Zwanglose Blätter, Nr. 44, vom 16. August 1848

Zwanglose Blätter Oberösterreich. Nro. Steyr am 16. August 1848. 44. Dem Rechten Glimpf, Dem Schlechten Schimpf. Deutsch. Das Manifest der Croaten. Eine der neuesten Nummern des „österreichischen Lloyd“ bringt das Manifest der Croaten, wodurch sie ihre separatistischen Bestrebungen zu beschönigen und die von ihnen begonnene Rebellion, aus deren Pulverdämpfen und Blutströmen sich das große südslavische Reich, ein Hes= perien des Absolutismus und des Hofadels erheben soll, als einen nothgedrungenen Schritt zur Erhaltung der Größe Oesterreichs darstellen wollen. Es ist vielleicht eine traurige Wahrheit, daß nur die Entwicklung einer über= mächtigen, vorzugsweise phisischen Gewalt im Stande sei, Oe= sterreich in seiner alten Größe= aber auf wie lange? — zu erhalten, wir aber, die wir den Staat durch die Schultern freier Männer, nicht durch den wunden Rücken dumpfer Sclaven gehoben wissen wollen — wir wollen Oesterreich nur groß wissen durch die Freiheit, nicht durch die Knechtschaft seiner Völker! Das Manifest, ein langwieriges Gewebe von Trug= schlüssen, Unwahrheiten, historischen Notizen und Selbstbe= räucherungen soll hier nur durch einige Züge die daraus angeführt werden, charakterisirt sein. So nennen sich darin die Slaven, die verdienst= vollste (?) Nation des Kaiserstaates, beschuldigen die Deutschen (!) sie wollten sich einer Hegemonie über die Kroaten anmaßen, erklären ihren staatlichen Verband mit Ungarn für ungerecht, da doch die Kroaten zuerst den Kai= ser Ferdinand I. zum Könige ausgerufen hatten u. dgl. m. Wir wollen nur bei dem Kerne des ganzen Mani= festes stehen bleiben. Es ist die Erklärung: „Sie, die Kroa= ten oder vielmehr alle Südslaven wollen nur einen öster= reichischen Bundesstaat. Jeder Staat in diesem habe sei= nen Landtag, sein verantwortliches Ministerium für sich und alle Staaten stehen unter einem Centralreichstage und einem verantwortlichen Gesammtministerium. Sie wollen nur die Gleichberechtigung aller Völker.“ Die Idee eines österreichischen Bundesstaates widert uns durchaus nicht an. Die Gleichberechtigung der Völ= ker der alten Monarchie ist auch unser Wunsch. Nur hätten sich die Kroaten bestimmter erklären müs= sen. Wollen sie die Einwohner jedes der bisher bestande= nen Gouvernements für ein Volk gelten lassen, z. B. Mäh= rer, Tiroler, Steiermärker, Böhmen, Illirier, Oberösterrei= cher u. s. f.; dann bestünde die Gleichberechtigung dieser Völker darin, daß jedes in Bezug auf seine inneren Ange= legenheiten gleich frei, jedes im Centralreichstage durch eine gleiche Anzahl Deputirten vertreten sei, ohne Rück= sicht auf seine Seelen=Zahl. Wollen sie für ein Volk die Massen gleicher Abstammung im Kaiserstaate gel= ten lassen, so müssen die Deutschen, die Magyaren, die Slaven, die Romanen, je eine ganz gleiche Anzahl Deputirte in den Centralreichstag schicken. Wollen sie aber die Gleichberechtigung aller Völker des Kaiserstaates dahin deuten, daß je 50000 Einwohner des Reiches einen Deputirten in den Centralreichstag wählen, dann sehen wir den Pferdefuß unter dem Friedenskleide hervorgucken und müssen uns vor einer