dem Landtage zu Dessau leider nicht auf gleiche Höhe schwin= gen. Er sanktionirte den Adel vom Neuen. Uns nimmt's nicht Wunder. Ist die Rechte doch so stark, daß sie H. Brentano selbst das Reden verbieten durfte. — H. Bren= tano stellte den Republikaner Heker, der das Volk verleitete, die Republik mit Waffengewalt einzusetzen, mit dem Prinzen v. Preußen, der die Armee benützte, den Absolutismus zu er= halten auf eine Stufe. Der Vergleich ist treffend, beide sind im konstitutionellen Staate Rebellen. — Erzherzog Reichs= verweser Johann hat den Fürsten von Leiningen, einen Blutverwandten der Königin von England zum Präsi= denten des Reichsministeriums ernannt. Alte Liebe rostet nicht. — Ueber die Bewegungen des F. M. L. Welden haben wir verschiedene Nachrichten. Zuerst soll er in Bo= logna eingerückt sein, dann soll er es wieder bombardiren. Beides erscheint gegenüber der Thronrede als eine Eigen= mächtigkeit, die um so strafbarer ist, da sie einen Weltkrieg hervorrufen kann, der doch nicht von den Generalen allein sondern auch vom Volke mit geführt werden müßte. End= lich heißt es, Welden habe auf Befehl des Ministeriums die Legationen mit seinen Truppen verlassen; das wäre eine Freudenbothschaft. — Auch die Frankfurter constitu= irende Nationalversammlung fängt an sich mit Dingen zu beschäftigen, zu deren Schlichtung sie nicht bevollmächtigt ist, z. B. die Cölibatsfrage. Aber das ist schon die Manier der Constituanten unserer Tage, daß sie Alles und zwar Alles auf Einmal unternehmen wollen. So wird es ge= schehen, daß sie den nachfolgenden Reichstagen nichts zu thun übrig lassen werden, als das — was sie selbst hätten thun sollen. — Der Kaiser ist bei seinem Einzuge in Wien freundlich und achtungsvoll empfangen worden. — Exminister Pillersdorff hat im Reichstage ein Anlehen von 20 Millionen in Antrag gebracht!, daß durch keine Hypothek, sondern nur durch das Wort des Volkes garantirt sein soll. So hat sich die Zeit verkehrt, und wir sollen jetzt die Worte geben, — da werden wohl die, die vor dem 15. März blos Worte gaben, jetzt das Geld hergeben! — Herr Vacano, der den Platz unseres Depu= tirten im Reichstage einnimmt, hat einen Geniestreich ge= macht. Er hat an den Bürgerverein einen Brief gerich= tet, indem er sich Instruktion erbittet über Einzelheiten in der Gewerbs= und Gemeindegesetzgebung, z. B. über Be= zug des Materiales und der Rohstoffe u. dgl. m. Das alles kann im constituirenden Reichstage nicht zur Sprache kommen. Dieser Brief, der nur einen neuen schlagenden Beweis gibt, wie wenig man in der Reitschule seinen Be= ruf und seine Vollmachten kennt, will aber nur dem Bür= gervereine eine indirekte Anerkennung H. Vacanos als Deputirten entlocken, da dieser Herr wohl wissen wird, daß 2/3 der Wahlmänner die ihn wählten, auf eine Art und Weise bei der Vorwahl ihre Majorität bekamen, die nach dem Wahlgesetze ihre Wahl falsch und ungiltig macht, wenn der Reichstag auch noch tausendmal das Gegentheil behauptete. Die objektiv als verfälscht erscheinende Ur= wahlprotokolle — von denen der Reichstag gar keine Ein= sicht nahm — beweisen die Wahrheit unserer Angabe un= widerleglich. H. Vacano ist schlau — doch der Bürger= verein wird ihm wohl zu antworten wissen. Anzeige. In dem hiesigen städtischen Spitale werden ein Haus= knecht und zwei Wärterinnen aufgenommen. Jene Indi= viduen, welche einen derlei Dienst zu erhalten wünschen, wollen sich bei dem Unterzeichneten darum melden. Dr. v. König. Verantwortlicher Redacteur Alex Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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