Zwanglose Blätter, Nr. 23, vom 4. Juni 1848

der Fortschrittsmänner verschrien, während es von der Conservativen selbst als Eingriff in die Eigenthumsrecht dargestellt ward. In Bezug auf die Culturs=Verhältnisse des Landes wird jeder Betheiligte und Unbetheiligte, der halbwegs die Zehentbehebungen kennt, eingestehen müssen, daß sie den Ertrag des Grundes oder Bodens im Allgemeinen schmä= lern. Hier in Oberösterreich sind diese Aushebungen auf das Dreifelder=Sistem in der Wirthschaft gegründet, ein Grundlage, welche in neuester Zeit in allen ökonomischen Schriften mehr oder weniger und mit vollem Rechte ange= griffen worden ist. Diese Bewirthschaftungsart betrachtet sich als voll= kommen ausgebildet, indem sie nur die bisher üblichen Ge= treidegattungen und Futterkräuter zulässig findet, jede pe= rennirende Pflanze aber schon dadurch ausgeschlossen ist, daß sie schon im zweiten Jahre des Turnus stört, abgese= hen davon, daß eine Absindung mit den Zehentherren noth= wendig erscheint, und eine solche manchmal gar nicht er= zweckt werden kann. Die Aufgabe der Acker=Cultur, sich so viel möglich der Garten=Cultur zu nähern, ist also durch die Zehentaushebungen gänzlich behindert, die Rente des Grundes und des Bodens eine bei weitem geringere, als sie sein könnte und würde, wenn jene Rechte nicht bestün= den. Diese Rente trägt bis 40 Millionen Besteuerung für den Staat. Wenn der Bauer sich frei und ungebun= den bewegen kann in der Bewirthschaftung seiner Acker= gründe, so wird er manches Stück Feld zu Wiese liegen lassen, manchen Acker zwei= auch dreimal mit einer ihm zu= sagenden Fruchtgattung besäen, und dadurch einen mehr sicheren und vortheilhafteren Ertrag für seine Mühen ha= ben, als dieß jetzt der Fall ist. In Märkten, welche Grund= tücke besitzen, ist die Dreifelder Wirthschaft gänzlich abge= schafft und gewöhnlich Wechselwirthschaft mit Benützung der Brache eingeführt, und doch wird man im Vergleich mit anrainenden Bauerngründen wenig Unterschied im Er= trage finden. Der Bauer hat aber bei der Dreifelder= Wirthschaft das dritte nur zur Hälfte mit Futterkräutern benützt, der zweite Drittheil ist reine Brache, der sechste Theil seines Grundes ohne Ertrag, da die Weide fast gar nicht in Anschlag zu rechnen ist; das macht 16 2/3 Prbt., welche wegen einen Zehntheil=Berechtigten, dem National= vermögen verloren gehen. (Fortsetzung folgt.) Gewerbliches. Wir haben in einem unserer früheren Blätter durch Mittheilung des Aufrufes und der Beschlüsse der hessischen Gewerbtreibenden zu Offenbach, die Gewerbtreibenden die= ser Provinz aufgefordert, die Wünsche und Vorschläge zur Hebung ihres durch eine unvernünftige Gewerbfreiheit be= drohten Gewerbetriebes den öffentlichen Blättern zu über= geben, damit so die Bedürfnisse der Betheiligten durch of= fene Besprechungen sowohl beleuchtet, als auch höheren Ortes vernommen werden. Daß die Regierung gedruckte Wünsche und Vorschläge berücksichtigen wird, dürfen wir mit aller Sicherheit hoffen. Die Regierung hat es noch vor wenig Wochen unter ihrer Würde gefunden, die Stimme der Buchdruckerpresse zu beachten und sie hat schon dafür gebüßt. Die Schriftsteller sind in einem constitutionellen Staate die Minister des Volkes und alles hochmüthige und vornehme Schimpfen und Lästern gegen sie, wird diese be= neidenswerthe, wichtige Stellung ihnen nie entwinden. Wer ein Herz für das Volk hat und muthig und offen spricht, der erntet, so wankelmüthig auch die Menge ist, doch zuletzt mehr Rosen als Dornen. Wir haben noch weit hin zu jenem erwünschten Rosensegen, nichts desto weniger ha= ben wir doch Beweise von Vertrauen erhalten, die wir als den ersten Lohn unserer erschöpfenden und durchaus nicht gefahrlosen Thätigkeit mit einer wahren Christ= baum=Freude empfingen. Unter diese Beweise rechnen wir das Ansinnen mehrerer Innungen hiesiger Gewerbsleute, ihren Wünschen bezüglich der Verbesserungen ihrer Ge= werbe in diesen Blättern Raum zu gönnen, welchem Ansin= nen hier mit Freude entsprochen wird. Darum stimmen wir aber noch nicht mit jeder Aeußerung, die wir hier mit= theilen überein und behalten uns vor unsere abweichenden Meinungen, so oft wir es nöthig erachten, geltend zu ma= chen. Einschlägige Entgegnungen werden uns von jeder Seite willkommen sein, wenn sie in anständigem Tone und in möglichster Kürze gehalten sind. Schuhmacher Die Schuhmacherinnung zu Steyr erklärt sich be= stimmt gegen die allgemeine Gewerbfreiheit und will 1. Schutz und Aufrechthaltung der Verkäuflichkeit der protokollirten oder radizirten Gewerbe, in demselben Sinne als sie bis jetzt bestanden haben. Denn im gegen= theiligen Falle wäre der Ankaufspreis gänzlich verloren und es kommt jedenfalls zu berücksichtigen, daß in Zeiten der Noth der Werth dieser Gewerbe dem hart betroffenen Ge= schäftsmann zu Anleihen und somit zu einem neuen Be= triebskapital verhalf. 2) Aufhebung des Hausierhandels. 3) Die gegenwärtig verliehenen Personalgewerbe sol= len auf Absterben der betheiligten Personalisten fortbestehen, in Zukunft soll aber nur die Gemeinde das Recht haben, die erforderlichen Personalge= werbe zu ertheilen. Da jedes Gemeinde=Mitglied es mag was immer für ein Gewerbe treiben, doch auch in der Lage ist, von anderen Gewerbtreibenden Bedürfnisse zu kaufen, so wird von der vorgeschlagenen Maßregeln weder eine Uebersetzung, noch ein Mangel von Gewerben zu fürch= ten sein. Da man für jeden Fall nicht die ganze Gemeinde zusammenrufen und Mann für Mann abstimmen lassen kann, so ist es in dieser, so wie zum Heile jeder andern Gemeinde=Angelegenheit freilich höchst nothwendig, daß die entscheidende Gemeinderepräsentation aus Mitgliedern be= stehe, welche das wahre Wohl der Gemeinde klar begreifen und gänzlich unbestechlich sind. Beides ist nicht immer schon dadurch allein erreicht, daß man die Gemeinde nicht von Beamten vertreten läßt. Ebenso soll die Heirathsbewilligung für Gesellen nur von der Gemeinde ertheilt werden können. 4) Die Innungen sollen bei ihren zeitgemäßen Rechten erhalten werden, und namentlich die Beurtheilung

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2