solchen Gleichberechtigung auf dem Papiere feierlichst verwahren. Was in Deutschland, Frankreich, Spanien, Anwen= dung findet, ist im Kaiserthume Oesterreich durchaus nicht anwendbar. Die Gründe liegen auf flacher Hand. Wol= len die Croaten und mit ihnen die übrigen Slaven Oe= sterreich groß und stark machen auf Grundlage solcher Gleichberechtigung, dann müssen wir mächtiger und offener als je unser deutsches Banner entfalten und die Brüder, die Hand in Hand mit uns die Freiheit zur Wahrheit ma= chen sollen nicht auf den Hügeln an der Kulpa und in dem Flußgebiete der Odra, sondern auf den Rebenhügeln des Rheines, auf den Fichtenkämpen des Schwarzwaldes und an den weizenreichen Ufern der Donau suchen. Al. Jul. Schindler. Schwarz=roth=gold und seine Feinde. Nachdem die endliche Einigung und Wiedergeburt Deutschlands, von der der alte Kaiser Friedrich seit Jahr= hunderten im Kyffhäuser träumte, endlich zu Stande ge= bracht schien und als Zeichen der Anerkennung dieser hoff=

nungsschweren Thatsache vom Erzherzog Reichsverweser die Aufsteckung der deutschen Kokarde bei allen deutschen Heeren anbefohlen war, da erhob sich im Vaterlande und an seinen Gränzen die Reaktion um der neuen Ordnung der Dinge ihren ganzen giftigen Haß fühlen zu lassen. Der König von Preußen flüchtet grollend nach Potsdam, nicht Zeuge sein zu müssen wie seine Krieger sich mit den deutschen Farben schmücken, er, der nach der Berliner Mord= nacht so lärmend damit prahlte. Den Herzog von Braun= schweig kann nur die furchtbarste Aufregung seines Volkes dazu zwingen, seine Truppen dem Reichsverweser huldigen zu lassen. Die Holländer besetzen Limburg und reissen alle deutschen Fahnen von den Häusern und Thürmen. Das ist schon die rechte Einigkeit. — Banus Jella= chich schreibt dem ungarischen Ministerium, er werde sich eher zu den (ihm so verhaßten) ungarischen Farben beken= nen, als dem Willen des Reichsverwesers von Deutschland sich fügen. Der freche Rebelle sage es lieber gerade her= aus: Ich will, daß Oesterreich ein Slavenreich werde um jeden Preis. In Wien schmückt die Garnison heute die Fahnen mit deutschen Bändern und morgen sind sie wieder herabgenommen. Nach wiederholten Interpellatio= nen windet sich aus der ängstlichen Brust des Ministeriums der Entschluß: „Das deutsche Bundeszeichen werde von jenem Theile des österreichischen Heeres, der zur deutschen Bundesarmee gehört, im Bundesdienste getragen wer= den.“ Kann denn dieser Theil des österreichischen Heeres andere Dienste als Bundesdienste thun? — Die Garni= son in Linz wurde zum Huldigungsakte in die Kaserne eingesperrt! Windischgrätz hat ritterlich Folge geleistet — werden sich aber unsere Generäle in Italien fügen, die selbst gegen den in der Thronrede ausgesprochenen Willen ihres Kaisers den Krieg über die Gränzen unserer wieder eroberten Provinzen in fremde Reiche tragen um den Willen erwachter Völker mit dem Schwerte zu unterdrü= cken. Deutschland — Deutschland — ach wie viele deiner Kinder kennen dich nicht! aber du hast eine todesmuthige Jugend die stehen und fallen wird mit dir — wenn es im Rathe der Götter so beschlossen sein sollte. Muth und Hoffnung werden den letzten seiner Kämpfer bis zum letz= ten seiner Schwertesstreiche treu verbleiben! Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist nur ein Schritt. Auch der Wallfisch hat seine Laus, und zwar eine ganz eigene Gattung von Läusen, welche die Naturgeschichte ab= gesondert verzeichnet. Auch das freie Deutschland, rings bedroht von scharfen Adlerfängen und Schnäbeln und von Branken und Rachen blutgieriger Raubthiere hat in sei= nem Innern allerhand kriechendes Ungeziefer, das zu scha= den trachtet, soviel es in seiner Dunkelheit vermag. Als es sich in Linz darum handelte, die Empfangs= feierlichkeit für den eines Besseren belehrten, in sein treues Wien wiederkehrenden Kaiser zu rüsten, ließ eine angesehene Beamtensgattin, die es über sich genommen hatte, die weiß= gekleideten Mädchen zu besorgen, einer Familie sagen, sie möge ihre Tochter weißgekleidet, doch ja ohne schwarz= roth=goldenes Band, am Tage der Ankunft des Monarchen erscheinen lassen. Das Mädchen wurde ge= schickt, aber mit einem schwarzrothgoldenen Bande geschmückt und fand — viele Genossinen. Die deutschen (?) Festar= rangeurs stellten aber die ohne das verhaßte Band erschie= neuen Mädchen in die vordersten Reihen, und schoben die deutschen Kinder hübsch bei Seite! Und nun will ich euch noch ein Wort sagen ihr Könige, Herzoge, Generäle, Statthalter, Bureaukraten, Beamtens= frauen, Hofkammerweiber und so hinauf und hinunter durch alle Mißtöne, welche die Harmonie des deutschen Volkes stören wollen: Deutschland ist und bleibt frisch, fromm, fröhlich und frei. Das ist aus dem dop= pelten ff — gewöhnt euch an diese Tonart und beherziget den Ruf: „Was nicht zum Volke gehören will, wird sich demselben fügen, oder für immer daraus scheiden müssen.“ Gesetzes=Entwurf über die Errichtung von Handels=Kammern. (Schluß). Ist im Orte kein Handelstribunal, besteht aber das Fabriksgericht, so hat das letztere ein Drittheil der Wahl= männer, der Municipalrath ein Drittheil und das dritte Drittheil die Handelskammer zu bestimmen. Wo kein Handelstribunal, kein Fabriksgericht besteht, wählt der Municipalrath ein Drittheil, die andern beiden Drittheile der Wahlmänner die Handelskammer. §. 18. Außer den Mitgliedern in der Handelskam= mer kann für jeden größeren Bezirk, in welche die Provin= zen mit Rücksicht auf die Handels= und Industriezustände einzutheilen sind, ein Abgeordneter durch die Wahlmänner dieses Bezirkes gewählt werden. Dieser Abgeordnete vertritt den Bezirk bei der Han= delskammer, tritt mit ihr in unmittelbare Correspondenz und ist berechtigt, bei allen wichtigen Gegenständen, sobald es seine Committenten wünschen, der Berathung mit Sitz und Stimme in der Handelskammer beizuwohnen. §. 19. Das Verzeichniß der Mitglieder der Han= delskammer ist alljährlich dem Minister der Gewerbe und des Handels vier Wochen nach der Wahl vorzulegen. §. 20. Die Handelskammer wählt auf ein Jahr aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und dessen Stell= vertreter. Der Vorstand der Regierung und jener der Municipalität sind Ehrenmitglieder der Handelskammer und haben, wenn sie in der berathenden Versammlung erscheinen, Sitz und Stimme.

