Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. 25. Steyr am 11. Juni 1848. Ein deutsches Herz ist noth und werth, Nur feste Einheit hilft zum Siegen; Denn jetzt regiert das blanke Schwert Und hochentrollte Banner fliegen. Der Slaventag in Prag. Der große Slaventag in Prag ist eröffnet. Er ist kein Landtag, denn er wurde aus aller Herren Länder be= schickt: er ist kein Reichstag, denn das große Slavenreich soll erst aus ihm hervorgehen. Es ist charakteristisch zu bemerken, wie der Anfang zu dem großen Werke keines= wegs mit der heiteren offenen Stirne, wie der Deutsche dieß gewohnt ist, gemacht wird, sondern die Führer und die Massen verhalten sich ganz in jener melancholischen, lauernden, brütenden Weise, die in der Natur der Slaven bedingt ist. Das von jeher traurige Prag hat in der letzten Zeit einen noch unheimlicheren Aspect gewonnen. Handel und Gewerbe stocken, Haufen von Arbeitern stehen in den Gas= sen umher, Militärpatrouillen kreuzen sich, an den halbge= schlossenen Thüren seines Ladens steht der Bürger unbe= schäftigt und sieht mit besorgter Miene in das Treiben. Mitten durch geht die panslavische Agitation wie ein böser Spuk, wie eine unheimliche Maskerade. Die Abgeordneten des Slavencongresses der morgen mit einem Gottesdienst in der Methodiuskapelle der Teynkirche eröffnet werden soll sind gestern Nachmittag in großer Anzahl mit dem Eisen= bahnzug aus Wien angekommen, und nun wimmelt es in den Gassen von seltsamen Trachten, schönen aber unheim= lich wilden Gestalten, südlichgebräunten Gesichtern. Die drei Hauptstämme der österreichischen Slaven: Böhmen, Mährer und Slovaken, dann Polen und Ruthenen, end= lich Slovenen, Croaten, Serben und Dalmatiner umfas= send, sollen alle vertreten sein. Tschechische und panslavische Fahnen, blau, roth und weiß werden durch die Gassen ge= tragen. Mitglieder des Studentenkorps: Slavia und Swor= nostgarde geben den Gästen das Geleite. Es gilt auf den Trümmern der Monarchie ein großslavisches Reich mit Hin= zuziehung der außer Oesterreich wohnenden Serben zu bauen, ein Reich, welches das Riesengebirge und die Kar= pathen, das adriatische Meer und den Balkan zu Gränzen haben sollen. Wäre es nur ebenso leicht zu schaffen, wie zu dekretiren; die guten Panslavisten machen ihre Rech= nung, ohne an Deutschland, die Magyaren und die Rus= sen zu denken! Der Banus von Croatien, Jellacich, der hinter all dem Treiben dieses Slavencongresses steckt, hat an den Prager Nationalausschuß eine Zuschrift in illyri= scher Sprache erlassen, in welcher er das „Brudervolk der Böhmen“ auffordert, den Landtag der vereinigten König= reiche Slavonien, Croatien und Dalmatien, der für den 5. Juni angesagt, durch Zusendung von Deputirten zu „ver= schönern.“ Der Nationalausschuß erwiederte, diese Galan= terie des Banus, indem er ihn ebenfalls in einer Zuschrift bat auch der Banus möchte seinerseits Deputirte ad audien= dum zum Prager Landtag schicken. So wäre denn das Band von Böhmen und Mähren, diesen zum deutschen Bunde gehörigen Ländern, mit den halbwilden Völkern Croatiens und Illyriens geknüpft! Palacky hielt bei der Eröffnung des Slaventages eine Rede: Düster, in eckigen Sätzen, voll gewaltsamer Schlüsse, in fanatischem Pathos. Sie erinnert an die Re= den der blutigen Hussitenführer, deren Logik und Rechts= begriffe eben auch nicht die Besten waren, die aber mit ih= ren Aexten und Morgensternen nachzuhelfen gewohnt waren. Auch mit der Wahrheit nimmt es Palacky nicht allzu genau. So sagt er zu seinen Slaven: „Die Völker treten zusammen und berathen für uns und unsere Zukunft. Sie sitzen zu Rathe am Main in Frankfurt. — Nun denn wenn andere Völker für uns berathen und unsere Zukunft bestimmen, so berathen auch wir für uns unsere Zukunft.