Zwanglose Blätter, Nr. 28, vom 22. Juni 1848

Schleswig=Holstein und sein Verhältniß zu Deutschland. (Schluß.) Schleswig=Holstein schloß keineswegs geblendet seine Au= gen, sondern blickte um so sicherer dem Lichte zu, welches über ganz Deutschland hinzuziehen begann. Am 11. März faßten die Bürger von Altona, am 15. die von Kiel kräftige Be= schlüsse, worin freie Presse, Versammlungsrecht, Volksbe= waffnung und gesonderte Verfassung gefordert wurden, bald durchlebte die gleiche Gesinnung das ganze Land, Ritterschaft, Prälaten und Volk einten sich zu einem Kör= per am 18. März hielten die meisten Ständeabgeordneten beider Herzogthümer zu Rendsburg eine Versammlung, am 24. bildete sich eine provisorische Regierung, bestehend aus Beseler, Prinz Friedrich von Schleswig=Holstein, dem Grafen Rewentlow und M. T. Schmidt, welche bekannt machte, daß sie die Leitung der Angelegenheiten in den Herzogthümern übernehme. Und als diese Regierung im ganzen Lande bereitwillig anerkannt worden, wendete sie sich an den König von Preußen mit der Bitte um Hilfe. Dieser erklärte in einem Schreiben an den Herzog von Schleswig=Holstein=Augustenburg, daß er die Herzogthümer als selbständige Staaten, als fest mit einander verbundene Staaten betrachte, daß hier nur der Mannsstamm zur Herrschaft berechtiget sei, — daß er sie in diesen Rechten zu schützen bereit sei. Die provisorische Regierung schickte Abgeordnete nach Kopenhagen. Am 26. März kehrten diese zurück, mit dem Beschei= de „Holstein sei deutscher Landestheil, —Schleswig provinziell selbstständig doch immer ein unabtrennbarer Theil des Dä= nenreiches." Jetzt galt es. Die provisorische Regierung ordnete die Landesvertheidigung an, berief die Stände auf den 2. April nach Rendsburg und wendete sich nach Berlin um Hilfstruppen. Diese kamen aber nicht allein. In Frank= furt war der Eifer für die Sache der Herzogthümer er= wacht, nach dem man wenige Wochen früher vergeblich ge= forscht haben würde. Die Bundesversammlung erklärte am 4. April, daß Gefahr für unsere Grenzen vorhanden sei, alle zur 10. Bundesheerabtheilung gehörigen Truppen marschirten dem Norden zu, durch ganz Deutschland erwachte kriegerische Begeisterung, — in allen Gauen bildeten sich Freischaären, die den bedrohten Grenzmarken zuzogen;... wir wissen die Erfolge. Und jetzt will man innehalten im raschen Siegesfluge, und einen ängstlichen Frieden, schlie= ßen? Schleswig muß und wenn auch blutig errungen wer= den. Es möge nicht wieder die Zeit der Schmach eintre= ten, welche wie es in der Vergangenheit oft geschehen, unsere wackere Grenzmark aufs Neue von uns trennt, es möge nicht die Zeit kommen, wo Marken, die doch nie wie jene „meerumschlungene“ vom deutschen Vaterland verlassen werden, sich aus Einzeln=Interessen von diesem trennen. Es hat nie Segen gebracht, der Tiber wegen den Rhein und die Eider zu vergessen, und es wird nicht Segen bringen, über die Töne, welche von der Moldau her zu uns klingen, jener am Main zu vernehmenden Stimme das Ohr zu verschließen. Fridr. Wilh. Arming. Wiener Tagsberichte. Wien am 17. Juni 1848. Zur allgemeinen Aufregung gesellt sich nun noch jene der Arbeiter deren gesiern schon etwa 150 vor das Haus zogen, in welchem der Sicherheitsausschuß seine Sitzungen hält und De= putirte mit einer Petition hinauf