Zwanglose Blätter, Nr. 44, vom 16. August 1848

Die Nationalbank zahlt 5 bis 7 Procent Agio dem= jenigen, der ihr Zwanziger zur Umwechslung gegen Bank= noten bringt. Die Nationalbank wechselt nur mehr im Betrage von 2 fl. d. i. man erhält nur um 2 fl. Bank= noten Silbermünze; Handlungshäuser und Fabrikanten erhalten jedoch bei Zusicherung, das Geld für die Arbeiter zu benöthigen, 100 fl. in Zwanzigern, unter dem Vorwande der Arbeiterzahlung wandern viele Säcke Silbergeld aus der Bank, wovon nur Einzelne den Vortheil ziehen. Laut officieller Bekanntmachung des F. M. L. Ra= detzky und des Staatsministers (?) Montecuccoli übernimmt der Letztere vom 1. August an, mit dem Wohnsitze zu Verona, die oberste Leitung der Civilverwaltung in allen zurückerober= ten Theilen des lombardisch=venetianischen Königreichs. Pfefferkörner. Graf Latour unterschreibt sich nie „Kriegsminister“ sondern „Feldzeugmeister.“ Er weiß vielleicht nicht, daß „Kriegsminister“ in einem konstitutionellen Staate die höch= ste militärische Würde ist. Oder schwindelt ihm vielleicht auf dieser Höhe und möchte er herabsteigen? Dem Manne kann ja geholfen werden! Seit einigen Tagen verbreitet sich hier das Gerücht, der suspendirte Kreishauptmann, Baron Hohenbruck, soll wieder zur Ausübung seiner vorigen Amtswürde in unsere Stadt zurückkehren. Das Gehirn, das diesen sublimen Ge= danken aushekte, sollte man sobald als möglich in Spiritus aufbewahren. Sollte wirklich jemand im Ernste an die restitutio in integrum dieses Patrioten denken, der sich selbst einen weißen Raben nannte, so geben wir ent= gegen die Versicherung, daß wir wohl wissen — — was wir dann zu thun haben werden. Man hat uns erzählt: Während der Anwesenheit des Kaisers in Linz trat eine Hofdame in einen Laden und sprach: „Seid nur ruhig lieben Leute, es wird jetzt al= les besser werden, denn der Kaiser hat den besten Willen.“ — „Lieben Leute, das wissen wir ohnehin, ebenso wissen wir, daß ihr lieben Hofleute nicht alle den besten Willen habet und wir wünschen vom ganzen Herzen, daß unser Kaiser von lauter redlichen Leuten umgeben sei.“ Der Welser=Landbote widmet in No. 20 seiner Wo= chenschrift einem Aufsatze über die periodische Presse in Wels der uns eingesendet worden ist eine sechs Spalten lange Besprechung, deren zahlreiche Fuhrmanns= witze nicht werth sind von einer gebildeten Feder eine Ent= gegnung zu erfahren. Da aber der Welser=Landbote in jener Besprechung die Stirne hat zu behaupten, die „Zwang= losen Blätter“ hätten in No. 33 Katzenmusiken gelobt und gepriesen, da doch Niemand von Lob und Preis einer Katzenmusik in unseren Blättern eine Zeile finden wird, so erklären wir den Schreiber obiger Besprechung für einen gemeinen Lügner. Geziert mit dieser neuen „außer= ordentlichen Ehre und Auszeichnung" mein lieber Landbote — fahr zu! Die Redaktion. Das Wiener=Tagblatt „Die Geißel“ bringt einen langen Zopf aus Versen unter dem Titel: „Eine War= nungsstimme aus Italien. Diese Warnungsstimme klingt wahrscheinlich aus der grollenden Brust irgend eines ade= ligen Junkerchens das der neuen Ordnung der Dinge gram ist, da ihm die Hoffnung benommen ist, wie bisher auch in Zukunft verdiente Kameraden präteriren, und das „bürgerliche Gesindel“ en canaille behandeln zu können. Zum Anfange rühmt der Dichter die Siege unserer Sol= daten, die in Italien ihre Schuldigkeit verrichteten, dann verspricht er, sich nicht in die Dinge zu mischen: „Die außer dem Schußbereich liegen,“ Dann folgt ein Strich und unter diesem wird gleich über die Wiener losgeschimpft „Ihr aber in Wien, nach kurzem Streit, Wo dem Wehrmann verboten (!) zu schlagen, Macht Ihr euch auf wohlfeilern Lorbeern breit Und prahlt mit drei wichtigen Tagen!“ Ich habe noch nie Verse gelesen, die so wie diese von Un= sinn und Unwahrheit strotzen. So heißt es unter Andern die Wiener hätten den Kaiser gezwungen, ihren Willen „ungesetzlich“ zu erfüllen. Hat das einen Sinn? Bald „zittern die Bürger Wiens vor 1000 Studenten“ bald schlagen sie „ihren Kaiser in Ketten“. Weiter unten heißt es „O Pfui der Schmach! Der Kaiser hat von Wien sich geflüchtet.“ Dieser Hieb ging aber darneben und dem Dichter ins ei= gene Fleisch. Nachdem noch des „albernen Sprachenstrei= tes“ (du staatsweiser Dichter) erwähnt wurde, kommt der Trumpf: Doch hört ihr die warnende Stimme nicht Die das Heer (?) aus Italien sendet, So setzen wir selber (wer ist das?) uns zu Gericht, Wenn (ja wenn!?) hier unsre Sendung vollendet. Dann steht die Armee auf, wie ein einziger Mann (?) Die Majestät des Kaisers zu rächen u. s. f Diese warnende Stimme kann man nur verlachen, un= möglich aber für eine Stimme des Heeres aus Ita= lien halten, das es wohl unter seiner Würde finden wird, die Verse dieses aristokratisch= albernen Schimpf= maules ausdrücklich zu desavouiren; da aber diese War= nungsstimme unter andern auch die Wiener fragt: Wer hat euch berufen im Völkerrath Des Reiches Gesetze zu geben: und zum Schluße gar das Szepter des konstitutionellen Kaisers „ein gestohlenes Szepter“ nennt, so beleidigt sie die consti= tutionellen Freiheiten des Kaiserstaates auf eine Weise, die jedenfalls nach dem provisorischen Preßgesetze strafbar ist. Wer wird aber den Staatsanwalt wegen den unüberlegten Worten eines feigen Buben in Anspruch nehmen, der sich nicht einmal seinen Namen zu nennen getraut und doch so frech ist, seine Stimme für die des Heeres in Italien auszugeben! Ein liberaler böhmischer Colonist in Kleiningen hat diese „Warnungsstimme“ in 50000 Eremplaren ab= drucken lassen — wahrscheinlich um diese unter das Land= volk zu vertheilen, bei dem er seiner einstigen höchst huma= nen Amtswirksamkeit willen noch im besten Andenken steht. Ein großes Verdienst ium die Nachwelt könnte sich dieser Colonist erwerben, wenn er die zahlreichen grammatikalischen Fehler jener Warnungsstimme in der von ihm veranstal= teten Auflage verbesserte. Seine berühmte Virtuosität in der deutschen Sprache würde ihn zu dieser Arbeit vor= züglich befähigen. Aler. Jul. Schindler. Mit einem Anzeiger Nr. 25. Verantwortlicher Redacteur Alex Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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