§. 21. Jede Handelskammer ernennt den zur Besor= gung der Schreibgeschäfte besoldeten Secretär und das er= forderliche Hilfs=Personale. §. 22. Die Versammlungen der Kammer sind or= dentliche und außerordentliche. Die ordentlichen Versammlungen haben wenig= stens alle Monate zweimal an voraus zu bestimmenden Tagen, die außerordentlichen über Berufung des Vorsitzenden stattzufinden. §. 23. In jeder Versammlung müssen wenigstens die Hälfte der Mitglieder, um einen Beschluß zu fassen, anwesend seyn. Die Beschlüsse werden durch Stimmenmehrheit ge= faßt, die Stimme des Vorsitzenden entscheidet bei Gleich= heit der Stimmen. §. 24. Ueber jede Berathung ist ein Protokoll zu führen. §. 25. Jede Handelskammer bestimmt selbst ihre Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung und jede wesentliche Aende= rung in derselben bedarf der Bestätigung des Ministeriums. §. 26. Der erforderliche jährliche Kostenaufwand für die Handelskammern ist zu einem Drittheile von der Ge= meinde, wo die Kammer besteht, zu einem Drittheile von der Provinz, und zu einem Drittheile vom Staate zu decken. §. 27. Der Voranschlag für den Kostenaufwand ist alljährlich der Genehmigung des Ministeriums vorzulegen, welches denselben, so wie die Verrechnung der Auslagen, prüfen läßt. §. 28. Die zu bezeichnende Casse leistet auf die An= weisung der Handelskammer die Zahlungen, legt darüber Rechnungen, welche von der Handelskammer, bevor sie dem Ministerium vorgelegt werden, selbst zu prüfen sind. §. 29. Die Gemeinde des Ortes, wo die Handels= kammer ihren Sitz hat, besorgt für ihre Rechnung zur Unterkunft der Kammer die nothwendigen Geschäftsloca= litäten. Zur Geschichte des Tages. Mit dem Siege bei Custozza sind Oesterreichs Ge= schicke in eine neue Phase getreten; das Vorspiel ist been= det zu dem großen, vielleicht blutigen Drama, das sich vor unsern Augen entwickelt, in welchem Oesterreichs Völker handelnd auftreten, dessen Lösung die Zukunft in ihrem Schooße birgt, dessen Ausgang möglicher Weise durch eine noch ungeahnte Katastrofe bedingt ist. Welch reicher Stoff für die Thätigkeit unserer Publizisten, welch weites, ergie= biges Feld für die Wirksamkeit unserer Minister und Di= plomaten! Der Sieg ist unser! Piemonts König ist hin= ausgejagt aus einem Lande, das er prahlend, seines Er= folges gewiß, als Eroberer betreten; die bezwungenen Ebe= nen der Lombardie seufzen unter der eisernen Faust der erbitterten Soldateska, und demüthig hat die Hauptstadt dem Sieger ihre Thore geöffnet. Jetzt gilt es, das milde, ver= söhnende Wort des Friedens dem wilden Treiben des Krieges folgen zu lassen; der Bürger muß zurück zu sei= nem Herd, der Landmann zurück zu seinem Pfluge, im neuen, grünenden Gewande müssen die Fluren erstehen, die von den Hufen unserer Rosse zerstampft, von der ver= derblichen Fackel des Krieges verwüstet wurden. Dieß ist die Aufgabe unserer Minister und der Fluch der Nach= welt treffe sie, wenn sie dieselbe nur halb erfüllen! Hel= fend, rathend bewachend muß die Presse den Schritten des Ministeriums folgen, und mit freudigem Muthe wol= len wir uns diesem Unternehmen weihen, mögen auch un= sere Kräfte demselben nicht gewachsen sein. Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas. — Eine andere praktische Frage ist die der Entschädigung. Man spricht von einer Kontribution von 33 Millionen, die Mailand auferlegt worden sei. Es ist nothwendig, daß der Rest unter die übrigen Städte der Lombardie repartirt werde. Aber wie, wenn das erschöpfte, blutende Land die geforderte Summe nicht zu leisten im Stande ist? Wollt ihr das Schwert des Brennus in die Wagschale werfen, die das Gold einer gebändigten Provinz nicht zu füllen vermag? Es wäre gerecht und billig, daß der treulose, erbärmliche König von Piemont uns die Kosten dieses unseligen Krieges bezahle. Aber wenn er sich dessen weigert? Wir zweifeln, daß er sich blos durch ein vertrauliches Schreiben unseres Finanzmi= nisteriums mit Hinweisung auf die leeren Staatskassen Alt= Oesterreichs bewegen lassen wird die seinigen zu öffnen. Man müßte ihn im Herzen seines Landes mit der Gewalt der Waffen dazu zwingen, der siegreiche Doppelaar müßte seine Schwingen auch jenseits des Ticino versuchen. Aber bedenkt dies wohl! Bis jetzt haben wir uns strenge in den Gränzen der Defensive gehalten; gehet aus diesem Ring heraus und die trikoloren Banner der französischen Re= publik werden Euren Fahnen begegnen! Erwäget es wohl, ihr Minister des Volkes, ehe Ihr Euch in einen neuen Krieg stürzt, um die Kosten des alten zu bezahlen! Gehet mit weiser Mäßigung zu Werke ihr Lenker von Oester= reichs Geschicken, und Europa wird Euch seine Achtung, seine Bewunderung nicht versagen! A. Z. Die Besoldung unserer Minister ist dem Vernehmen nach folgende: Bei dem Dienstantritte erhält jeder Mini= ster 4000 fl. C. M. titulo Einrichtungsbetrag. Jeder Mi= nister bezieht einen Gehalt von 8000 fl. C. M., 2000 fl C. M. Quartiergeld und 4000 fl. C. M. sogenannte Funk= tions=Gebühren. Der Minister des Innern und des Krie= ges erhält 8000 fl. C. M. und der auswärtigen Angele= genheiten 16000 fl. C. M. Funktionsgebühren.

