vertretende Kammer saß und von ihren Rechten Gebrauch zu machen sich anschickte, da warf er — im verderblichsten Rausche seines Lebens — fremde Söldlinge und die gesin= nungslose Hefe des Volkes auf seine Bürger, die auf dem Pflaster der prachtvollen Toledostrasse verbluteten. Aber mit ihnen verblutete nicht Italiens Freiheit. Romeo zieht heran mit seinen Calabresen, die Federn der den Fürsten so verhaßten Calabresenhüte schwanken bald unter den Fen= stern des Königs von Neapel und es kann eine Stunde kommen, wo der falsche Bourbon mit Freude einen Calab= resen auf seinen Kopf drückte — wenn er — noch einer hätte. Die Dänen rufen „Tod dem deutschen Handel an der Küste der Ostsee“ und Rußland, England und Schweden unterstützen das Kabinet von Kopenhagen mit Ränken, Protesten und Drohungen, und so sind die siegreichen Schlachten des General Wrangel in Schleswig fruchtlos geschlagen. Was das deutsche Schwert errang, das hat die Feder der vereinten russischen Kabinete wieder aufgege= ben, ein schmachvoller Waffenstillstand heißt unsere deutschen Truppen mit leeren Händen über die Schlei zurückkehren Die Siege der Preußen gefielen nicht ihrem filoso= fischen Könige der in den von den gelben Fluten der Ha= vel umrauschten Einsamkeiten seinen Potsdamischen Para= diese ausgeklügelt haben mag, daß der kaiserliche Hr. Schwa= ger in Petersburg doch ein mächtiger Freund sei im Falle der Noth gegen das impertinente Volk „die lieben Ber= liner.“ Die Engländer schreien „Wer kauft unsere Schnupf= tücher und anderen Waaren“ Sie haben nicht Zeit, unge= achtet der alten treuen Bundesgenossenschaft Oesterreichs, mit all ihren Schiffen die reich bemannt und bewaffnet im adriatischen Meere segeln, es zu verhindern, daß neapolita= nische Truppen in Venedig landen und die neapolitanisch= sardinische Flotte auf der Rhede der deutschen Hafenstadt Triest erscheint. Die Franzosen wollen brüderlichen Bund mit Deutsch= land, zugleich aber Befreiung Italiens und Wiederherstel= lung Polens. Können diese zwei letzten Punkte den deut= chen Reichen Preußen und Oesterreich wie brüderliche Zu= muthungen erscheinen? So steht es um die deutsche Nation! Und wie läßt sie ihre Stimme vernehmen? — Sie kann das rechte Wort nicht finden und ihren Rednern verwehrt oder verleidet sie die Rednerbühne. Unsere Zeit. Italien. In Neapel war für einige Zeit Ruhe eingetreten. Der Abfall Siciliens, der Ernst des Kampfes in der Lom= bardei und die nicht erwartete Lauheit in den Provinzen, welche keine Freunde der Republik zu sein scheinen, hatten etwas abkühlend auf die neapolitanische Revolutionslust eingewirkt; — es war Ruhe eingetreten; — und Ferdi= nand II. saß einsam in seinem großen Schloße am Meere schwer im Arm den Kopf, denkend über sein Schicksal, Zähne knirrschend über die vielen Demüthigungen, welche er erfahren mußte. Hunderte von Feuerschlünden der Stadt zugekehrt, Tausende von Bajonneten, das Heer, die treuen Schweizer, die englischen Kriegsschiffe im Hafen gaben dem Könige beider Sicilien Schutz gegen sein Volk, — aber alles dieses gab ihm nicht die Liebe des Volkes, schützte ihn nicht vor Demüthigungen; . . . . ohne Flinten, ohne Schwerter drängten sich die Menschenmassen vor das Schloß; es rebellirte nicht mit Waffen, es begehrte mit der friedli= chen demokratischen Cigarre im Munde: der König soll es empfangen, solle es hören, solle antworten, — und wenn dann der König erschien und hörte, — was verlangte dann das Volk? Heute dieß, morgen jenes — andere Mi= nister, — keine Pairskammer, — Kriegserklärung gegen Oesterreich — Absendung von Freiwilligen nach der Lom= bardei, — gleich wieder Nichtabsendung der Freiwilligen ondern Absendung der disciplinirten Truppen, —— und der König gewährte Alles, oder fast Alles; . . . . so war für den Augenblik Ruhe in Neapel, der Vesuv stille geworden, — aber die Lava glühte unter der seichten Schichte Asche fort und schwere Gewitterwolken hielten den Kegel umlagert. Es mußte wieder bald zum Ausbruch kommen, und es kam dazu, am 15. Mai, . . . . an dem Tage der Bewegungen zu Wien, Paris, Frankfurt, Krakau . . . . . doch der Barrikadenkrieg zu Neapel hatte einen verschiede= nen Erfolg mit denen von hier und dort, zum Nachtheil der italienischen Nationalsache; diese hat durch den Sieg der königlichen Truppen — einen empfindlichen Schlag erhalten. Truppen — ja noch mehr, fremde Söld= linge haben die Bürgerwehr der drittgrößten Stadt Euro= pas besiegt, dieß ist eine fürchterliche Schlappe, dem Na= tionalgefühl beigebracht. Die Folgen werden auf das Haupt dessen zurückfallen, für dessen Sicherheit die Truppen und Schweizersöldlinge gefochten haben, — ja, er geht noch weiter, um auch ferner sicher zu sein, er ruft sämmtliche Trup= pen aus der Lombardei zurück. Aber es wird ihm nichts nützen. Tod diesem Ferdinand! so schallt es durch ganz Italien, — er hat die dreifarbige Fahne Italiens herun= tergerissen und die weiße bourbonische aufpflanzen lassen, — er ruft die Truppen gegen sein Volk zu Hilfe, . . . . mit allem diesen bereitet er um so schneller das Gericht, das ihn ereilen muß. Es war, wie gesagt Ruhe in Neapel eingetreten, — es war aber nur eine scheinbare, und mit dieser die Neapo= litaner nicht zufrieden, so lange nicht, als Ferdinand noch seine Truppen, seine Schweizer und Deutschen um sich hatte, — es mußte zu einem sicheren Ende kommen. Man ver= langte die Pairs=Kammer von der Constitution getrennt, — man forderte die Entfernung der Fremden, — die Ab= sendung der Truppen, . . . . man glaubte dieß von den Barrikaden herab fordern zu können; — aber Ferdinand ließ diese stürmen und demoliren, — seine Truppen siegten, die Bewohner von Neapel unterlagen, doch nicht das Volk seines weiten Reiches . . . . Schaaren von Calabresen, Sicilianern, die Bewohner aller Provinzen ziehen heran, um ihn vom Thron zu stoßen, — die Neapolitaner werden
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