“ Das wird der deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt ganz neu sein, daß sie für die Slaven und de= ren Zukunft sich berathet. Ist das vielleicht ein Eingrif in die Rechte der Slaven, wenn die deutsche Nationalver= sammlung erklärt, die Nationalität der im deutschen Bun= desgebiet wohnenden Slaven selbstständig und unverletzt erhalten zu wollen? Ist das eine Ursache, wie zur Noth= wehr einen Slaventag zusammen zu berufen, und zwar auch aus Ländern, die gar nicht zum deutschen Bundesge= biet gehören, und ein großes Slavenreich errichten zu wol= len, durch Zerreissung und Beraubung uralter Staa= ten, durch Unterjochung des deutschen Elementes auf alt= slavischem Boden, der durch dieses Element sich aus Hei= den und Wildniß in Acker und Gärten, aus heidnischen Wü= sten in christliche Länder voll Gesittung, geschmückt und ge= nährt durch Handel, Industrie und Wissenschaft verwandelt
hat. Wir haben die Unverletzlichkeit der slavischen Natio= nalität garantirt. Haben dieß die Slaven in Bezug auf unsere gethan? Sehen sich die Slaven bedroht durch eine Einigung der Deutschen? Oder einigen sich nach dem Sinne der Slaven die Nationen nur dann, wenn sie fremde Völker unterjochen wollen? Wir Deut= sche wollen uns in Frieden zum Frieden einigen. Raum für Alle hat die Erde. Aber wir werden uns in der Ge fahr nicht verlassen. Ist jetzt Friede unser Wunsch, so ist dann Kampf unsere Pflicht. Schleswig=Holstein und sein Verhältniß zu Deutschland. Auf der Rhede von Kopenhagen liegen eine russische eine schwedische und eine norwegische Eskadrille (ein klei= nes Schiffsgeschwader als Theil der Kriegsflotte.) Die erste Abtheilung der schwedischen Flotte ist bereite nach Karlskrona ausgelaufen, ebenso das erste und zweit Gar= deregiement an Bord des königl. Kriegsdampfschiffes Thor vom Stockholm abgegangen. Die schwedischen Prinzen Gustav und Oskar und der russische Prinz Konstantin sind in Kopenhagen. Vom Frieden keine Rede. Die schleswig=holsteinische Sache wird von Tag zu Tag verwickelter. Daran sind einerseits die fremden Ein= mischungen, anderseits ist die traurige Halbheit der Ka= binette Schuld. Anfangs war Rußland aufgefordert wor= den, im Vereine mit England als Vermittler aufzutreten, hatte jedoch jede Einmischung in diese Angelegenheit ab= gelehnt; England dagegen schien Anfangs mehr zu Gun= sten Dänemarks zu handeln, während es neuerdings sich klar für die deutsche Sache erklärt. Entschiedener spricht sich das vereinte Skandanavien aus, und Rußland, welches jede Einmischung abgelehnt hat .. . .? Rußland tritt drohend genug auf, worüber aber auch Preußen so fürchterlich er= schrocken ist, daß es seinen braven General Wrangel schleu= nigst den dänischen Boden räumen läßt, — ihn abstehen heißt von den Verheißungen, von der Kriegskontribution von allem, wozu ihm seine Siege das Recht gegeben; . . . . das ist kein Waffenstillstand, — das ist feiges Zurückziehen . . . . die besiegten Dänen dagegen benehmen sich als Sieger, sie geben die deutschen Schiffe nicht heraus, die sie gewonnen, räumen nicht Alsen, sondern besetzen selbst noch schnell genug den von den Preußen verlassenen Theil des Herzogthums Schleswig und vereinen in Jütland ihre und der Schweden Truppen, . . . . die russischen werden nicht mehr lange ausbleiben. (Fortsetzung folgt) Neuestes aus Wien. Die bürgerliche Artillerie in Wien hat die Weisung erhalten, die jüngst übergebenen