Oesterreich, die unverschämten Erpressungen des Cardinal Mazarin und seiner habgierigen Höflinge den fürchterlich= sten Sturm am politischen Horizont heraufbeschworen. Hun= derttausend Pariser erhoben sich in Waffen hinter 2000 Barrikaden, und diese waren mit so vieler Kunst gebaut, daß das ganze Königreich nicht im Stande gewesen wäre sie mit Gewalt zu nehmen. Der Hof gab auch kluger= weise nach und demüthigte sich vor den Piken der Bür= gergarde. Von dieser Zeit an verschwinden die Barrikaden aus der Geschichte, und erscheinen erst wieder im Jahre 1830, um die Leginimität von Frankreichs Boden zu vertreiben. Am 5. und 6. Juni 1832 entfalteten sie sich aber wieder in all ihrem früheren Glanze und zeigten die ganze Macht der demokratischen Ideen. Im Februar 1848 stieg die Republik triumphirend aus den Barrikaden hervor, die das tapfere Pariser Volk errichtet hatte. Würdig stehen ihnen die Wiener=Barrikaden zur Seite, wahre Festungswerke der demokratisch=konstitutionellen Monarchie. Wir wollen wün= schen, daß ihr Aufbau kein so nutzloser war, als uns der der Berliner zu sein scheint, — wir wollen auch wünschen daß wir ihrer nicht mehr benöthigen, aber gänzlich verges= sen wollen wir doch nicht die Kunst sie zu errichten. F. W. Arming. Ich kann nicht umhin einen Irrthum dieses interes= santen Aufsatzes zu berichtigen. Der Verfasser scheint der Meinung zu sein, daß die Franzosen die Erfinder des Bar= rikadenbaues gewesen seien. Die Kunst des Barrikaden= baues war schon im alten Bunde bekannt, und als der König Nabukodonozor Jerusalem eroberte, sicherte er sich jeden einzelnen Theil der großen Stadt, den er in Besitz genommen hatte, mit Verschanzungen aus Quardersteinen, die er aus den Fußsteigen (Trottoirs) riß und so den dop= pelten Zweck erreichte, die Wege schwer gangbar zu machen und ihre Fortsetzung zu verlegen. Auch in den Klagen des Profeten Jeremias steht eine Stelle, die sich auf die= sen Barrikadenbau bezieht. Das ist ein schönes poetisches Buch: Die Klagen Jeremiä. Als Israel gefangen und Je= rusalem verwüstet war, saß Jeremias der Profet auf den Trümmern und weinte und klagte diese Klage und er seufzte mit betrübtem Herzen. Jeremias war ein Dichter oder ein Profet, denn jeder Dichter hat von Gott den Blick, der weiter reicht als die Augen anderer Sterblichen. Wir haben das an den Dichtern des letzten Jahrzehentes erlebt, daß sie Profezeiungen niederschrieben, die jetzt alle in Erfüllung gegangen sind. Nur waren der großen Profeten weniger als zwölf und der kleinen mehr als vier und zwanzig. Der Profet Jeremias sah es voraus wie die Macht des Absolutismus wird gebrochen werden und wie die Re= aktion gebändiget werden wird durch die Macht des sieg= reichen Volkes. Im dritten Kapitel seiner Klagen hat er eine Stelle, welche das Geschick und die gegenwärtige Lage der absolutistischen Reaktion genau so voraus sagt, wie sie ein= getroffen sind. Diese Stelle umschließt die Verse 4—9 und nachdem die Besiegten geklagt haben „über ihr Elend von der Ruthe des grimmigen Zornes Gottes“ lassen sie sich in nachstehenden Weherufen vernehmen, deren letzter (Vers 9.) den Barrikaden gilt. 4. „Mein Fleisch und Haut hat er alt gemacht, und meine Gebeine zerknirschet.“ 5. „Er hat mich verbauet und mich mit Galle und Mühe umgeben.“ 6. „Mich hat er ins Dunkle gesetzet, wie diejenigen, die da ewig todt sind.“ 7. „Er hat mich dermaßen verzäunet, daß ich nicht heraus kann, und mir schwere Fessel angelegt.“ 8. „Und wenn ich schon flehe und bitte, so nimmt er mein Gebeth nicht auf.“ 9. „Mit Quadersteinen hat er meine Wege verlegt, und meine Fußsteige umgekehrt. Al. Jul. Schindler. Status quo! Der Kaiser ist zurückgekehrt. „Meine Herrn,“ sagte er zu den Deputirten bei dem feierlichen Empfange zu Schönbrunn, „Sie haben mich zurückberufen; ich habe meine Schuldigkeit gethan, jetzt bin ich hier!“ In so of= fener Sprache hat der Kaiser die Rechte seines Volkes auf ihn in der Constituirung des Vaterlandes anerkannt. Seine Rückkehr ist der größte aller Siege der Demokratie in Oesterreich. Von nun an hoffen wir, daß es keine Reaktion mehr gebe — weder offene noch geheime. Jeder Reaktionsver= such ist Hochverrath an der Sache des konstitutionellen Thrones; denn nicht die Reaktion dürfte zu fürchten sein wohl aber der fürchterliche Gegenstoß, den sie hervorriefe. — Die Gewerbe liegen darnieder, der ganze Mittelstand ist in die Riesenkluft des Proletariats hinabgestürzt, täglich stürzen neue Einbrüche in seinen bodenlosen Abgrund hin= ab. Das Meer des Todes kann Provinzen und König= reiche verschlingen — Geschlechter tauchen auf und unter in den Wogen des Elends — wer darf da hoffen, Still= stand zu gebieten? Am wenigsten wohl der Sturm? Der Schiffer schüttet linderndes Oel in die empörte See — mögen es die Herren des Schiffes wohl bedenken. Mögen sie aus den Vorgängen bis heute erkannt haben, daß alles Streben nach Rückwärts — alles Zurückrufen der Vergangenheit— eben die entgegensetzte Wirkung hatte, Niemand hat die Sache der Demokratie so sehr beschleu= nigt, als jene unglücklichen Werkzeuge des Rückschrittes. Jetzt aber bedürfen wir des Stillstandes. Der echte De= mokrat, der wahre Volksfreund kann kein Ueberstürzen, keinen Zustand ohne alle Schranken, keine allgemeine Ent= fesselung der Massen ohne leitende Intelligenz wünschen. Wer aber diesen Zustand nicht wünscht, der muß den Bau der Freiheit fördern helfen, den das Land begonnen. Möge Jeder ruhig bei sich bedenken, wozu ein neuerlicher Anstoß entgegengesetzter Prinzipe führen dürfte. Für das Ganze wäre nichts zu hoffen. — Den Freunden der Freiheit, wie den Freunden des Thrones — wir rathen Beiden zum Waffenstillstande und Frieden. A. Sch. i. H.
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