Zwanglose Blätter, Nr. 20, vom 25. Mai 1848

Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 25. Mai 1848. 20. Und wird in Staub und Asche fallen Was heute friedlich steht und prangend Die Hütte und des Königs Hallen? M. Hartmann. Weitere Beleuchtung der Abreise des Kaisers und der damit in Verbindung stehenden Reaktionsversuche. Vor der Größe des drohenden Unglücks, das wenige Übelgesinnte die dem Kaiser zur Abreise von Wien riethen oder drängten, über so viele Millionen gutgesinnten Staats= bürger des österreichischen Kaiserstaates brachten, die nichts als Ruhe und Ordnung auf Grundlage einer freisinnigen Constitution wollten, zittert noch das erschreckte Herz. Aber der teuflische Plan ist gescheitert, Österreich ist und wird keine Republik in unseren Tagen, Österreich hält fest an Gesetz und Recht und nach Gesetz und Recht wird der Kai= ser wiederkehren in die Burg seiner Väter und umgeben von Ministern, die dem Volke für ihre Handlungen verantwort= lich sind, nicht geleitet von egoistischen und hochmüthigen Hofschranzen wird er sein treues Volk regieren. Wir haben in dem leitenden Artikel des letzten Blat= tes unsere Ansicht dahin ausgesprochen, daß Beweis der vorliegenden Berichte in Privatbriefen und öffentlichen Blät= tern kein Gewaltschritt des Volkes die persönliche Sicher= heit des Kaisers gefährdet habe, daß nicht, wie behauptet wurde, ungestüme Deputationen mit Waffen drohend bis in die Zimmer des Kaisers drangen, sondern daß der Kaiser von Wien plötzlich verschwunden war ohne daß jemand die Nothwendigkeit seiner Entfernung eingesehen hätte. In einem kaum bequemen Wagen, ohne Reisekleider und Gepäcke mußte er in die Nacht hin= aus, hinausgedrängt nicht durch die Nothwendigkeit, son= dern durch die Willkühr einer Camarilla, die ihm zum Werk= zeuge ihrer Privatrache machen wollte gegenüber einem Volke, das mit Gut und Blut an Recht und Ordnung, aber auch an Freiheit hielt. — Alle uns zugekommenen Pri= vat= und öffentlichen Berichte bestätigen die Worte unsers letzten Blattes. Wir erlauben uns hier einen Bericht jener Deputation der Linzer Bürger, die den Kaiser in Salzburg einholte, und zwei Artikel der geachteten Wiener=Sonntags= blätter abzudrucken. Sie werden ein helles Licht auf diese lichtscheue Begebenheit werfen und die kurzsichtigen und er= hitzten Beurtheiler mögen ihre vorschnellen Worte über die edlen Wiener zurücknehmen, die uns in den Märztagen die unentreißbare Freiheit erkämpften, deren Rechts= und Ord= nungssinn der civilisirten Welt ein Muster, deren Haltung am 18. Mai einer der hellsten Punkte in der Geschichte der Menschheit sein wird. Deputations=Bericht. Am 18. Mai d. J., gegen 1 Uhr Nachmittags, ver= breitete sich in Linz die Nachricht von der Abreise Sr. k. k. Majestät, unseres allgeliebten Kaisers aus Wien über Enns in der Richtung nach Wels. Hierüber entstand Bangigkeit und Beklemmung in den treuen Herzen der hiesigen Bewohner, weil man über An= laß, Ursache und Zweck keine Kunde hatte. Augenblicklich trat demnach auf der Hauptwache der Nationalgarde eine Versammlung zusammen, und sprach den Wunsch aus, daß eine Deputation sogleich abreise, sich bestrebe, Se. Majestät auf der Reise zu erreichen, und die unerschütterlich treuen Gesinnungen der Bewohner von Linz an den Tag lege. Weiters soll die Deputation die Bitte vorbringen, daß es Sr. Majestät gefallen wolle, in Linz, im Mittelpunkte einer, Sr. k. k. Majestät und der Constitution treu ergebenen Pro= vinz, welche bisher ungestörte Ruhe genoß, Erholung zu pflegen. Die Deputation, welcher der hiesige