Zwanglose Blätter, Nr. 28, vom 22. Juni 1848

Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 22. Juni 1848. 28. - - - - Gedränge Sieht das Volk und Diener=Staub aufwirbeln, Doch aus dem Treiben, aus den dichten Wolken Tritt nie der Fürst im vielgeliebten Glanze. Aus einem Trauerspiele von A. J. Schindler. Die Saison in Ischl. Ach es gibt keine Reaktion! Mit dieser Frase glaubt man von Seite einer gewissen Parthei, als deren Haupt= organ gegenwärtig die Augsburger Allgemeine Zeitung glänzt, alle Thatsachen, so deutlich sie auch sprechen mö= gen, zu widerlegen. Frägt man, womit sie gegenüber so vielen reaktionären Thatsachen beweisen will, daß eine Reak= tion nicht stattfindet, so kommt von den nachfolgenden Ant= worten entweder die Eine oder die Andere, oft aber auch von ein und derselben Person zuerst die Erste, und wenn sie sieht, daß man darauf nicht eingeht, im Concessionswege die Zweite. Die erste Antwort lautet so: Wie kann es denn eine Reaktion geben, es ist ja unmöglich, daß sie siegen wird! Nun — wir haben Saragossa sich wehren sehen, bis auf den letzten Mann; müssen aber hier zugeben, daß unter den Reaktionären ganz wenige sind, die den Muth eines saragossanischen Weibes haben. Wir sehen die Polen mit ihrer hinterlistigen Unruhe, mit ihrer Wuth in die Strassen reicher Städte die Wahlplätze ihrer Schlachten zu verlegen, täglich an der Wiederherstel= lung eines aristokratischen Polenreiches arbeiten, wir sehen sie Gut und Blut in Massen an diese Idee wenden und es liegt uns doch allen die erst zu entscheidende Frage vor: ob es noch möglich ist diese Idee zu verwirklichen. Uebri= gens was ist bei diesen kreissenden Wehen der schwange= ren Zeit möglich, was unmöglich? Was will das Schick= sal aus uns machen? Was wollen wir aus uns machen? Die Unmöglichkeit des Sieges einer Sache, wenn sie je behauptet werden könnte, macht darum die Aufstellung eines Heeres für diese Sache nicht unmöglich. Ich spreche hier von einem Heere! Da fällt mir die Reaktionverläugnende Partei mit der zweiten der oben er= wähnten Antworten in die Rede: Faseln Sie nicht von einem Heere, von einem gegliederten Ganzen. Es läßt sich nicht läugnen, daß es Einzelne und zwar recht Viele gibt, denen es sehr am Herzen liegt den alten Zustand der Dinge wieder herauf zu beschwören — aber das zählt ja nichts die sind ja keine Parthei. Ich lasse mich durch diese wohlgemeinte Rede durch= aus nicht täuschen. Wenn auch diese vielen Einzelnen, die Alle dasselbe wollen, ihr gemeinschaftliches Unter= scheidungszeichen abgelegt haben, das schwarzgelbe Band, das übrigens von ihnen nur mißbraucht wurde, da man es auch mit den redlichsten Gesin= nungen auf dem Herzen tragen kann, so muß man doch eine Menge Einzelner, die Alle für einen Zweck wirken, für eine Parthei halten, wenn sie sich auch nicht offiziell in gleiche Farben kleiden und versammeln. Jeder Mensch er mag was immer für einer Parthei an= gehören, bleibt immer ein einzelner Mensch, doch Grillpar= zer sang in diesen Tagen die wahren Worte im Tode nur ist einsam der Mensch, Doch Leben und Streben verbündet. Uebrigens ist dieser Parthei aus besseren Tagen an ihren Kutschern, Häusern und Uniformen bezeichnende Abzeichen genug geblieben, und auch die offizielle Versammlung fehlt ihr nicht: in Ischl wird sie zwischen Rosenduft und Glet= cherlüften, bei dem Aroma wohlparfümirter Battisttüchel= chen, beim Geschnarre des französischen Hofdudelsackes, ge= pfiffen von den alten Klanpfeiffern, deren verwitterte Mienen und trübseligen Späßchen, das ganze gebrochen Geschlecht wie das letzte Abendgeläute einer zersprungenen Glocke anmuthet, mit großer Grandezza abgehalten. Es wäre wichtig zu ergründen, ob aus dieser dämmernden Versammlung sich nicht schwarzgelbe Fäden in die Stein= kohlendämpfe Londons hinziehen oder in die Marmorpaläste des russichen Czaren, in dessen Reiche der Edelmann seine Bauern noch verkauft und verspielt. Ich möchte wissen ob wahr ist, was ein Wiener Blatt ich schreiben läßt: daß jener Bombelles, der in Ischl sitzt nicht der echte Bombelles, sondern dessen Bruder sei. Der Echte sitze noch immer warm in Innsbruk. Das wäre traurig. So viel ist gewiß: Unser geliebter Kaiser ist krank und wird den Reichstag nicht eröffnen. Prinz Franz Karl*) wird mit ausgedehnten Vollmachten an Seiner Statt er= scheinen. Alle die schönen Hoffnungen, durch das persön= liche Erscheinen des Monarchen alle Gemüther besänftiget allen Verdacht zerstreut, all den heiligen Glanz zurückkeh= ren zu sehen, der unzertrennlich ist vom Herzschilde des ei= nigen Oesterreich, von der uralten Haupt= und Residenz= stadt Wien — alle hat das Schicksal, der Zufall — wie *) Nach neuestem Berichte Prinz Johann.