Die Nationalbank zahlt 5 bis 7 Procent Agio dem= jenigen, der ihr Zwanziger zur Umwechslung gegen Bank= noten bringt. Die Nationalbank wechselt nur mehr im Betrage von 2 fl. d. i. man erhält nur um 2 fl. Bank= noten Silbermünze; Handlungshäuser und Fabrikanten erhalten jedoch bei Zusicherung, das Geld für die Arbeiter zu benöthigen, 100 fl. in Zwanzigern, unter dem Vorwande der Arbeiterzahlung wandern viele Säcke Silbergeld aus der Bank, wovon nur Einzelne den Vortheil ziehen. Laut officieller Bekanntmachung des F. M. L. Ra= detzky und des Staatsministers (?) Montecuccoli übernimmt der Letztere vom 1. August an, mit dem Wohnsitze zu Verona, die oberste Leitung der Civilverwaltung in allen zurückerober= ten Theilen des lombardisch=venetianischen Königreichs. Pfefferkörner. Graf Latour unterschreibt sich nie „Kriegsminister“ sondern „Feldzeugmeister.“ Er weiß vielleicht nicht, daß „Kriegsminister“ in einem konstitutionellen Staate die höch= ste militärische Würde ist. Oder schwindelt ihm vielleicht auf dieser Höhe und möchte er herabsteigen? Dem Manne kann ja geholfen werden! Seit einigen Tagen verbreitet sich hier das Gerücht, der suspendirte Kreishauptmann, Baron Hohenbruck, soll wieder zur Ausübung seiner vorigen Amtswürde in unsere Stadt zurückkehren. Das Gehirn, das diesen sublimen Ge= danken aushekte, sollte man sobald als möglich in Spiritus aufbewahren. Sollte wirklich jemand im Ernste an die restitutio in integrum dieses Patrioten denken, der sich selbst einen weißen Raben nannte, so geben wir ent= gegen die Versicherung, daß wir wohl wissen — — was wir dann zu thun haben werden. Man hat uns erzählt: Während der Anwesenheit des Kaisers in Linz trat eine Hofdame in einen Laden und sprach: „Seid nur ruhig lieben Leute, es wird jetzt al= les besser werden, denn der Kaiser hat den besten Willen.“ — „Lieben Leute, das wissen wir ohnehin, ebenso wissen wir, daß ihr lieben Hofleute nicht alle den besten Willen habet und wir wünschen vom ganzen Herzen, daß unser Kaiser von lauter redlichen Leuten umgeben sei.“ Der Welser=Landbote widmet in No. 20 seiner Wo= chenschrift einem Aufsatze über die periodische Presse in Wels der uns eingesendet worden ist eine sechs Spalten lange Besprechung, deren zahlreiche Fuhrmanns= witze nicht werth sind von einer gebildeten Feder eine Ent= gegnung zu erfahren. Da aber der Welser=Landbote in jener Besprechung die Stirne hat zu behaupten, die „Zwang= losen Blätter“ hätten in No. 33 Katzenmusiken gelobt und gepriesen, da doch Niemand von Lob und Preis einer Katzenmusik in unseren Blättern eine Zeile finden wird, so erklären wir den Schreiber obiger Besprechung für einen gemeinen Lügner. Geziert mit dieser neuen „außer= ordentlichen Ehre und Auszeichnung" mein lieber Landbote — fahr zu! Die Redaktion. Das Wiener=Tagblatt „Die Geißel“ bringt einen langen Zopf aus Versen unter dem Titel: „Eine War= nungsstimme aus Italien. Diese Warnungsstimme klingt wahrscheinlich aus der grollenden Brust irgend eines ade= ligen Junkerchens das der neuen Ordnung der Dinge gram ist, da