Bürger, Hr. Klapeer, freiwillig die Besorgung des schnellsten Fortkom= mens angebothen, und auf der ganzen Reise aufopfernd ge= leistet hat, reiste ab, und hatte das Glück, Freitag den 19. Mai nach 3 Uhr Morgens, dem allgeliebten Kaiser in Salz= burg, eben im Begriffe zur Abreise nach Innsbruck, sich vorstellen, und ihre Bitte unmittelbar vortragen zu können. Se. Majestät beglückte die Deputation mit der mehrmahls wiederholten Versicherung: „Ich bin fest überzeugt von der“ „Treue meiner Oberösterreicher und der Linzer, ich wünsche“ „meine Tyroler zu besuchen, und kann noch nichts Gewißes“ „versprechen, aber ich werde nicht lange ausbleiben. Die“ „Deputation gibt mir einen neuen Beweis der alten An=“ „hänglichkeit der Oberösterreicher.“ Hierauf geruhten Se. Majestät die Reise nach Inns= bruck fortzusetzen Gegen 5 Uhr Morgens kamen die Herren Grafen Hoyos und Wilczek, als Abgeordnete des Ministeriums von Wien an. Sie empfingen von der Deputation die Auskunft über die Abreise Sr. Majestät von Salzburg, und ertheilte die beruhigende Versicherung: „Daß während=der Ereignisse „des 15. und 16. Mai d. J., sämmtliche Abgeordnete und „Überbringer von Petitionen an das Ministerium gelang= „ten, und daselbst mit Dringlichkeit und unter Hinweisung „auf die drängenden Massen um Gewährung baten; daß „aber keine Deputation unmittelbar vor Sr. k. k. „Majestät zu erscheinen Gelegenheit hatte, und „Sr. Majestät nur allein mit dem Ministe= „rium und allerhöchst Ihrer Umgebung zu spre= „chen geruht haben.“ Diese beruhigenden Mittheilungen und Versicherungen

vernahmen auch persönlich sämmtliche inzwischen eingetre= tenen Herren aus Salzburg, und namentlich Hr. Landgraf Fürstenberg, Hr. M. Gschnitzer, Hr. Dr. Fischer, Hr. Mar= tin von Reichl und Andere. Hiernach erfolgte noch in Anwesenheit der Hrn. Gra= fen Hoyos und Wilczek eine freundliche Mittheilung über allfällige, weitere Maßnahmen, weil in dieser Stunde nicht bekannt sein konnte, welchen Fortgang die Ereignisse in Wien nahmen. Sogleich wurde beantragt, daß von Salzburg aus und auch im Namen von ganz Oberösterreich eine De= putation sich nach Innsbruck verfüge, und daselbst die glei= chen Gesinnungen und Bitten an Se. Majestät vorbringe. Ferner wurde beschlossen, daß auch die anderen Pro= vinzen aufgefordert werden, gemeinschaftlich Maßregeln zu berathen und zu ergreifen, welche zur Sicherstellung des konstitutionellen Staatslebens unter der gegenwärtigen Dy= nastie nöthig befunden würden; daß allenthalben auf Ein= heit, Beruhigung und Herhaltug der öffentlichen Sicherheit mit der gesammelten Kraft und Energie der echten Vater= landsliebe hingewirkt werde. Es wurde als Ziel des Ge= ammtstrebens festes Zusammenhalten aller Provinzen, ins besondere der gesammten deutschen Bevölkerung im Anschluße an Deutschland, erklärt, und bestimmt, Se. Majestät dringend zu bitten, den bisherigen, unverantwort= lichen Beirath zu entfernen und durch verantwortli= che Ministerial=Organe zu ersetzen. Zu einer allfälligen Berathung als Vorbereitung zum bevorstehenden Reichstage und zur Besprechung des Nöthi= gen wurde der 1. Juni d. J. bestimmt, und Linz der Ort der Versammlung bezeichnet. Die Deputation trat nun eilig ihre Rückkehr an, emp= fing unterwegs von sehr achtbaren, wohlunterrichteten Per= onen und Überbringern wichtiger Depeschen des Ministe= riums von Wien nach Tyrol die weitere, beruhigende Nach= richt, daß zu Wien den aufwühlenden konstitutionswi= drigen Tendenzen mit Kraft und Energie ein Ziel gesetzt werde und daß der gesunde Sinn der edlen Bewoh= ner Wien's den Sieg davon zu tragen