soll ich es sagen? — das Verhängniß in Frage gestellt und doch hoffe ich noch immer das Volk von Oesterreich wird diese Frage lösen, und die Geschichte wird reicher sein um das schönste ihrer Blätter. Ich habe viel Mitleid mit dem Aristokratischen Con= gresse in Ischl, recht viel Mitleid und dieses ist durchaus kein staatsmännisches, sondern ein rein menschliches. Die Mitglieder dieses Congresses haben viel verloren und hät= ten so viel gewinnen können: Achtung, Blüthe, neue Kraft und Bestand — ach — und sie verloren alles, nur die Vergangenheit nicht — die niemand besitzt. Sie grol= len und schmollen und was sie wagen, thun sie zur Unzeit. Sie haben kaum mehr einen gewaltigen Sturz zu erwar= ten — bleibt das Volk rechtlich, christlich und ei= nig — und ich hoffe das — so verrinnt ihr Dasein im Sande — und der Enkel Hadmars von Kuenringen wird zurückkehren zum Pfluge, zur Kammer, zur Feder. Die Guten von ihnen fühlen sich schon unheimlich in ihren Sälen, Salons, und sehen sehnsüchtig hinab in das stolze, unbeneidete, unangefeindete Treiben des fleißigen Bürgers; schon will der junge Graf aus dem Saale treten der neuen Zeit und ihren Kindern sich zu gesellen, — da wendet ihm ein Bleigewicht das Haupt zurück und ihm ists als schüt= telten die Ahnenbilder an der Wand die Köpfe: Kennst du das Haus auf Säulen ruht sein Dach, Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach, Und Marmorbilder stehen und schauen dich an: Was hat man dir du armes Kind gethan? Trau ihnen nicht, das sind Gespenster, junger Mann! Wir rufen dich als Mensch, als Bruder. Wir sprechen die Sprache der Lebendigen und nur der Lebende hat Recht. Al. Jul. Schindler. Neuestes. Die Nachrichten von Prag. Wir erleben es nun, wie es den Provinzen mit den Ereignissen der Hauptstadt ergangen ist. Wie lange Zeit brauchte es, bis das im Herzen der Monarchie pulsirende Blut an den entfernt liegenden äußersten Enden der Schlag= adern empfunden wurde. — Wie erzürnt, wie erstaunt wa= ren wir, wenn die durch Eisenbahn und Dampfschiff uns so nahe gerückten Sädte uns so arg mißverstehen konnten? Geht es nun etwa anders? Wie widersprechend sind die Nachrichten aus Prag! Nur in dem Einen letzten gräßli= chen: Blut und Plünderung, stimmen alle Berichte zusam= men! Die Ursachen des schrecklichen Zustandes in Prag werden widersprechend angegeben. Die Einen sprechen von einem Kampfe der Nationalitäten, die andern von einem der Czechen gegen das Militär, dem sich die Deut= schen anschlossen. Die „Swornost“ hat sich mit dem Pro= letariat verbunden und plündert, erzählen Viele, und eben so Viele, daß das Militär plündert. Die Berichte kreuzen sich wild und blutig, und die Fantasie malt ein vielleich noch grelleres Bild als die grelle, brennende Wahrheit. In 12 Stunden kann die Eisenbahn Berichterstatter brin= gen. Warum kommen sie nicht, Flüchtlinge sind selten verläßliche Erzähler; ihre Ankunft beweist eben wenig Muth und ohne dies steht man selten im Mittelpunkte der Ereignisse, aus dem allein sich ein Blick über das Ganze gewinnen läßt. Zwei, drei bewährte glaubwürdige Män= ner sollten es sich zur heiligen Pflicht machen zu uns zu kommen und uns über den Stand der Dinge zu belehren durch Wort und Plakat. Oder besser: Warum schickt un= ser Ministerium nicht solche Männer nach Prag, um uns in klare Kenntniß dessen zu setzen, was sich in der so na= hen Hauptstadt Böhmens begiebt? Telegraphische Nach= richten sind nur Schlagworte und diese? Das Ministerium vorenthält sie uns unbegreiflicher Weise. Wenn wir von der politischen Wichtigkeit auch absehen, welche authentische ausführliche Berichte gewähren müssen, so wäre man es den Tausenden von hiesigen Familien schuldig, die mit eber so vielen in Prag durch heiligsten Banden verbunden sind? Wie sollen wir helfen? Zu