Zwanglose Blätter, Nr. 20, vom 25. Mai 1848

ligen Kriege gegeben, der die Barbaren, (das sind die Deut= schen), aus Italien vertreiben soll. Der Brenner soll die Gränze Italiens werden. Bis dahin dürften wohl auch etliche gut gezielte Schüße aus Tyrolerstutzen fallen und das Schwert von Italien mehr Scharten bekommen als ihm lieb ist. Der Ruf um Herstellung einer Republik in Neapel wird immer lauter. Der König soll erklärt haben: Wenn seine Unterthanen durchaus eine Republik wollen, so möch= ten sie es ihm nur einige Stunde vor Einsetzung derselben erklären. Er wolle sie darnach nicht mehr hindern, sich nach Herzenslust untereinander zu berauben und todtzuschlagen. Da haben wir einen König der sich fürchtet selbst mit dem Davonlaufen zu spät zu kommen. Neapel säumt nicht immer mehr Truppen nordwärts zu schicken. Von 30. April an marschirten täglich 5-600 Mann neapolitanischer Linientruppen durch Ancona. Am 5. Mai sind hier vier neapolitanische Dampfer, ein Fre= gatte und eine Brig mit Truppen angekommen. Die ganze Expedition zählt 5000 Mann. *) *) Ist bereits in dem Hafen von Venedig eingelaufen und es hat sich die öster= reichische Flotille nach Pola zurückgezogen. Wo bleiben denn die englischen Kriegsschiffe die uns vertheidigen sollten? Der römische Minister Mamiani befahl die Bildung eines Reservekorps von 6000 Mann. In Turin fand am 8. Mai die Eröffnung des Natio= nalparlamentes statt, und Prinz Eugen, der Stellvertreter des Königs, sagte in seiner Eröffnungsrede: „Wenn es geschieht, daß die gewünschte Verschmelzung mit andern Theilen der Halbinsel sich er= füllt, so werden diese Veränderungen in der Weise vor sich gehen, daß sie dazu nutzen Sardiniens Geschichte grö= ßer zu machen, und diesem Lande jenen Grad der Macht erreichen zu lassen, zu dem es zum Wohle Italiens die Vor= sehung führen will. Der bekannte Vincenzo Gioberti, der Verfechter des „einen norditalischen Staates unter dem konstitutionellen Carl Albert“ wurde am 7. Mai in Mailand mit großen Beifall empfangen. Seine Worte sind: Alle Provinzen Oberitalien sollen rasch in Einen Staat zusam= mengeschmolzen werden, — Mailand sei die Haupt= stadt dieses Staates, .... Mazzini, das Haupt der Re= publikaner, scheint vorläufig nichts dagegen zu haben, er hielt wahrscheinlich Gioberti's Ansicht für einstweilen passend. D. Red. Zur Geschichte des Tages. Auch den braven Steiermärkern, denen gewiß noch niemand die Liebe zum regierenden Kaiserhause abgesprochen hat, ist bereits bei Betrachtung der jesuitisch=aristokratischen Umgebung, in der sich unser Kaiser befand, um ihre Frei= heit bange geworden. Nicht daß sie geglaubt hätten, die Freiheit werde den finsteren Waffen dieser Parthei unter= liegen müssen, aber sie wollten blutige Kämpfe vermeiden, welche diese schleichende Wölfe im Schafskleide so gerne heraufbeschwören. Sie erließen daher eine Adresse an den Kaiser mit der Bitte diese der Freiheit so gefährliche Um= gebung von sich zu entfernen und sich mit Männern, die das Vertrauen des Volkes besitzen, zu umgeben. Eine gleiche Adresse ist auch an den Erzherzog Johann abgegangen, der bereits die Steiermärker um zwei aus ihrer Mitte frei ge= wählte Adjutanten gebeten hat. Ein Steiermärker (der uns heute diese Begebenheit selbst erzählte) reiste dieser Tage durch Gablitz, eine Station von Budweis wo ihm ein Czeche die deutsche Kokarde, die er trug, abreissen