im Begriffe sei. Die Deputation hielt es für ihre Pflicht, hiervon öf= fentlich die Kunde zu geben. Linz den 20. Mai 1848 W. Brunner. Ignaz C. v. Figuly. Vincenz Fink. J. H. Jungwirth. CLarl v. Planck. Die Abreise. Sonst gehen die Revolutionen vom Volke aus; dieß ist eine Hofrevolution. Kein Vorgang hätte Thron und Dynastie so tief erschüttern können, als dieser Schritt; das Haus Habsburg hat sich in die fürchterlichste Gefahr bege= ben. Aber auch für Land und Volk achten wir die Bege= benheit der heutigen Nacht als ein Unglück. Und fragen wir nach den veranlassenden Grund dieses ungeheuren Schrit= tes, so mischt sich in unsere Bestürzung der tiefste Unwil= len, denn wir finden zwischen Ursache und Wirkung ein fast komisches Verhältniß, und jede Maßgabe der Vernunft ver= chwindet. Ja, des Schrecklichen ist schon genug, wenn in einer verzweifelten Lage alles gewagt werden muß, um Al= les zu gewinnen; maßlos aber ist der Schmerz, der jede Seele ergreift, wenn das Gefährlichste gewagt wird, wenn Volk, Land, Dynastie mit einem schwindelnden Abgrund liebäugeln müssen — um ein Nichts! — Oder ist Jemand seicht genug, die Sturmpetition vom 15. Mai als einen ge= nügenden Grund von des Kaisers Abreise bezeichnen zu wollen? Wer verschuldete ihren ernsten Charakter, als die hartnäckigen Zögerungen der Minister? Wer kann behaup= ten, daß selbst in dem Momente der fieberhaftesten Aufre= gung die drohende Stimmung gegen Kaiser und Dynastie gerichtet war? Ja, sie war so gegen die Majestät gerich= tet, wie in den vulkanischen Märztagen, wo wir mitten un= ter dem heftigsten Feldgeschrei gegen die Tirannei das Haus Habsburg hoch leben ließen. — Und hätte sich am Morgen den 16. Mai der Monarch dem Volke gezeigt und fuhr er durch die Stadt, wie zwei Monate früher, so spannten sich wieder die Nacken der Unterthanen in das Joch seines Wa= gens, und der Jubel des Volkes trug ihn zu den Sternen empor. Warum haben die Satelliten des Kaisers ihm diesen Schritt nicht gerathen? Warum haben sie ihn nach Inns= bruck geschickt? Nicht der Kaiser war gefährdet, aber sie selber waren es in ihren feudalistischen Fantomen. Und darum mußte der Kaiser die Stadt verlassen. Der Adel war gebrochen, zur Strafe dafür sollte auch das Volk al= len Schrecken einer republikanischen Anarchie preis gegeben werden, darum mußte der konstitutionelle Kaiser einen Schritt thun, wie Ludwig XVI., darum sollte seine Abreise das Signal zu jedem gräuelvollen Verderben eines hauptlosen Staatskörpers geben. Ja wir schreiben diesem Tage seine Devise: Die Aristokratie benützte den Kaiser als Mittel ihrer Privatrache! — Aber feierlich erheben wir die Hände, und schwören im Angesichte von 34 Millionen verrathenen Mit= bürgern: nicht eher darf Österreich ruhen, als bis es dieses Verbrechen bestraft hat. Es muß untersucht werden, wer die Person des Kaisers in der Stunde seiner Abreise um= gab, und auf seinem Entschluß zu diesem Schritte Ein= fluß übte. Es muß untersucht werden, wer auch dem populären Erzherzog Franz Karl seinem künftigen Volk raubte, damit der Schlag vollständig würde. Die ganze Verschwörung der aristokratischen Hofcamarilla muß ans Licht eines öffentlichen Gerichtes — und wehe den Schul= digen! Des Hochverrathes klagen wir sie hiermit im Na= men der ganzen österreichischen Nation an; denn wenn Hoch= verrath kein leerer Schall ist, und irgend ein Verbrechen an Majestät und Volk diesen schrecklichen Namen trägt, so haben sie todeswürdigen Hochverrath begangen, die einen konstitutionellen Fürsten in nächtlicher Stunde ohne vorher= gegangenen