Zwanglose Blätter, Nr. 36, vom 19. Juli 1848

Deputirten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind neue zu wählen. — die Wahl derselben sogleich (nach kais. Sanction der Beschlüsse) vom Ministerium auszu= schreiben und anzuordnen, daß die Neugewählten binnen 20 Tagen nach geschehener Ausschreibung in Wien ein= zutreffen haben. Um aber die dadurch erzeugte Verzöge= rung des Reichstages für das Vaterland nicht verderb= lich zu machen, möge zugleich mit vorerwähnter Wahl= ausschreibung (unter gleicher Sanktion) die unverzügliche Beeidigung aller geistlichen und weltlichen Staatsdie= ner mit Einschluß des Militärs in allen Rangstufen auf die Erhaltung der faktischen Errungenschaften seit dem 15. März d. J. bis zur Ablegung des Eides auf die vom Herrscher und Volk auf dem Vertragswege zu Stande gebrachten Constitution anbefohlen werde.“ Dieses schiene mir das Mittel, durch welches die un= glückselige Lücke des prov. Wahlgesetzes ausgefüllt und zu= gleich die finsteren Wolken zerstreut würden, die von allen Seiten gewitterschwanger, am Horizont heraufziehend, die junge Freiheit, die Freiheit eines konstituirenden Reichsta= ges tödlich bedrohen. Wenn die Zeit bis die Neugewähl= ten eintreffen verflösse, ohne dem Vaterlande dennoch Nu= tzen gebracht zu haben, so wäre das nur die Schuld der zahlreich in Wien zurückbleibenden Deputirten, denen es an Stoff zu Vorbesprechungen, zu gemeinschaftlichen Ent= würfen, an Vorarbeiten zur höchst wichtigen Prüfung der Wahlen u. dgl. wohl nicht fehlen wird. Daß für obi= gen einzelnen Antrag, die von den Slaven projektirte Verhandlungsweise durch Dollmetscher wohl ausführbar wäre, ist klar. Eine Frage zum Schlusse. Wo waren denn bei je= ner wichtigen und so ungenügend gepflogenen Verhandlung über die Sprachenfrage jene Deputirten, die ihre Staats= künste von Ferne her schon so laut priesen, für die man im weißem Halstuche in die Häuser der Wahlmänner lief und supplizirte, zu deren Gunsten man unbescholtene Män= ner verdächtigte und verläumdete — Männer denen das be= glückende Vertrauen des Volkes vollwichtig zugemessen war? Wo waren jene Deputirte? Wir haben ihre Stimmen nicht gehört. Reichte ihre Staatskunst schon das Erste= mal nicht aus? Beging ihr vielbelobtes Gehirn schon das Erstemal die Perfidie keinen Gedanken zu präsentiren? Dürfte es vielleicht doch besser gewesen sein Männer vor erprobter Tüchtigkeit in Gesinnung, Wort und Schrift zu wählen, als seine Stimme und sein Wohl einer kleinlicher Gehässigkeit willen, wenn nicht gar aus Wohldienerei wegzuwerfen? Ueber die Wirksamkeit des k. k. Traunkreis= amtes als Vogtei der ob der ennsischen Sen= senhammers=Gewerke. (Schluß.) Um nun auf die ursprünglich Frage, in welcher Art ich die Amtswirksamkeit des k. k. Traunkreisamtes als Vogtei bisher äußerte, zurückzukommen, so bestand selbe bei= läufig in Folgendem: Der jeweilige Kreishauptmann präsidirte bei den jährlichen Jahrtagssitzungen der Gewerke, bei denen das Aufdingen und Freisprechen der Jungen stattfand, er verlas die außer Kraft gesetzten Statuten, hörte die Kla= gen der Gewerken über ihre darniederliegenden industriellen Verhältnisse gleichgiltig an, vertröstete allenfalls auf bes= ere Zeiten, präsidirte dann bei der Tafel, lächelte bald diesem, bald jenem der Gewerken, aber insbesondere deren Frauen, (die in ihrem Feiertagsputze noch immer an eine alte bessere Zeit erinnern) — huldvoll zu, das wichtigste Geschäft vor allen jedoch war, als Lohn für Schweiß und Mühe durch 2 Tage dem Vernehmen nach 42 Stück voll= wichtige Dukaten in Empfang zu nehmen, worauf dann in Begleitung des jederzeit noch beigezogenen höchst über= flüssigen kreisämtlichen Aktuars, indem ohnehin der Distriktskommissär zu Pernstein die Schreib= und Rech= nungsgeschäfte versieht, die Abreise erfolgte. Wahrscheinlich mußten die Reisegebühren eigens ver= gütet werden, gewiß aber wurde der kreisämtliche Aktuar jedesmal noch mit 10—15— 20 fl. C. M. für sein Reise= vergnügen honorirt. Der unverkennbare Einfluß, den die Gewerke auf die vaterländische Industrie, auf den österreichischen Aktivhan= del, und sohinigen Geldverkehr, auf den Unterhalt so vieler Familien nahmen, insbesondere aber der Umstand, daß alle Gewerke im gleichen Verhältnisse behandelt, somit jede mög= liche Bevorzugung von einzelnen Privat=Dominien respek= tive deren Beamten hindan gehalten werden sollte, daß die Beobachtung und Festhaltung der Innungsordnung durch eine ganz unabhängige Behörde überwacht werde, waren die Veranlassung, daß die unmittelbare Leitung und Vorstehung der Gewerke einer höheren landesfürstlichen Behörde, und zwar an der Stelle des k. k. Bergerichtes dem k. k. Kreisamte*) als Vogtei übertragen wurde, und in welcher Weise, und wie kostspielig wurde dieser Zweck erreicht? Wenn es auch immerhin wahr ist, daß der auf den einzelnen Gewerken an Honorar repartirte Betrag letzterem nicht schwer fiel, so frage ich doch, hätte durch die seit dem Jahre 1803, also seit 44 Jahren bezahlten 1848 Stück Du= katen (8316 fl. C. M.) von den Gewerken nicht eine schöne Stiftung, sei es auf Almosen für arme und kranke Arbei= ter, oder zu einer technischen Schule, gegründet werden können, ja hätte nicht selbst die Hälfte des so großmüthigen Honorars (der Diäten an den Aktuar und Reisegebühren nicht zu erwähnen) für den jeweiligen Herrn Kreishaupt= mann, der nur als eine Ehrenperson fungirte, genügt, und die andere Hälfte zu einem der obigen Zwecke verwendet werden können. Beim letzten Jahrtage im Jahre 1847 präsidirte der *) Daß grade an das Kreisamt die Vogtei übertragen, daß ein so kostspieliges Honorar gegeben wurde, dürfte durch den Stolz der alteren Gewerke veranlaßt worden sein, die sich nicht wenig brüsteten, daß ein Kreishauptmann Vorsteher der Innung war.

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