welchem Entschlusse aber sollen wir gelangen, wenn uns die Grundursachen des namenlo= sen Unglücks in Präg noch immer unbekannt sind. Der Schreiber dieser Zeilen war gestern im Nordbahnhofe und hörte von etwa zwanzig sich zu uns nach Wien Flüchten= den die widersprechendsten Aussagen, deren eine, daß viel tausende mit Sensen bewaffnete Bauern gegen Prag rü= cken, vielleicht die schrecklichste ist. So sehen wir es an zwei äußersten Punkten der Monarchie in brennender Lohe leuchten und verzehren: aus Italien wird uns gestern ein Sieg, der vernichtend für viele Tausende ist. Und zwi= schen diesen beiden Polen, zwischen diesen Flammen, die immer näher gegen uns heranfressen, sollen wir unsere Wahlen halten, sollen wir uns vorbereiten für den neuen Staatsbau, sollen wir — ja was sollen wir eigentlich? Wir sind rathlos, wir — unser Ministerium. Und wer verbürgt uns die Ruhe in unserer Mitte? Bewährt sich nicht wieder die unendliche Gutmüthigkeit der Wiener, wel= che die czechischen Brüder in unserer Mitte friedlich und unangefochten läßt, als ob Deutsche und Czechen in Prag die innigsten Freunde wären. Wir preisen die Wiener da= rum, die sich selbst durch die unbegreiflichsten Verletzungen der Gastfreundfchaft, die in den letzten zwei Wochen vor= gekommen sind, nicht beirren ließen. Weniger Besonnen= heit und Güte der Wiener — und die Ereignisse in Prag finden hier den blutigsten Wiederglanz. Man wird es den Wienern, wie vieles Andere in der Geschichte nachrühmen müssen, wie ihr Geist hell und ihr Herz mitten im Sturme gut und edel war. Bericht eines Flüchtlings aus Prag. Seit Montag 8 Uhr Abends ist von Seite des Militärs kein Schuß gefallen, es wird fortgesetzt kapitulirt und Bar= rikaden gebaut, man kann jedoch zu keinem Abschluß gelan= gen, da die Swornost immer zögert, indem sie auf einen Landsturm hofft. Die anwesenden Gäste des slavischen Tages sollen einen großen Theil der Schuld tragen, daß die Revolte ausbrach die Fremden waren es, die zuerst

schoßen, die ersten Barrikaden waren leicht zu nehmen, da sie sehr leicht gebaut waren und gar nicht vertheidigt wur= den, denn bei Ankunft des Militärs floh Alles, in einer offenen Kampf läßt man sich nicht ein, größtentheils wird aus den Fenstern geschoßen, alle einzelnen Wachtposten des Militärs wurden niedergemacht, wo es jedoch in Massen erscheint, wird der Platz sogleich geräumt. Die Bürger und Nationalgarde verhält sich größtentheils passiv die Swornost hat sich mit dem Proletariat vereinigt und läßt es ruhig geschehen, daß geplündert wird, was auch schon zu Hause des Zuckerbäckers Hermann am Roßmarkt, im Zappertischen Hause am Altstädter Ring und sonstwärts geschah. Das Militär benahm sich musterhaft, schützte wo es konnte, wird jedoch durch Grausamkeiten gereitzt, viele Offiziere sind theils todt, theils verwundet, das Mi= litär kampirt Tag und Nacht auf den Strassen und ist natürlich sehr erschöpft, da es auch nicht gehörig verpflegt wird, denn schon beginnt es auch den Bewohnern an Le= bensmitteln zu fehlen, als Fleisch, Milch u. s. w. Die zur Eisenbahn flüchtenden Reisenden dürfen es nicht wa= gen auch nur das kleinste Päckchen mitzunehmen auf die Gefahr, daß es ihnen entrissen wird, da der Pöbel schreit: Die Reichen flüchten sich, die Armen bleiben zurück! allen= falls in der Nacht darf man es wagen etwas Gepäck hinzuschaffen. Der Bahnhof ist vom Militär besetzt. Wie es auf der Kleinseite aussieht weiß man nicht, die Ketten= brücke ist ausgehoben, die steinerne Brücke verbarrikadirt daher auch schon vier Tage keine Briefe. Von Häusern sind stark beschädigt durch Kartätschenschüße: das Herzische Haus am Graben, wo Baron Billani wohnt, das Fiedle= rische und Suchische Haus, wo geplündert wurde, in der Obstgasse, in ersterem sollen 30 Swornostmänner verborgen