Kanonen zu untersuchen, und wird nächstens ein Probeschießen mit denselben auf der Simmeringer Haide abhalten. Ueberdies können wir folgendes Faktum verbürgen: Der Baron Sardagna erfuhr am 30. Mai um 2 Uhr, daß man beabsichtige, der Natio= nalgarde alte Dreipfünder vom Stubenthore auszuliefern. Alsogleich leitete er die nöthigen Schritte ein, um die Aus= lieferung neuer Kanonen zu bewirken, indem er sich aus= sprach, daß nur dadurch das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen werden könne. Am 6. Juni erschien auf der Universität Hr. Johann Täuber, Oberbeamter der Herrschaft Sickards und versi= cherte, daß alle Beamten seiner Umgebung, wenn sie bis= her sich nicht so freisinnig geäußert hätten, wie sie es füh= len, und wie es die Zeit fordert, nur dadurch allein die Schuld daran trügen, daß sie im Dienste von Kavalieren nicht unabhängig auftreten konnten, ohne Gefahr zu lau= fen, angenblicklich brodlos zu werden. Sie haben beim Mi= nisterium so eben die Bitte eingereicht, vom Staate aus angestellt zu werden, um als selbstständige Männer fortan leben und wirken zu können. Bis dahin wolle man auf Treue und Glauben annehmen, daß kein Zug in ihrem Herzen sei, der zur Reaktion führen könnte. Prof. Füster erwiederte: „die alte Intelligenz, als welche er die Beam= tenwelt bezeichnete, wird von der jungen Intelligenz, der Universität, in Zukunft nicht mißverstanden werden, und er reiche in ihrem Namen dem ehrwürdigen Sprecher die Hand. Was muß man aber von jenen Beamten halten, die im Dienste von Kavalieren stehen die ihrer politischen Richtung als wahre Eh= renmänner keinen Zwang anlegten, und die dennoch der neuen Zeit und ihren Kämpfern feindselig entgegentreten? Eine Gratzer Deputation überreichte vom Ausschuße der Bürger, Nationalgarde und Studenten eine Riesenad= resse mit vielen tausend Unterschriften, die ihren innigsten Anschluß an die Errungenschaften der Wiener an den Tag legte. Der Sprecher der Deputation gab die Versicherung, daß wenn die Wiener je in die Gelegenheit kommen soll= ten, ihre Hülfe in Anspruch zu nehmen, 30000 bewaffnete Steirer bereit stehen, ihnen Beistand zu leisten. (Stürmi= scher Beifall von den Gallerien). Dr. Fischhof beantwor= tete die Adresse. Eckardt las die Adressen an die Ober= Oesterreicher vor, welche sehr humoristisch und witzig, mit vielem Beifalle angenommen wurde. Wir wünschten, der junge Herr hätte sich seinen Humor und seinen Witz auf eine andere Gelegenheit aufgespart, und ihn nicht dort verschwendet, wo es sich darum handelte, einem edlen, frei= heitsliebenden und ernsten Volke, wie die Ober=Osterreicher, in so ernster Angelegenheit zu antworten. Wien am 7. Juni 1848 Die Stimmung gegen Pannasch den Kommandanten der Wiener Nationalgarde ist sehr gut. Gestern legte er in seiner Adresse an die Nationalgarde sein Glaubensbekenntniß ab, und sprach zugleich aus, daß wir genug errungen hätten und nun auch nicht weiter gehen dürften, und soviel ich die Stimmung
der Wiener kenne, verlangt man auch nicht mehr, will aber dagegen auch von diesen Errungenschaften nichts einbüßen. Frankfurt läßt (wie der so eben eingetroffene Schuselka sagt) unserer Stadt alle Ehre wiederfahren durch das Geständniß, daß Wien an der Spitze der geistigen Bewe= gung Deutschlands stehe. Aus Prag langten 150 Studenten hier an, welche aus= sagten, daß die dortige provisorische Regierung wenig Simpa= thien für sich habe, sich auch wahrscheinlich selbst auflösen werde, im widrigen Falle aber mit den Waffen auseinander gesprengt werden würde. Das hier durch mehrere Tage verbreitete Gerücht als