Bekanntmachung, ohne den blassesten Schein= grund für diese unwürdige Eile zu einer fluchtähnlichen Ab= reise überredet. Gericht begehren wir schon für die Verle= tzung eines Privateigenthums, Gericht und Urtheil fordern wir für die Majestätsverbrecher welche an der österrei= chischen Nation in der Nacht des 17. Mai einen Regenten=Diebstahl begingen. Wiens Haltung am 18. Mai. Wenn der Monarch aus dem Lande weicht, so steht die Moral des Volkes auf der Probe. Die Majestät ist das verkörperte Gesetz, für Tausende kann es in der Idee aufgehoben scheinen, wenn es in der Person nicht mehr an= wesend ist. Die Majestät ist der Punkt, der alle Fäden des Staatslebens zusammenhält, das Gewebe löst sich auf und alles kreuzt und zerrüttet sich nach vereinzelter Will= kühr wenn dieser Einigungspunkt hinwegfällt. Aber Preis und Ehre und unsterblicher Ruhm unserer Stadt! sie hat in der Geschichte der Kultur einen bleibenden Lorbeer ge= wonnen. Wien hat d. 18. Mai das Signal zur tiefsten Ge= setzlosigkeit bekommen, und es ist ihm nicht gefolgt. Wien hat seinen höchsten Richter verloren und ist nicht schuldig geworden. Wien hat von seinem Oberhaupte sich verlassen gesehen, und jedes einzelne Glied wurde ein denkendes Haupt! Diese Thatsache ist einzig in der Geschichte der Völker, oder nicht viele dürften zur Herrlichkeit dieser moralischen Erschei= nung hinanreichen. Glänzend hat Wien die Berechnungen seiner Feinde Verderber und Wühler, jener aristokratischen Monarchen=Diebsbande zu Schanden gemacht, welche die Stadt dem äußersten Verderben preis zu geben, alle Par= theien zu entfesseln, alle Elemente zu verwirren und das Volk durch das Volk aufzureiben gedachte, indem es das

körperliche Gesetz vom Throne hinwegnahm. Das Eine ist ihr gelungen, aber das Andere nicht. Die Ursache wurde gegeben, aber die Wirkung blieb aus. Es gab keine Par= theien und keine Elemente in Wien, — es gab nur Eine Parthei und Ein Clement: das der öffentlichen Ruhe! In diesem Gedanken war die sämmtliche Bevölkerung mit be= wunderungswürdiger Haltung gleich und einig. Garde, Bürgerschaft, Studenten und Arbeiter, Radikale und Kon= stitutionelte Alles stand für ein und dieselbe höchste Idee der mensehlichen Gesellschaft ein — für das Gesetz. Wer Wien am 19. Mai sah, der mußte es ganz bewundern. Groß ist es eine Revolution zu machen, größer sie zu ver= hindern. Wien hat das erste und zweite gethan. Wien hat seit 8 Wochen die Bahn der Revolution betreten, und auf einer Bahn der Raserei die Besonnenheit bewahrt. Die lockende Verführung wurde ihm geboten, es zum äußersten, letzten Schritt dahin zu reißen, und die Stadt hat sich mu= sterhaft gezügelt. Fortschreiten und anhalten zu können, beides mit der Genauigkeit eines Compasses im rechten Mo= mente in können — das oder nichts verdient Bewunderung. Wien war das Ideal eines Volkes, — ein Volk, „das mit den Waffen in der Hand sich mäßigt.“ — Wir legen der Stadt unsere Huldigung zu Füssen. Und sollen wir die Ehre unserer Nation, wie sie sich d. 18. Mai so herrlich offen= barte, in einer kurzen Devise zusammenfassen, so schreiben wir unserm braven, österreichischen Volke dieses: Wie ein= zelnen Personen in gewissen Tugenden, Naturanlagen und Talenten sich vor Andern auszeichnen, so hat auch jede Nation Eine hervorragende Seite ihres Charakters, die es bis zur Genialität ausgebildet zeigt. Wien ist das Ge= nie der Ordnung. Unsere Zeit. Dänemark. General Wrangel, der Anführer des deutschen Bun= desheeres gegen Dänemark hat bereits Schleswig vollstän= dig besetzt und ist in Jütland eingerückt, das es wenn ihm das