beordneten, welche von geüb= ter Feder stylisirt, die Erhöhung des Taglohns, die Bezahlung der Sonn= und Regentage mit dem Beisatze forderte, daß sie nur auf gesetzlichem Wege die Gewährung zu erlangen suchen werden. Mündlich aber fügten sie bei, daß sie im Falle eines abschlägigen Entscheids für die Ruhe und Ordnung nicht ste= hen können. Um den stets zunehmenden Uebergriffen und Drohungen dieser Proletarier denen man leider nur zu sehr nachgegeben mit Munifizenz leichte Arbeit um schweres Geld verschafft, kurz statt der Organisation der Arbeit die bodenloseste Faulenzerei or= ganisirt hat um dieser aus mehr als 20000 Individuen bestehenden Maße energisch entgegen zu treten, war im Sicherheitsausschuß beschlossen, heute das Gros der Nationalgarde unter Waffen zu rufen und an die verschiedenen Sammelplätze zu beordnen. Die auf den Barrikaden errungenen Kanonen wurden vor dem Zeughause am Hofe aufgefahren. Um 11 Uhr gelangte die Nachricht in die Aula, die lei= der von Tag zu Tag einsamer und namentlich von meinem lie= ben Oberösterreicher verlassen ist, daß die braven Arbeiten einen Studenten im Prater erhängt haben sollen. Dieß Ge= rücht ward nach einer kurzen Frist ängstlicher Spannung dahin berichtigt, daß die Proletarier um die zur Ruhe und Ordnung mahnenden Academiker zu verhöhnen, einen Strohmann mit Kalabreser M (Mediziner) darauf auf einen Baum in der Nähe auffnüpften. Hierauf rückten etwa 3000 Garden und ein Theil der Legion in den Prater um zur Hand zu sein, wenn Unordnun= bey der Auszahlung vorfallen sollten. Die Arbeiter nahmen ihr Geld und zogen ohne Demon= strationen ab. Bald darauf verbreiteten sich besorgliche Gerüchte, daß die Arbeiter in Gumpendorf, Wieden, und andern Vorstädten neuerdings sich sammeln, um vereint gegen die innere Stadt zu ziehen. Die Ordonanzen flogen in alle Bezirke der ausge= dehnten Stadt, es wurde Reville geschlagen, zahlreiche Patrou= illen beordet, kurz — die ganze Nacht durch waren die Menge Patrouillen, aber auch nicht ein Proletarier mehr als sonst zu sehen, und die erschöpften Garden suchten nach vergeblichen Strappazen erst mit dem Grauen des Tages das Lager. Eine Volksversammlung in Odeon, von demokratischen Clubb angesagt, mit der Tendenz durch eine Monster= Petition direkte Wahlen zu erzielen, berufen, konnte unter solchen Umständen nicht Statt finden. Eine neue Zeitung „der Radikale“ redigirt von Dr. H. J. Becher, welches ein Hauptorgan des Volkes zu werden ver= spricht, ist heute zum ersten Male erschienen. So eben wird berichtet, daß Se. Majestät schwer erkrankt und der Reichstag, der am 26. wohl nicht zu Stande kömmt, von Sr. Hoch. d. Erzherzog Franz Carl eröffnet werden wird. Diese Nachricht vernichtet unsre sehnlichsten Hoffnungen und ist nicht geeignet, die Besorgnisse für die Zukunft zu heben. Die Banknoten=Wechsel=Calamität nimmt täglich zu; die Scheidemünze wird immer unzulänglicher — es werden wohl noch 20 kr. Zettel nothwendig. Bei Franz Sandböck, Bunch=, Kunst= und Musikalien= händler in Steyr ist zu haben: Uebersicht des Postenlaufes bei dem k. k. Absatz=Postamte zu Steyr, nach der mit 5. Juni eingetretenen neuen Eintheilung. 1 Blatt in Regal=Placat 6 Kr. C. M. Veranwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

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