wäre Prag bombardirt worden, ist heute durch ein Plakat vom Sicherheits=Ausschuß gänzlich wiederlegt. Die Nationalgarde betreffend. Folgender Tagsbefehl des Kommandanten der Natio= nalgarde in Wien wird hier mitgetheilt, da er auch die Nationalgarde vieler anderer österreichi= schen Städte berühren dürfte. „Da sich in Betreff des Wacht= und anderen Dienstes fort und fort Fälle ergeben, daß Garden sich auf eine un= verantwortliche Weise ihrer Pflicht, die sie dem allgemei= nen Besten, der ganzen Bevölkerung schuldig sind, entziehen, so wird von nun an nicht mehr zu Geldstrafen, welche des großartigen Institutes ganz unwürdig sind, sondern zu Ehrenstrafen geschritten. Dem zu Folge werden nunmehr, wenn nicht sehr gegründete Ursachen angegeben werden können, welche das Erscheinen als unmöglich erweisen, jene Individuen, welche fehlten und von betreffenden Commandanten dem Ober= Kommando namentlich angezeigt werden, der Offentlichkeit durch Plakate Preis gegeben, und das wird insbesondere bei Ausrückungen, welche von Bedeutung sind, mit den Beisatze geschehen: „Hat sich der Gefahr entzogen.“ Wer der Ehre theilhaftig werden will, der Nationalgarde anzugehören, darf sich auch nicht scheuen ihre Mühen und Gefahren zu theilen. Pannasch, Ober=Kommandant der Nationalgarde. Zur Geschichte des Tages. Das Manifest des Kaisers vom 4. Juni d. J. fin= det in den kleinen Wiener Blättern die verschiedenartigster Beurtheilungen. Von allen Einwendungen dagegen mag wohl die der Sonntagsblätter die kräftigste sein, welche die Stelle: „die öffentliche Meinung in ganz Europa habe sich gegen den 15. Mai einstimmig im höchsten Grade mißbilli= gend ausgesprochen“ die Thatsachen gegenüber stellt, daß ein großer Theil der Presse sich für den Maitag erklärte und Adressen aus allen Provinzen des Kaiserstaa= tes ihr Einverständniß mit den Schritten der Hauptstadt offen darlegten. Uebrigens wird so oft von einer Seite et= was zur Herhaltung des nöthigen Ansehens wiederholt behauptet, was von der andern Seite zwar nicht geglaubt, jedoch aus Klugheit hingenommen wird. So viel ist Gott sei Dank — gewiß: der Kaiser hat sein Ohr der Stimme seines Volkes geöffnet und die Errungenschaften des 15. Mai von Europa anerkannt. Die Reaktion ist entlarvt und enttäuscht. Nun hat der freisinnige Schrift= steller keinen Gefahr drohenden Weg mehr zu wandeln, er braucht nicht mehr um die Errungenschaften des 15. Mai zu kämpfen. Diese stehen jetzt fest durch das Wort des Kaisers. Die Wahrheit hat gesiegt. Sie mußte siegen, denn sie ist Gottes Streiter! Nach den letzten glänzenden Erfolgen unserer Trup= pen in Italien, betrüben uns heute wieder ungünstige Pri= vatnachrichten aus dieser heimgesuchten Provinz. Währen der Tiroler Bote die Hoffnung ausspricht, Peschiera sei entsetzt, melden Briefe aus Tirol von 30. v. M., daß diese Festung sich den Piemontesen habe ergeben müssen. Der General Rath, der sie so heldenmüthig vertheidigte, sei be= reits in Innsbruk eingetroffen. Radetzky ist noch immer zu schwach und sein Angriff auf Goito mißlang. Dagegen soll Venedig von unseren Truppen sehr in die Enge ge= trieben sein. O wäre doch dieser unselige italienische Krieg auf eine ehrenvolle Weise zu Ende. Italien war immer das Land, in dem Deutschlands Kraft nutzlos verblutete. So auch heute. Könnten wir eine mächtige Bundeshülfe nach Schleswig senden, Jütland bliebe unser und wir dik= tirten den falschen, höhnischen Dänen den Frieden, trotz den Knuten gewohnten Fäusten Rußlands, das in Jütland die willkommene Gelegenheit vom Zaune zu brechen sucht, dem freien