Glück der Waffen treu bleibt, nicht früher verlassen wird, bis nicht die Selbstständigkeit Schleswig Holsteins aner= kannt und die Blokade der deutschen Häfen durch deut= sche Kriegsschiffe ganz aufgehoben ist. Gott sei Dank, die Schande die Schlagadern des deutschen Handels die Elbe und die Weser durch eine so kleine Nation, wie die Dänen es sind, unterbunden zu sehen, wird uns zu einer deut= schen Flotte verhelfen die dann auch im Stande sein wird, unsere adriatischen Häfen zu schützen. Es ist zu erwarten, daß weder Schweden noch Ruß= land durch eine Einmengung in den Kampf Deutschlands mit Dänemark zu weiteren Verwikelungen führen werde. Der schwedische Gesandte in Berlin hat ausdrücklich im Auftrage seiner Regierung erklärt, daß Schweden sich jed= weden directen feindlichen Handelns gegen das deutsche Bundesheer enthalten werde und dem Könige von Däne= mark die 15 tausend Mann nur zum Behufe der Besetzung und Beschützung der dänischen Inseln zugeschickt habe. Eben= so hat auch der schwedische Ministerpräsident zu Hamburg dem Senate angezeigt, daß Schweden keine Maßregeln gegen Deutschlandes Handel und Schiffahrt ergreifen wer= de, sondern noch wie vor die schwedischen und norwegischen Gewässer unbehindert von den deutschen Schiffen befahren werden können, so lange keine Feindseligkeiten gegen diese Länder ergriffen würden. Rußland hat an Preußen eine Note gerichtet, wor= in es um Erklärung wegen des Einrückens in Jütland bittet. England scheint sich doch der deutschen Angelegenheit freundlich annehmen zu wollen. Am 5. Mai haben in Stettin 14 englische Kapitäne Protest gegen das Verfahren der den Schwinemünder Hafen blokirenden dänischen Fre= gatte eingelegt; und am 11. Mai ist Herr Bligh, der englische Gesandte in Hannover, durch Hamburg schleu= nigst nach Kopenhagen gereist, mit Instructionen von Lord Palmerston die Friedensunterhandlungen energisch zu be= treiben. General v. Wrangel gab am 3. Mai aus Fridericia aber einen Tagsbefehl, worin es schließlich heißt: Nach diesen Erfolgen will ich Euch (seine Truppen) jetzt Ruhe geben, um neue Kräfte zu neuen Siegen zu sammeln, denn nicht eher darf der Krieg enden, als bis die Rechte unsers gemeinsamen Vaterlandes vollkommen gesichert sind und jeder durch denselben entstandene Schadenersetzt ist. Bis dahin bleiben wir beisammen. Frankreich Die gesetzgebende Gewalt in Frankreich ist gegen wärtig das National=Convent in Paris. Die vollziehende Gewalt ist in die Hände einer Regierungskommission gelegt worden, die aus drei Männern zu bestehen hat, und die der edle Lamartine, Marrast und Garnier=Pages gewählt worden sind. Diese vortrefflichen Männer wollen Frank= reich zu einer starken Republik auf Grundlage der Tugend und des Rechtes ausbilden, sie wollen die Ideen der Re= publik Niemanden, am allerwenigsten mit Gewalt der Waffen aufdringen, doch der Selbstständigkeit ihres Va= terlandes mit Nachdruck gegen aussen wahren. Der Cha= rakter dieser drei Regierungsmänner, so wie der Umstand, daß die Nation eben sie wählte, sichert uns für die nächste Zukunft vor einem Kriege mit Frankreich, den wir fürchten müssen so lange Deutschland nicht einig ist. Hätten wir einen Mann wie Lamartine! Die Nationalversammlung ist flüßig in ihren Zusam= mentretungen. Eine der Hauptfragen, welche sie zu be= antworten trachtet, ist die Errichtung eines Ministeri= ums der Arbeit. Sehr richtig sagte Louis Blanc: Erst mit Vollendung der Organisation der Arbeit macht man „die Revolution des Hungers“ die furchtbarste vor allen, unmöglich. Auch ist die Nationalversammlung bedacht das Al= penheer mehr und mehr imposant hinzustellen. Eine Divi= sion Fußvolk von 3 Brigaden, die ganz organisirt eben aus Afrika kam, unter dem Kommando des Divisionsge= neral Loiré d' Arbouville, ist bereits auf dem Marsche um ich nach Avignon zu begeben. Das Alpenheer soll 50 tausend Mann stark werden. Italien. Der Pabst ist endlich der Übermacht seines Volkes ge= wichen und hat seine Zustimmung zu dem sogenannten hei=