ihm die Hoffnung benommen ist, wie bisher auch in Zukunft verdiente Kameraden präteriren, und das „bürgerliche Gesindel“ en canaille behandeln zu können. Zum Anfange rühmt der Dichter die Siege unserer Sol= daten, die in Italien ihre Schuldigkeit verrichteten, dann verspricht er, sich nicht in die Dinge zu mischen: „Die außer dem Schußbereich liegen,“ Dann folgt ein Strich und unter diesem wird gleich über die Wiener losgeschimpft „Ihr aber in Wien, nach kurzem Streit, Wo dem Wehrmann verboten (!) zu schlagen, Macht Ihr euch auf wohlfeilern Lorbeern breit Und prahlt mit drei wichtigen Tagen!“ Ich habe noch nie Verse gelesen, die so wie diese von Un= sinn und Unwahrheit strotzen. So heißt es unter Andern die Wiener hätten den Kaiser gezwungen, ihren Willen „ungesetzlich“ zu erfüllen. Hat das einen Sinn? Bald „zittern die Bürger Wiens vor 1000 Studenten“ bald schlagen sie „ihren Kaiser in Ketten“. Weiter unten heißt es „O Pfui der Schmach! Der Kaiser hat von Wien sich geflüchtet.“ Dieser Hieb ging aber darneben und dem Dichter ins ei= gene Fleisch. Nachdem noch des „albernen Sprachenstrei= tes“ (du staatsweiser Dichter) erwähnt wurde, kommt der Trumpf: Doch hört ihr die warnende Stimme nicht Die das Heer (?) aus Italien sendet, So setzen wir selber (wer ist das?) uns zu Gericht, Wenn (ja wenn!?) hier unsre Sendung vollendet. Dann steht die Armee auf, wie ein einziger Mann (?) Die Majestät des Kaisers zu rächen u. s. f Diese warnende Stimme kann man nur verlachen, un= möglich aber für eine Stimme des Heeres aus Ita= lien halten, das es wohl unter seiner Würde finden wird, die Verse dieses aristokratisch= albernen Schimpf= maules ausdrücklich zu desavouiren; da aber diese War= nungsstimme unter andern auch die Wiener fragt: Wer hat euch berufen im Völkerrath Des Reiches Gesetze zu geben: und zum Schluße gar das Szepter des konstitutionellen Kaisers „ein gestohlenes Szepter“ nennt, so beleidigt sie die consti= tutionellen Freiheiten des Kaiserstaates auf eine Weise, die jedenfalls nach dem provisorischen Preßgesetze strafbar ist. Wer wird aber den Staatsanwalt wegen den unüberlegten Worten eines feigen Buben in Anspruch nehmen, der sich nicht einmal seinen Namen zu nennen getraut und doch so frech ist, seine Stimme für die des Heeres in Italien auszugeben! Ein liberaler böhmischer Colonist in Kleiningen hat diese „Warnungsstimme“ in 50000 Eremplaren ab= drucken lassen — wahrscheinlich um diese unter das Land= volk zu vertheilen, bei dem er seiner einstigen höchst huma= nen Amtswirksamkeit willen noch im besten Andenken steht. Ein großes Verdienst ium die Nachwelt könnte sich dieser Colonist erwerben, wenn er die zahlreichen grammatikalischen Fehler jener Warnungsstimme in der von ihm veranstal= teten Auflage verbesserte. Seine berühmte Virtuosität in der deutschen Sprache würde ihn zu dieser Arbeit vor= züglich befähigen. Aler. Jul. Schindler. Mit einem Anzeiger Nr. 25. Verantwortlicher Redacteur Alex Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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