Zwanglose Blätter, Nr. 26, vom 15. Juni 1848

Was muß die Versassung dem Volke wenigstens ge= währen? 1. Eine durch freie Wahl aller Klassen der Staats= bürger zu bildende Repräsentation des Volkes. 2) Diese Repräsentation d. i. der Reichstag muß das Recht haben: a. alle Gattungen von Staatsabgaben oder Staats= anleihen zu bewilligen oder zu verweigern. b. allgemeine Landesgesetze aller Art in Vorschlag zu bringen, und die vom Kaiser und seinen Ministern in Vorschlag gebrachten zu bewilligen oder zu verweigern; c. das Recht öffentliche Rechenschaft über der Ver= wendung der Steuern zu den Staatszwecken zu fordern. (durch diese drei Rechte ist dem Volke die Mitwirkung bei allen Regierungsgeschäften in Krieg und Frieden gesichert) d. das Recht der Beschwerdeführung gegen jeden Staatsdiener ohne Unterschied bei Mißbräuchen jeder Art. Verantwortliche Minister 3) Als allgemeine Staatsbürgerrechte müssen bestehen: a. allgemeine Wehr= (Militär) Pflicht, b. Preßfreiheit, nur beschränkt durch die allgemeinen Strafgesetze. c. unabhängige Justiz. Unabsetzbarkeit der Richter, außer durch strafgesetzliches Urtheil. d. freies Petitions= und Associations (Vereins) Recht. e. Aufrechthaltung der Nationalität. Hat der konstituirende Reichstag die Verfassung zu Stande gebracht und ist dieselbe vertragsmäßig durch Uebereinstimmung des Kaisers mit den Rechtszuständen zur Gültigkeit als höchstes Gesetz im Staate erhoben, so hat der konstituirende Reichstag als solcher sein Ende er= reicht. Es kommt dann eben auf die junge Verfassung ob er sich in einen verfassungsmäßig gesetzgebenden Reichs= tag verändert und die Berathung der nächsten speziellen Bedürfnisse des Staates in Anspruch nimmt, oder ob er sich auflösen und ein neuer zu diesem Zwecke einberufen werden muß Hiemit hoffe ich die Aufgabe des konstituirenden Reichstages in ihren allgemeinen Umrissen dargestellt zu haben und ich wünsche, daß auch den Wählern hiedurch die ihnen so höchst wichtige Aufgabe klar geworden sei. Al. Jul. Schindler. Schleswig=Holstein und sein Verhältniß zu Deutschland (Fortsetzung.) Die deutsche Nationalversammlung muß die schles= wig=holsteinische Frage im ganzen Umfange an sich neh= men. Ist Friede möglich? Kaum. Ein Friede, der durch ungenügende Bestimmungen die Ehre Deutschlands gefähr= det, kann nicht geschlossen werden, — er würde auch nicht von Dauer sein, es würde der Kampf bald aufs Neue beginnen. Krieg ist für alle Industriellen, Kaufleute und Seefahrer Deutschlands, zumal in den nördlichen Ländern von Nachtheil, das ist sicher, aber bei Abwägung der Vor= theile und Nachtheile eines Krieges muß man nicht bloß auf dem Augenblick, sondern auf die Zukunft sehen, da darf man nicht Einzelnes, sondern muß das Ganze vor Augen haben. In diesem Kriege wird zum erstenmal seit Jahrhun= derten ein deutsches Heer unter einer Farbe, einem Namen dem Feinde gegenüber stehen und wie jetzt von den Masten der schleswigholsteinischen Handelsflotte die schwarz= roth-Gold Flagge weht, so wird sie bald von hundert deut= chen Schiffen wehen. In Hamburg, Stettin, Kiel, Lü= beck wird bereits an den ersten deutschen Kanonenbooten gezimmert. Die dänischen Blätter spotten darüber; aber das Lachen soll ihnen bald vergehen. Wie durch einen Zauberschlag werden Deutschlands Küsten wehrhaft sein und diesen Zauberschlag haben wir den Dänen zu danken, sie haben unser Bewußtsein erweckt, — Deutschland wird zum erstenmale zeigen, daß es entschlossen ist, einig nach Außen zu handeln, — und je länger der erste Krieg Deutschlands mit einem übermüthig herausfordernden Feinde dauert, desto mehr wird Deutschland in der Einigung sei= ner Landmacht, in Vervollkommung seiner Seewehr erstar= ken, desto mehr sich die Herrschaft über die Ostsee sichern. — Die Staaten des Auslandes werden erfahren, daß, wenn sie sich an einen von uns vergreifen, sie mit der Ge= ammtheit zu thun bekommen. — Eine solche Zukunft muß wohl auf die materiellen Interessen der Gegenwart ver= gessen lassen. Deutschland trägt nicht Schuld an diesem Kriege. Dänemark hat ihn keck und übermüthig herauf beschworen, es wird auch die Folgen tragen: sein Handel ist vernichtet, denn es werden ihm die deutschen Häfen gesperrt, — seiner schwachen Börse ist der deutsche bisher der einzige Kredit entzogen, eine Union mit Schleswig=Holstein und Lau= enburg ist nicht mehr möglich, — Jütland lebt von der Ausfuhr seiner Pferde und seines Rindviehes, eine starke Zollgränze der Herzogthümer brächte ihm den Tod es muß den dänischen Eilanden den Scheidebrief zuschicken und sich mit Schleswig=Holstein verbinden, — was bleibt dann bey Dänemark? zwei Inseln und einige Eilande mit 700 tau= send Menschen (Fortsetzung folgt.) Der Slavenkrieg. Dahin ist es gekommen. Was man seit einer Reihe von Jahren befürchtete, scheint jetzt in immer größerem Umfang ein= zutreten, und man täusche sich nicht, die Sache datirt sich kei= neswegs von gestern. Wir erinnern nur im Vorbeigehen an die Thätigkeit des famosen Cyprien Robert, der sichtlich das Seinige dazu beitrug, von Frankreich aus die Sache anzuregen. Es ist diese Erhebung weder rein slawischen Ursprungs, noch vorzugs= weise russische Arbeit, sie ist das vereinigte Product sehr verschie= dener Kräfte, wobei Franzosen und ausgewanderte Polen, gewiß nicht ohne Zulassung Rußlands, gemeinsam thätig waren. Der literarische Panslawismus ist ein tüchtiger Bundesgenosse gewe= sen, und man hat unter seiner Decke den Haß gegen alles Deutsche angeblasen. Schreiber dieß hatte vor einigen Jahren aus etli= chen böhmischen Journalen, namentlich den Kwety, eine ganz artige Sammlung der schroffsten Ausfälle gegen alles Deutsche zusammengelesen, und die Veröffentlichung derselben, — welche beabsichtiget war, um auf den Geist, wie er sich noch in der vollen Bluthe der österreichischen Censur kund gab, aufmerksam zu ma= chen, — wurde nur auf Bitten eines bekannten Slawisien un= terlassen, hauptsächlich aus dem humanen Grunde, daß man nlicht allzu hart eine Partei treffen müsse, die selbsi sichtlich unter strengem und zum Theil sehr ungerechtem Druck lebte. Keinem indeß, der slawische Journale las, namentlich die böhmischen konnte diese methodische Aufhetzung gegen alles Deutsche entge= hen, und wenn sie in den letzten zwei Jahren etwas nachließ,

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