ligen Kriege gegeben, der die Barbaren, (das sind die Deut= schen), aus Italien vertreiben soll. Der Brenner soll die Gränze Italiens werden. Bis dahin dürften wohl auch etliche gut gezielte Schüße aus Tyrolerstutzen fallen und das Schwert von Italien mehr Scharten bekommen als ihm lieb ist. Der Ruf um Herstellung einer Republik in Neapel wird immer lauter. Der König soll erklärt haben: Wenn seine Unterthanen durchaus eine Republik wollen, so möch= ten sie es ihm nur einige Stunde vor Einsetzung derselben erklären. Er wolle sie darnach nicht mehr hindern, sich nach Herzenslust untereinander zu berauben und todtzuschlagen. Da haben wir einen König der sich fürchtet selbst mit dem Davonlaufen zu spät zu kommen. Neapel säumt nicht immer mehr Truppen nordwärts zu schicken. Von 30. April an marschirten täglich 5-600 Mann neapolitanischer Linientruppen durch Ancona. Am 5. Mai sind hier vier neapolitanische Dampfer, ein Fre= gatte und eine Brig mit Truppen angekommen. Die ganze Expedition zählt 5000 Mann. *) *) Ist bereits in dem Hafen von Venedig eingelaufen und es hat sich die öster= reichische Flotille nach Pola zurückgezogen. Wo bleiben denn die englischen Kriegsschiffe die uns vertheidigen sollten? Der römische Minister Mamiani befahl die Bildung eines Reservekorps von 6000 Mann. In Turin fand am 8. Mai die Eröffnung des Natio= nalparlamentes statt, und Prinz Eugen, der Stellvertreter des Königs, sagte in seiner Eröffnungsrede: „Wenn es geschieht, daß die gewünschte Verschmelzung mit andern Theilen der Halbinsel sich er= füllt, so werden diese Veränderungen in der Weise vor sich gehen, daß sie dazu nutzen Sardiniens Geschichte grö= ßer zu machen, und diesem Lande jenen Grad der Macht erreichen zu lassen, zu dem es zum Wohle Italiens die Vor= sehung führen will. Der bekannte Vincenzo Gioberti, der Verfechter des „einen norditalischen Staates unter dem konstitutionellen Carl Albert“ wurde am 7. Mai in Mailand mit großen Beifall empfangen. Seine Worte sind: Alle Provinzen Oberitalien sollen rasch in Einen Staat zusam= mengeschmolzen werden, — Mailand sei die Haupt= stadt dieses Staates, .... Mazzini, das Haupt der Re= publikaner, scheint vorläufig nichts dagegen zu haben, er hielt wahrscheinlich Gioberti's Ansicht für einstweilen passend. D. Red. Zur Geschichte des Tages. Auch den braven Steiermärkern, denen gewiß noch niemand die Liebe zum regierenden Kaiserhause abgesprochen hat, ist bereits bei Betrachtung der jesuitisch=aristokratischen Umgebung, in der sich unser Kaiser befand, um ihre Frei= heit bange geworden. Nicht daß sie geglaubt hätten, die Freiheit werde den finsteren Waffen dieser Parthei unter= liegen müssen, aber sie wollten blutige Kämpfe vermeiden, welche diese schleichende Wölfe im Schafskleide so gerne heraufbeschwören. Sie erließen daher eine Adresse an den Kaiser mit der Bitte diese der Freiheit so gefährliche Um= gebung von sich zu entfernen und sich mit Männern, die das Vertrauen des Volkes besitzen, zu umgeben. Eine gleiche Adresse ist auch an den Erzherzog Johann abgegangen, der bereits die Steiermärker um zwei aus ihrer Mitte frei ge= wählte Adjutanten gebeten