Deutschland, dessen Flug den absoluten Thronen so gefährlich wird, die Flügel zu beschneiden. Könnten wir nach Norden marschiren, unmöglich würde der lächelnde Verrath des Königs von Preußen der mit der schwarz= rothgoldnen Fahne in den Strassen Berlins und auf der weißen Dünen der Ostsee spielt, wie ein geschminckter Seil= tänzer mit seinem Fähnchen. Briefe aus Innsbruk versichern, daß seit der Ankunft des Ministers Wessenberg die reaktionäre Camarilla gänz= lich gelähmt sei. Auch wird gemeldet, daß der Kaiser noch vor Eröffnung des Reichstages nach Wien zurückkehren werde. In Verbindung damit steht die Nachricht, daß in Wels schon Postpferde für ihn bereit stünden. Nach an= deren Berichten soll er vor der Hand nur sein Lustschloß Persenbeug an der Donau bei Ybbs in Unterösterreich be= ziehen. Jedenfalls hat sich der Kaiser schon durch sein letztes Manifest und die Entfernung Bombelles dem Her= zen seiner Monarchie aufs Erfreulichste wieder ge= nähert. Pfefferkörner. Nach einer Bekanntmachung des Kriegsministers darf die Prügelstrafe über einen Soldaten nur mehr kriegs¬ rechtlich oder commissionell nach Stimmenmehrheit verhängt werden. Das Gassenlaufen ist im Disciplinarwege außer Anwendung gesetzt. Nach einer Bekanntmachung des Ju= stizministers ist Prügelstrafe gegen Verbrecher ganz auf=
gehoben. Also verdienen Verbrecher mehr Schonung, als ein ehrlicher Soldat? Warum will man unseren Brüdern, die dem Kriegsdienste gewid= met sind, nicht gleichen Theil lassen an der Freiheit, deren beseligender Wiederschein selbst in die Nacht des Kerkers fällt!? Der König von Preußen soll mit dem Könige des einen Siciliens in Neapel im lebhaften Briefwechsel ste= hen. Er erwartet gegenwärtig in den Gardenreichen Gar= tengängen seines Potsdamischen Sorgenfrei's die Uebersen= dung des Planes, nach welchem Ferdinand am 15. Mai zu Neapel seine constitutionelle Bürger angriff. Inzwi= schen singt er „Schleswig=Holstein meerumschlungen“ und speist russischen Cawiar dazu. Das letzte Manifest des Kaisers hat einige Herren (ihre Nahmen sind uns nicht bekannt) auf die Vermuthung gebracht: auch der Kaiser sei ein Republikaner. Sie haben geschworen von diesem Augenblicke an keine Zeitung mehr zu lesen, kein politisches Gespräch mehr zu führen und so erwarten sie ein Liedchen pfeifend oder trül= lernd gemüthlich den Untergang der Welt. Der Erzherzog Johann hat in einem der letzten Blät= ter der allgemeinen österreichischen Zeitung einen warmen Lobredner gefunden, der seinen Aufsatz „aus Stadt Steyr“ überschreibt. Wir wünschen dieser Lobredner hätte den Ruhm dieses Prinzen noch dadurch vermehrt, daß er die Verdienste desselben um die Eisenindustrie Oberöster= reichs und Obersteiermarkts durch die Aufzählung mehrerer allgemein bekannten Thatsachen beleuchtet hätte. Der slavische Congreß in Prag hat erklärt, er werde nie dulden, daß die deutschen Provinzen Oesterreichs an Deutschland sich anschließen. Sie sollten sich wohl an die slavischen anschließen, um von den deutschen Brüdern ge= trennt, von den slavischen leichter beherrscht zu werden? Schon gut! Wir werden uns das überlegen. Die Mitglieder des slavischen Congresses in Prag verstehen sich nicht, denn fast jeder spricht einen andern Dialekt, der wieder dem Nächsten nur halb verständlich ist. Wenn sie deutsch reden wollten, würden sie sich leichter verstehen, denn diese Sprache sprechen sie alle, da sie und ihre Vorfahren all ihre Bildung von dieser Sprache ge= nossen. Das eingestehen zu müssen ist freilich dermalen nicht sachdienlich. Die Zehentfrage. (Fortsetzung.) Hat nun der Staat die