Resultat der Wahl des Deputirten zum kon stituirenden Reichstage für die l. f. Stadt Steyr am 31. Juni 1848. I. Sermtinium 19 Stimmer Alex. Jul. Schindler 16 Lebzeltermeister Anton Halle Berggerichts=Affessor Em. Vacano zu Klagenfurt Zwei Einzelstimmen Summa 44 Stimmen Haller erklärt in keinem Falle anzunehmen II. Scrutinium: 23 Stimmen Vacano 20 Schindler Eine Einzelstimme 1 Summa 44 Stimmer Das bekannt gewordene Resultat der Wahl erzeugt in der Be= völkerung Steyrs eine durchgreifende Mißstimmung, es wird er= klärt, daß Vacano nicht der Mann des allgemeinen Vertrauens sei. ..... Die Arbeiter beschweren sich von den Urwahlen ausgeschlossen gewesen zu sein, man schreibt das Ergebniß der Wahl den Umtrieben einer nicht lieberalen Parthei zu, die ohne Ver= trauen des Volkes, ohne das Gewissenhafte, die hohe Wichtigkeit ihrer Sendung als Wahlmänner zu begreifen, lediglicher Pri= vat=Interessen und Gehässigkeiten sich zum Dienste hergab. Man geht der Spur dieser Umtriebe nach und erkennt nach genauer Erwägung des prov. Wahlgesetzes und der nachträglich dazu er= lassenen Verordnungen im Zusammenhalt mit der Art und Weise wie die Urwahl der Wahlmänner geleitet worden ist, diese Wahl als eine ungesetzliche und beschließt beim Ministerium des In= nern Protest einzulegen. Noch in der Nacht des 21. Juni begab sich eine Deputation zum l. f. Wahlkommissär, um ihn von die= sem Vornehmen in Kenntniß zu setzen. Der Protest ist bereits abgeschickt. Wir werden nachstens Umständliches über diese An= gelegenheit mittheilen. Neuestes. Die Nachrichten von Prag*). Noch immer fehlt, unbegreiflicher Weise ein offizielle Bericht aus Prag. Allgemeinste Umrisse, Erzählungen von Flüchtlingen haben uns bis jetzt eine große Zahl von Thatsachen zur Kenntniß gebracht, aber noch immer muß die Meinung schwanken, über die Grundursachen des gro= ßen Unglücks in der alt ehrwürdigen, prächtigen Haupt= stadt Böhmens Das gleichzeitige Verbrechen gegen Kar= lowitz von den Südslaven läßt mit Bestimmtheit auf ein Vorbedachtes, Beabsichtigtes schließen. Unbegreiflich bleibt es, warum kurz vor dem Ausbruche 150 böhmische Stu= denten ihre Brüder in Wien besuchten, ihre Sympatien in der Aula deklamatorisch verkündeten, beim Sperl vom Mu= sikchore mit den „deutschen Liede“ begrüßt einstimmten, wenn sie, nicht uns eben zu täuschen, uns zu beruhigen, die Absicht hatten, damit wir keines bereits beschlossenen Streiches gewärtig, in vollem Vertrauen zu der deklamir= ten Brüderlichkeit, nichts Arges voraussetzen. Diese Stu= denten, die im fürchterlichen Widerspruche zu den Freiheit begeisterten Studenten Wiens sich im Kampfe bewährt ha= ben, fielen aber gar oft in Wien aus der Rolle. Denn Kühnheit, doch das Wort ist zu edel, dumme Frechheit war es von Einzelnen, die in einer deutschen Stadt gastfrei auf= genommen, im Prater böhmische Spottlieder auf die Deut= chen sangen! Zwei Wiener Studenten zwangen sie zur Abbitte. Es wurde seltsamer Weise durch die Presse nicht bekannt, daß zehn böhmische Studenten, als sie höhnend von Deutschen und Ungarn sprachen, von einem achtzehn= jährigen Studenten aus Debreczin zur Mäßigung aufge= fordert wurden und als der Wortwechsel lebhafter wurde, zogen die Böhmen ihre Säbel. Der Ungar that desglei= chen und sprang gegen einen Baum, um seinen Rücken zu decken und brachte Dreien von ihnen so tüchtige Wunden bei, daß sie zu Boden sanken, während er selbst nur einen schwachen Hieb über die Schulter erhielt. Aber als sein drit= ter Gegner hinsank, brach sein Säbel und er wäre unver= meidlich verloren gewesen, wenn er nicht zwei zufällig vor= *) Wir entnehmen diesen Artikel den Sonntagsblättern und werden unsere An= sicht über die Prager Begebenheiten dann aussprechen, wenn wir über ihr Veranlassung, die wir ahnen, Bestimmtes wissen. D. R. übergehende ungarische Grenadiere gesehen und herbeige= rufen hätte, die ihren jungen tapferen Landsmann retteten. Eine solche Scene im Prater! bei hellem Tage! von gast= frei Aufgenommenen! Wir schreiben diese Thatsache nieder, wie sie von dem jungen Ungar auf der Aula erzählt und von Zeugen bestätiget wurde. Es kam vor, daß sie in Wien! deutschen Studenten das deutsche Band herabzer= ten, in Hainbach, beim großen Burschenkommerse die deutsche Fahne eben nicht mit Achtung behandelten. Wir wollen glauben, daß die Verständigeren, die besser Gesinn= ten unter ihnen, ein solches Betragen gewiß tadeln, aber es läßt denn doch die Grundstimmung Aller erkennen. Im National=Gasthofe saß ich mit Schuselka zusammen, wäh= rend das Spottlied auf ihn am nachbarlichen Tische ge= sungen wurde. Ich rief die Herren an unseren Tisch, führte ihnen Herrn Schuselka auf, der sie bat, das ihm bis dahin unbekannte Lied vorzutragen; was auch geschah. Wir suchten möglichst zu beruhigen und dieselben Studen= ten brachten als wir gingen, uns ein Hoch! Ueberhaupt schienen Alle nicht aus einem Gedanken heraus thätig zu sein, jeder Einzelne widersprach der Ansicht des Anderen: Ein grosses slavisches Reich von der Nordsee bis zum Hel= lespont ist der poetische Gedanke vieler, Andere wollen ein selbstständiges Königreich Böhmen, mit einem Könige, der im Lande wohnt, Gemäßigtere, nur ein eigenes Ministeri= um, ein Verhältniß, in welchem Ungarn zu Oesterreich teht und ich sprach Mehrere, die nichts als die Erhaltung und freie Entwicklung ihrer Sprache verlangen, und als ich ironisch fragte: Ist also die ganze Bewegung nur eine philosophische? mir naiv antworteten: „Nur philoso= phisch.“ Heil der Intelligenz der drei böhmischen Studen= ten, die mir dies auf der Aula sagten. Was wollten die böhmischen Studenten, die doch im Herzen wußten, was sich vorbereitet, was wollten sie in Wien? Etwa die friedlich zwischen uns wohnenden Landsleute aufwiegeln? Ist es nicht ein neuer, schöner Zug des vielgepriesenen Wiener Gemüthes, daß während der Greulscenen in Prag gegen die Deutschen die Böhmen in Wien friedlich unter uns einhergehen. Während wir unsere Familien am Le= ben bedroht wußten, während andere geplündert zu uns
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