hat. Ein Steiermärker (der uns heute diese Begebenheit selbst erzählte) reiste dieser Tage durch Gablitz, eine Station von Budweis wo ihm ein Czeche die deutsche Kokarde, die er trug, abreissen wollte. Der Reisende frug den Gewalt= thätigen, was er wohl thun würde, wenn man ihn seiner Nationalkokarde beraubte. „Ich würde jedem, der dieß wagt ein Paar Ohrfeigen geben,“ war die Antwort. „Ich stäche meinen Mann nieder,“ sagte der Steiermärker. Der Czeche ließ hierauf von ihm ab und unser Freund erreichte glück= lich Budweis. Hier erzählten ihm auf der Ressource eine Menge von Czechen, daß sie und ihre Brüder im Lande nicht die mindeste Abneigung gegen die Deutschen hegten. Der ganze auf die Spitze getriebene Slavismus und Deutschenhaß sei nur das gewaltsame Werk von ein paar hundert Stok= aristokraten, die der Freiheit, die das deutsche Element bringt, gram sind und im Slaventhum die alte übermüthige Herr= schaft wieder zu gewinnen hoffen. Möchten doch diese Leute die Wahrheit gesprochen haben! Um der in Wien nach der Abreise des Kaisers ent= standene Furcht vor einem Staatsbankerotte zu begegnen, haben die Minister erklärt, daß bei den vorhandenen Hilfs= mitteln des Staates an einer solchen nicht zu denken sei. Ebenso erklären in der Wienerzeitung das Großhandlungs= Gremium und der n. ö. Gewerbeverein, daß sie die Bank= noten noch beständig um dem vollen Nennwerth als baares Geld an Zahlungs statt annehmen. Briefe. Wien 20. Mai. Wir waren heute auf einer mehrstün= digen Wanderung durch Stadt und Vorstädte begriffen und konn= ten zu unserer wahrhaften Befriedigung bemerken, wie überall die vollste Ruhe und Ordnung herrschte. Man hatte Mühe, zu denken, daß wir uns nach den glorreichen März= und nach den verhängnißvollen Maitagen befinden Die Arbeiter an ihrer Arbeit, der Kaufmann in seinem Laden, der Fabrikant im Be= triebe, der Handwerker in seiner Arbeitsstube, der Kunstler hin= ter seiner Staffelei; — die Fragen: „Wo ist unser Kaiser? Wann wird er zurückkehren? Welche ist unsere nächste Zukunft und überhaupt, welche Zukunft?“ bewegen wol Aller Herzen, aber nach Außen hin herrscht Ruhe und Ordnung, und wir hoffen, daß sie uns bei dem trefflichen Sinne der Wiener Bevölkerung erhal= ten werden wird. Beunruhigender sind die heute einlaufenden Briefe aus den Provinzen, die sich die Abreise des ganzen Hofes nicht erklären können und geneigt sind, sie durch einen gewaltsa= men Schritt der Residenzbewohner veranlaßt zu glauben. Wo ist die Person des Kaisers sicherer aber als in Wien? Dieser Fürst hat keinen Feind und jedes gekrummte Haar auf seinem Haupte hätte die Wiener zu einer Schutzarmee fur ihn aufstehen gemacht. Wir werden, hoffe ich, in wenigen Tagen im Falle sein, einen Blick in die Intriguen werfen zu können, durch die der gütige Kaiser aus dem Herzen seiner Monarchie entführt wurde. Erklärung und Aufforderung. In der „Constitution“ erscheinen in den letzten Blättern Aufsätze von ausgesprochener Animosität gegen den Fürsten Lam= berg mit W. A. unterzeichnet. Diese wurden mir von mehren Seiten zugeschrieben und übel gedeutet, da man die freundschaft= lichen Beziehungen kennt, in denen ich zu dem Fürsten stehe, und deshalb ich auch bestimmt erkläre, daß diese Aufsätze nicht von mir sind, wobei ich zugleich den Redakteur der „Constitution“ auffordere, diese Erklärung in sein Blatt aufzunehmen Fried. Wilh. Arming. Mit einem Anzeiger Nr. 14. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr. Abends wird ein Ergänzungsblatt zu dieser Nummer ausgegeben.

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