Zwanglose Blätter, Nr. 27, vom 18. Juni 1848

des deutschen Reiches bezeichnete und seine deutschen Un= terthauen jenseits dieser Grenze den Dänen überließ. Zum guten Glücke behandelte Dänemark das wieder neu erwor= bene Schleswig als ein Besitzthum des zweitgeborenen Prinzen, wodurch sein deutsches Volksthum unangetastet blieb, dennoch fiel es mehrmals unmittelbar an die däni= sche Krone zurück, und im 14. Jahrhundert wurde es nur durch den Beistand des tapferen Grafen von Holstein in seiner Selbstständigkeit errettet, sonst wäre es unstreitig eine dänische Provinz geworden. Noch mehr gesichert we= nigstens auf längerer Zeit, wurde jedoch das Deutschthum in Schleswig durch Olav III. König von Dänemark, wel= cher keine männlichen Erben hatte, und im Jahre 1386 den Grafen Gerhard von Holstein mit Schleswig belehnte. Von diesem Zeitpunkte her schreibt sich die Vereinigung beider Herzogthümer. Als aber 1459 Herzog Adolf starb, übertrugen die Stände des Landes die Regierung an Christian 7. König von Dänemark, den Schwager des Herzogs, zwar mit der ausdrücklichen Verwahrung, daß die zwei deutschen Länder ungetrennt beisammen bleiben, und nicht als ein zum Königreich Dänemark gehörende Ge= bietstheil angesehen werden sollte, aber sie hatten mit die= sem Schritte, wobei sie die erbberechtigte Linie Holstein= Schauenburg — Pinneberg übergingen, die Schuld aller späteren Folgen auf sich geladen. Der uns in diesen Blättern zugemessene Raum ge= stattet es nicht, die Geschichte des Herzogthums ins Ein= zelne zu verfolgen, und wir müssen einen Sprung über ein paar Jahrhunderte machen, bis zur Zeit, wo in den stets deutsch gebliebenen Landen die ersten Bewegungen, sich von Dänemark loszureißen, sich äußerten. Den Anlaß zu die= en Bewegungen gab Christian VIII. welcher den Vor= satz faßte, Schleswig=Holstein durch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel unauflöslich mit der dänischen Krone zu verbinden. Seine Bestrebungen begegneten jedoch in der Herzogthümern dem entschlossensten Widerstande. Die Schleswig=Holsteiner waren deutsch geblieben, ... Liebe und Bewunderung ihnen, um so mehr, als von Deutsch= land aus so gar nichts geschehen war, um bei ihnen deutsche Gesinnung hervorzurufen und zu kräftigen, — so gar nichts .... nur das Band der gemeinsamen Sprache hatte das Nationalgefühl im Lande jenseits der Eider aufrecht erhal= ten, nur unsere Lieder tönten zu ihnen hinüber, und wenn wir sangen: „Was ist des Deutschen Vaterland? Ist's, was der Fürsten Trug zerklaubt? vom Kaiser und vom Reich geraubt?“ da mochten sie wohl den Trost emp= finden, daß wir ihrer nicht so ganz vergessen hatten, und wenn es dann weiters hieß: „So weit die deutsche Zunge klingt! . . .“ da mochten sie wohl mit freudigem Stolze benken: „ja wir hier unter dänischem Drucke, sind denn doch Deutsche, — und die in dem großen weiten Reiche vom Rheine zur Donau und zur Spree, von der Nord= und Ostsee bis zu den mächtigen Alpenzügen hinab sind unsere Brüder .....!" Solche Gedanken waren die geistigen Bänder, die unsere Brüder jenseits der Eider an unser gemeinsames Vaterland knüpften, und diese waren fest genug allen Ver= lockungen und allem gebotenen Trotze zu widerstehen. Je heftiger der König die Vereinigung betrieb, um so entschlos= sener strebten die Stände nach gänzlicher Sonderung; sie beantragten eine völlige Lostrennung in Civil= Finanz= und Militärverwaltung, sie verlangten die vollkommene Grün= dung eines eigenen Staates, sie verlangten ein besonderes Ministerium in Kopenhagen zur Leitung der Angelegenhei= ten der Herzogthümer. Die Stände wurden vom Volke warm unterstützt, — zahlreiche Versammlungen fanden statt — die Regierung trat mit Verboten und Zurückweisungen, mit gerichtlichen Schritten und Zwangsmaßregeln aller Art entgegen. Endlich erschien des Dänenkönigs offener Brief unterm 8. Juli 1846, durch welchemer, auch bei et= waigen Aussterben des Mannesstammes des königlichen Hauses, dem erbberechtigten Herzog von Schleswig — Holstein — Sonderburg — Angustenburg und allen auf die Herrschaft in Schleswig=Holstein Anwartschaft haben= den Fürstenhäusern jedes Recht dazu absprach. Christian VIII. rechnete dabei auf auswärtigen Schutz, und Ludwig Philipp von Frankreich, dem jede Schwächung Deutschlands willkommen war, sicherte diesen auch zu. Im deutschen Volke fand aber die Sache der Brüderstämme im Norden den wärmsten Anklang; alle Ständekammern ver= langten Wahrung der Rechte der Herzogthümer; aus den angesehensten Städten, von allen deutschen Universitäten liefen Adressen an sie ein; am entschiedensten sprach sich Ludwig von Baiern aus . . . . . da starb Christian, am 20. Jänner d. J. — Sein Sohn und Nachfolger, Friedrich VII. suchte auf dem Wege der Güte zu erreichen, was sei= nem Vater auf dem Wege der Gewalt noch nicht gelun= gen war, — er verhieß eine neue Verfassung, Einberufung dänischer und deutscher Abgeordneter in gleicher Anzahl, Freiheit der Presse, Wahrung der provinziellen Interessen, .. .. allerdings lockende Anerbietungen zu einer Zeit, wo in Deutschland noch keine Aussicht vorhanden war, einen ähnlichen Zustand der Dinge zu erwarten; aber die vor= sichtigen Schleswig=Holsteiner schnappten nicht zu vorschnell nach den vorgehaltenen Köder, — man zog die Sache in sehr ernste Erwägung. Am 17. Februar vereinigten sich in Kiel 60 Kammermitglieder, und diese beschlossen, die vom König verlangten Wahlen zwar anzunehmen, aber zu erklären, daß man eingedenk der Rechte der Herzogthü= mer, der Einführung jeder auf dem Grundsatz eines däni= schen Gesammtstaates beruhenden Verfassung widerspreche, dagegen die Vorlage einer constitutonellen Verfassung für beide Herzogthümer beantrage. Noch war keine Entscheidung gekommen, .... da fuhr plötzlich und unerwartet im Westen eine Feuersäule empor, welche das Anbrechen einer neuen Zeit für ganz Europa verkündete, und auch dem hohen Norden Deutsch= lands seine glänzenden Stralen zuwarf. (Schluß folgt.) Verantworticher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.

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