wollte. Der Reisende frug den Gewalt= thätigen, was er wohl thun würde, wenn man ihn seiner Nationalkokarde beraubte. „Ich würde jedem, der dieß wagt ein Paar Ohrfeigen geben,“ war die Antwort. „Ich stäche meinen Mann nieder,“ sagte der Steiermärker. Der Czeche ließ hierauf von ihm ab und unser Freund erreichte glück= lich Budweis. Hier erzählten ihm auf der Ressource eine Menge von Czechen, daß sie und ihre Brüder im Lande nicht die mindeste Abneigung gegen die Deutschen hegten. Der ganze auf die Spitze getriebene Slavismus und Deutschenhaß sei nur das gewaltsame Werk von ein paar hundert Stok= aristokraten, die der Freiheit, die das deutsche Element bringt, gram sind und im Slaventhum die alte übermüthige Herr= schaft wieder zu gewinnen hoffen. Möchten doch diese Leute die Wahrheit gesprochen haben! Um der in Wien nach der Abreise des Kaisers ent= standene Furcht vor einem Staatsbankerotte zu begegnen, haben die Minister erklärt, daß bei den vorhandenen Hilfs= mitteln des Staates an einer solchen nicht zu denken sei. Ebenso erklären in der Wienerzeitung das Großhandlungs= Gremium und der n. ö. Gewerbeverein, daß sie die Bank= noten noch beständig um dem vollen Nennwerth als baares Geld an Zahlungs statt annehmen. Briefe. Wien 20. Mai. Wir waren heute auf einer mehrstün= digen Wanderung durch Stadt und Vorstädte begriffen und konn= ten zu unserer wahrhaften Befriedigung bemerken, wie überall die vollste Ruhe und Ordnung herrschte. Man hatte Mühe, zu denken, daß wir uns nach den glorreichen März= und nach den verhängnißvollen Maitagen befinden Die Arbeiter an ihrer Arbeit, der Kaufmann in seinem Laden, der Fabrikant im Be= triebe, der Handwerker in seiner Arbeitsstube, der Kunstler hin= ter seiner Staffelei; — die Fragen: „Wo ist unser Kaiser? Wann wird er zurückkehren? Welche ist unsere nächste Zukunft und überhaupt, welche Zukunft?“ bewegen wol Aller Herzen, aber nach Außen hin herrscht Ruhe und Ordnung, und wir hoffen, daß sie uns bei dem trefflichen Sinne der Wiener Bevölkerung erhal= ten werden wird. Beunruhigender sind die heute einlaufenden Briefe aus den Provinzen, die sich die Abreise des ganzen Hofes nicht erklären können und geneigt sind, sie durch einen gewaltsa= men Schritt der Residenzbewohner veranlaßt zu glauben. Wo ist die Person des Kaisers sicherer aber als in Wien? Dieser Fürst hat keinen Feind und jedes gekrummte Haar auf seinem Haupte hätte die Wiener zu einer Schutzarmee fur ihn aufstehen gemacht. Wir werden, hoffe ich, in wenigen Tagen im Falle sein, einen Blick in die Intriguen werfen zu können, durch die der gütige Kaiser aus dem Herzen seiner Monarchie entführt wurde. Erklärung und Aufforderung. In der „Constitution“ erscheinen in den letzten Blättern Aufsätze von ausgesprochener Animosität gegen den Fürsten Lam= berg mit W. A. unterzeichnet. Diese wurden mir von mehren Seiten zugeschrieben und übel gedeutet, da man die freundschaft= lichen Beziehungen kennt, in denen ich zu dem Fürsten stehe, und deshalb ich auch bestimmt erkläre, daß diese Aufsätze nicht von mir sind, wobei ich zugleich den Redakteur der „Constitution“ auffordere, diese Erklärung in sein Blatt aufzunehmen Fried. Wilh. Arming. Mit einem Anzeiger Nr. 14. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr. Abends wird ein Ergänzungsblatt zu dieser Nummer ausgegeben.

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