gewesen sein. Reisende, die heute Nacht um halb 1 Uhr anlangten berichten, daß es Dienstag Nachmittag und Mittwoch Früh ganz ruhig in der Stadt war, die Leute hatten sich größ= tentheils in die Häuser zurückgezogen, man sah blos einige Swornostmänner und Militär auf den Strassen. Mittwoch Vormittag beschloß man eine Deputation an Windischgrätz zu schicken, das Militär möge die Stadt räumen, da Ruhe und Friede wiedergekehrt sei. Als Bürger und National= garden dieß hörten, erschienen sie wieder zahlreich auf den Strassen. Dies wurde von der Swornost benützt, sie be= rief rasch den Pöbel von Podskal und Wissehrad und schrie nun „wir sind Meister der Stadt, wir werden jetzt Bedin= gungen machen. Die provisorische Regierung muß fortbe= tehen, wir müssen ein eigenes Ministerium haben." Um halb 1 Uhr Nachts räumte das Militär die Stadt. Man vermuthet, daß die Swornost sich gestern früh des Tele= graphen bemächtigt haben, der schon lange ihr Augenmerk war. Auf dem Wege von Prag nach Ollmütz stehen an jeber Station Emissäre, bestehend aus Swornost und Technikern, umgeben vos 50 bis 100 Proletariern, die je= doch den Zug unangefochten vorüberziehen lassen; doch soll die Aufregung auf dieser Strecke gegen die Deutschen einen hoben Grab erreicht haben. Prag. Vom Telegraphen zu Kollin ist folgende Mittheilung an den Minister des Innern gelangt: Der von Prag um 6 Uhr Abends abgegangene Zug brachte nach Kollin die Nachricht daß die Beschießung der Stadt seit 11 Uhr der vergangenen Nacht eingestellt und die Capitulation eingeleitet sei. Die Barrikaden sol= len schon größtentheils weggeräumt, für das Militär zu= gängig und die Besetzung derselben zum Theile schon be= werkstelligt sein. Die Entwaffnung der Studenten und des Volkes mit Ausnahme der Nationalgarde begann. Der Commandirende verlangt 14 von ihm bezeichnet Personen als Geißeln. Der Brand in der Stadt ist gelöscht. Aus Salzburg. Am 13. Juni l. J. war ein Theil der Urwähler des k. k. Pfleggerichtes Salzburg im Stanzinghofe bei Aigen versammelt, um die Wahlmänner ihres Distriktes zu bestimmen. Unmittelbar vor Beginn der Wahl wurde dem Andreas Walkner, Besitzer des Len= zenrüplgutes zu Glas, folgender an ihn gerichteter und von außen mit der Bezeichnung „Hat Eile“ versehe= ner Brief überbracht. An Andreas Walkner Lenzenrüpl. Der Herr Kardinal Fürst Erzbischof wünscht, daß bei den Wahlen für den Reichstag in Wien vorzüglich bedacht genommen werde auf den Herrn Grafen Mon= tecucoli. Dieser war hier in Salzburg Kreiskommissär und Kreishauptmann, kennt das Land gut, weiß, was ihm Noth thut, und würde folglich unsere Angelegenheit auf dem Reichstage vertreten. Sprich mit Mehreren und unterredet Euch! Gott befohlen! Gnigl am 12. Juni 1848. (Fürst=Erzbischöfl. Pfarramt=Siegel.) Schindlauer, Pfarrer. Dieses Schreiben wurde von demjenigen, dem es zugekommen war, keiner Beachtung werth befunden son= dern einem andern Urwähler desselben Distriktes zur freien Verfügung übergeben. Kaum waren die Wahlen beendet und die Urwähler bereits nach Hause zurückgekehrt, so er= hält Andreas Walkner folgende neuerliche Zuschrift: An Andreas Walkner. Gib das Briefl, das ich Dir heute übersandte, dieser Person zurück, denn nicht Montecucoli, nein, nicht dieser, denn ich habe mich verschrieben, sondern Graf Alexander Meiszech, vormals Kreiskommissär in Salzburg, soll als Wahlkandidat für das Salzburger Flachland auftreten, und auf diesen möchte am Donnerstag bei der Deputirtenwahl Bedacht genommen werden. Nenne den Kardinal nicht, damit derselbe in keinen Ver= druß kommt. Gott befohlen! Gnigl am 14. Juni 1848. Schindlauer, Pfarrer. Dieß die nackte Thatsache eines Wahlumtriebes, des= sen authentische Nachweise im National=Kaffeehause zu Salz= burg von Jedermann auf Verlangen eingesehen werden können.