unbestreitbare Pflicht den in= nern Wohlstand zu heben, so hat er auch das Recht, jene zu Rechten erwachsene Gebräuche, welche der Gesammtheit schaden, zu lösen, und es ist nun seine Aufgabe, wie er dieß zu Stande bringt, ohne den bisher Berechtigten zu nahe zu treten. Bei der Zehentfrage sind die Berechtigten zu nahe zu treten. Bei der Zehentfrage sind die Berechtigten in zwei Classen einzutheilen. Jene, welche für den bisherigen Ge= nuß nur geeignete Entschädigung haben wollen, und jene, welche die Zehentfrage als eine Eristenzfrage für ihre Kör= perschaften betrachten. Diese beide Classen, welche in frü= heren Zeiten in so weiter Kluft geschieden waren, sind durch den Umschwung der Dinge in neuester Zeit und in dieselbe Cathegorie gesetzt: Sie sind sämmtlich zu Staats= bürgern geworden. So wenig als zwischen einzel= nen Individuen in politischer Beziehung Vorrechte bestehen dürfen, ebensowenig, darf dieß bei einer Körperschaft, welche im Grunde nichts anderes als eine Versammlung von In= dividuen für einen besonderen Zweck ist, Statt finden. Es müssen nur Rechte bestehen für das Allgemeine, nicht Vor= rechte gegenüber von Einzelnen. Nach dieser Anschauungsweise glaube ich die obener= wähnten zwei Classen der Zehentberechtigten zusammen= schmelzen zu dürfen. Der Zehentberechtigte ist ein Capitalist, er bezieht nur eine jährliche Rente, welche nach Verhältnissen bald größer, bald kleiner ist. Seine Auslagen müssen sich also nach seinen Einnahmen beschränken, und da die Letztern heuer mehr im nächsten Jahre weniger seyn können, so wird er, einmal an größere Auslagen gewöhnt, sich nicht am Besten in eine Beschränkung finden können. Eine im Voraus vergewisserte Einnahme ist wohl für jeden einzel= nen und jede Familie wünschenswerther, da alle Sorgen mit und ohne Noth wegen der Größe des unbestimmten Einkommens beseitigt, der Habsucht nicht so viele Thore geöffnet, mehr Stättigkeit in das Familienleben überhaupt gebracht wird. Diese Darstellung trifft wohl jene Nutz= nießer nicht, welche alljährlich von ihren Renten zurückle= gen können, ob sie hoch oder gering sind, aber diese Sinne= kuren reizen wieder den mit seinem Geiste oder seinen Hän= den arbeitenden Staatsbürger und solche Drohnen sind für den Staat politisch und moralisch gefährlich. Ich ignorire diese Abart und komme auf die Ablösung wie ich sie für die Berechtigten und Belasteten am Zweckmäßigsten halte. Die Berechtigten, Zehentherren, die Rentiers sollen ihre jährlichen Bezüge, festgesetzt auf einen zwanzigjährigen Durchschnitt des Ertrages, (wobei aber die letzten zwei Jahre als außerordentlich weggelassen werden mögen) wie= der erhalten, wobei das Schätzungsoperat des allgemeinen Catasters maßgebend zu Grunde gelegt wird. Nimmt man den Durchschnittspreis von 20 Jahren für die Körnergat= tungen, so dürfte nach einen ungefähren Ueberschlag in un= serer Gegend, wo 5/4 Metzen pr. Joch, wenn der Zehent nicht eingehoben wird, abgeliefert werden, der Preis von fl. 4 pr. Waitzen, fl. 3 pr. Korn, fl. 2 pr. Gerste, = Drei Gulden pr. Joch erscheinen. Die Bonitirung ist auf fl. 11, I. Classe, fl. 9 Il. Classe, fl. 7 III. Classe gestellt, mithin wäre fl. 10 Reinertrag, fl. 3 Rente, = Gulden sechzig à 5 % in unserer Gegend, welche einen vorzüglichen Wai= tzenboden einschließt, zu rechnen. Dieß für die Berechtig= ten; natürlich genau durch Vorlage der bezüglichen Er= tragsbögen nachzuweisen und nach dem verschiedenen Rein= ertrag regulirt. (Schluß folgt.) Mit einem Anzeiger Nr. 16. Verantworlicher Redaecteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2