Schleswig=Holstein und sein Verhältniß zu Deutschland. (Schluß.) Schleswig=Holstein schloß keineswegs geblendet seine Au= gen, sondern blickte um so sicherer dem Lichte zu, welches über ganz Deutschland hinzuziehen begann. Am 11. März faßten die Bürger von Altona, am 15. die von Kiel kräftige Be= schlüsse, worin freie Presse, Versammlungsrecht, Volksbe= waffnung und gesonderte Verfassung gefordert wurden, bald durchlebte die gleiche Gesinnung das ganze Land, Ritterschaft, Prälaten und Volk einten sich zu einem Kör= per am 18. März hielten die meisten Ständeabgeordneten beider Herzogthümer zu Rendsburg eine Versammlung, am 24. bildete sich eine provisorische Regierung, bestehend aus Beseler, Prinz Friedrich von Schleswig=Holstein, dem Grafen Rewentlow und M. T. Schmidt, welche bekannt machte, daß sie die Leitung der Angelegenheiten in den Herzogthümern übernehme. Und als diese Regierung im ganzen Lande bereitwillig anerkannt worden, wendete sie sich an den König von Preußen mit der Bitte um Hilfe. Dieser erklärte in einem Schreiben an den Herzog von Schleswig=Holstein=Augustenburg, daß er die Herzogthümer als selbständige Staaten, als fest mit einander verbundene Staaten betrachte, daß hier nur der Mannsstamm zur Herrschaft berechtiget sei, — daß er sie in diesen Rechten zu schützen bereit sei. Die provisorische Regierung schickte Abgeordnete nach Kopenhagen. Am 26. März kehrten diese zurück, mit dem Beschei= de „Holstein sei deutscher Landestheil, —Schleswig provinziell selbstständig doch immer ein unabtrennbarer Theil des Dä= nenreiches." Jetzt galt es. Die provisorische Regierung ordnete die Landesvertheidigung an, berief die Stände auf den 2. April nach Rendsburg und wendete sich nach Berlin um Hilfstruppen. Diese kamen aber nicht allein. In Frank= furt war der Eifer für die Sache der Herzogthümer er= wacht, nach dem man wenige Wochen früher vergeblich ge= forscht haben würde. Die Bundesversammlung erklärte am 4. April, daß Gefahr für unsere Grenzen vorhanden sei, alle zur 10. Bundesheerabtheilung gehörigen Truppen marschirten dem Norden zu, durch ganz Deutschland erwachte kriegerische Begeisterung, — in allen Gauen bildeten sich Freischaären, die den bedrohten Grenzmarken zuzogen;... wir wissen die Erfolge. Und jetzt will man innehalten im raschen Siegesfluge, und einen ängstlichen Frieden, schlie= ßen? Schleswig muß und wenn auch blutig errungen wer= den. Es möge nicht wieder die Zeit der Schmach eintre= ten, welche wie es in der Vergangenheit oft geschehen, unsere wackere Grenzmark aufs Neue von uns trennt, es möge nicht die Zeit kommen, wo Marken, die doch nie wie jene „meerumschlungene“ vom deutschen Vaterland verlassen werden, sich aus Einzeln=Interessen von diesem trennen. Es hat nie Segen gebracht, der Tiber wegen den Rhein und die Eider zu vergessen, und es wird nicht Segen bringen, über die Töne, welche von der Moldau her zu uns klingen, jener am Main zu vernehmenden Stimme das Ohr zu verschließen. Fridr. Wilh. Arming. Wiener Tagsberichte. Wien am 17. Juni 1848. Zur allgemeinen Aufregung gesellt sich nun noch jene der Arbeiter deren gesiern schon etwa 150 vor das Haus zogen, in welchem der Sicherheitsausschuß seine Sitzungen hält und De= putirte mit einer Petition hinauf beordneten, welche von geüb= ter Feder stylisirt, die Erhöhung des Taglohns, die Bezahlung der Sonn= und Regentage mit dem Beisatze forderte, daß sie nur auf gesetzlichem Wege die Gewährung zu erlangen suchen werden. Mündlich aber fügten sie bei, daß sie im Falle eines abschlägigen Entscheids für die Ruhe und Ordnung nicht ste= hen können. Um den stets zunehmenden Uebergriffen und Drohungen dieser Proletarier denen man leider nur zu sehr nachgegeben mit Munifizenz leichte Arbeit um schweres Geld verschafft, kurz statt der Organisation der Arbeit die bodenloseste Faulenzerei or= ganisirt hat um dieser aus mehr als 20000 Individuen bestehenden Maße energisch entgegen zu treten, war im Sicherheitsausschuß beschlossen, heute das Gros der Nationalgarde unter Waffen zu rufen und an die verschiedenen Sammelplätze zu beordnen. Die auf den Barrikaden errungenen Kanonen wurden vor dem Zeughause am Hofe aufgefahren. Um 11 Uhr gelangte die Nachricht in die Aula, die lei= der von Tag zu Tag einsamer und namentlich von meinem lie= ben Oberösterreicher verlassen ist, daß die braven Arbeiten einen Studenten im Prater erhängt haben sollen. Dieß Ge= rücht ward nach einer kurzen Frist ängstlicher Spannung dahin berichtigt, daß die Proletarier um die zur Ruhe und Ordnung mahnenden Academiker zu verhöhnen, einen Strohmann mit Kalabreser M (Mediziner) darauf auf einen Baum in der Nähe auffnüpften. Hierauf rückten etwa 3000 Garden und ein Theil der Legion in den Prater um zur Hand zu sein, wenn Unordnun= bey der Auszahlung vorfallen sollten. Die Arbeiter nahmen ihr Geld und zogen ohne Demon= strationen ab. Bald darauf verbreiteten sich besorgliche Gerüchte, daß die Arbeiter in Gumpendorf, Wieden, und andern Vorstädten neuerdings sich sammeln, um vereint gegen die innere Stadt zu ziehen. Die Ordonanzen flogen in alle Bezirke der ausge= dehnten Stadt, es wurde Reville geschlagen, zahlreiche Patrou= illen beordet, kurz — die ganze Nacht durch waren die Menge Patrouillen, aber auch nicht ein Proletarier mehr als sonst zu sehen, und die erschöpften Garden suchten nach vergeblichen Strappazen erst mit dem Grauen des Tages das Lager. Eine Volksversammlung in Odeon, von demokratischen Clubb angesagt, mit der Tendenz durch eine Monster= Petition direkte Wahlen zu erzielen, berufen, konnte unter solchen Umständen nicht Statt finden. Eine neue Zeitung „der Radikale“ redigirt von Dr. H. J. Becher, welches ein Hauptorgan des Volkes zu werden ver= spricht, ist heute zum ersten Male erschienen. So eben wird berichtet, daß Se. Majestät schwer erkrankt und der Reichstag, der am 26. wohl nicht zu Stande kömmt, von Sr. Hoch. d. Erzherzog Franz Carl eröffnet werden wird. Diese Nachricht vernichtet unsre sehnlichsten Hoffnungen und ist nicht geeignet, die Besorgnisse für die Zukunft zu heben. Die Banknoten=Wechsel=Calamität nimmt täglich zu; die Scheidemünze wird immer unzulänglicher — es werden wohl noch 20 kr. Zettel nothwendig. Bei Franz Sandböck, Bunch=, Kunst= und Musikalien= händler in Steyr ist zu haben: Uebersicht des Postenlaufes bei dem k. k. Absatz=Postamte zu Steyr, nach der mit 5. Juni eingetretenen neuen Eintheilung. 1 Blatt in Regal=Placat 6 Kr. C. M. Veranwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

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