Zwanglose Blätter, Nr. 18, vom 18. Mai 1848

fehlt erst noch die Definition von Seite aller übrigen Wahlmänner, um meine Behauptung Lügen zu strafen. Es muß erst bewiesen werden, ob Ihre einzige wahre Liebe und mein eher 10mal österreichisch als 1mal deutsch wirklich zwei verschiedene Begriffe sind. Sie sagen kein Wähler hat von Ihnen eine andere als ihre eigene Ueberzeugung verlangt. Das dürfte wohl so zu lesen sein: die Wähler verlangten etwas von Ihnen, was zufällig Ihre eigene Ueberzeugung war. Denn ob man es dem Gewählten überlassen wollte, ganz frei nach seiner wie immer gearteten Überzeugung zu handeln darüber dürften in dem Briefwechsel des Hr. F. Redtenbacher mit dem Comite Aufschlüsse zu finden sein. Alex. Julius Schindler. Beitrag zur Geschichte der Kabinette. Aus höchst glaubwürdiger Quelle wird uns folgende Begebenheit als Grund von Zaninis Rücktritt angegeben: Derselbe wollte um doch dem bedauernswerthen Zustande unserer Armee in Italien abzuhelfen, alle sich hier und in den angränzenden Ländern befindlichen Artillerie Bespan¬ nungen als Abhülfe dahin absenden. Als er jedoch diesen Entschluß dem Artillerie=Direktor Erzherzog Ludwig mittheilte verweigerte dieser entschieden seine Zustimmung. Der Kriegsminister, anstatt dem Artillerie Direktor ganz ruhig zu sagen, dieß ist mein Wille, zog es leider vor, unter dem Vorwande, daß, wenn der Krieg in Italien nicht nach Wunsch gehen sollte, man in seinem wälschen Namen (er ist jedoch von der dalmatinischen Gränze) einen Grund zur Gehässigkeiten suchen würde, seine Entlassung zu nehmen. Dieß die Darstellung der Thatsache ohne jede weitere Bemerkung. Zur Geschichte des Tages. In vielen Blättern lesen wir, daß es eben eine kindische Befürchtung sei, das slavische Element im Kaiserstaate wolle und werde uns knechten. Ein neuerlichster Vorgang der sich am 8. d. M. im Schooße des zechischen NationalComites zu Prag (in Spanien würde man es eine revolutionäre Junta nennen) ereignete, beweißt zur Genüge, daß es unsern slavischen Brüdern keineswegs an der gedachten Absicht fehlt, und daß sie in der Wahl der Mittel, sie zu erreichen, eben nicht ängstlich sind. Was war das vor einem Jahre noch für ein Zusammenrotten und Protestiren um die Jesuiten aus Prag hinaus zu bringen, und heute werden Stimmen im National=Comite laut, so giftig, verläumderisch, eigennützig und scheinheilig listig, wie man sie je von Jesuiten in kurzen Reden vernahm. Es trafen am 8. d. M. im Comité Briefe ein, welche die in Wien gegen den Minister Fiquelmont (doch nur gegen diesen) gerichtet gewesene Demonstration berichteten, in deren Folge der einer absolutistischen und russenfreundlichen Politik verdächtige Staatsmann abdankte. Graf Wurmbrand machte sogleich dem Comité den Antrag: „Nachdem man nach den eben erhaltenen Nachrichten nicht zweifeln könne, daß selbst die geheiligte Person des angestammten Königs (so nennt eine Provinz den konstitutionellen Kaiser des einigen starken Oesterreichs) gefährdet erscheine, so trage er darauf an, durch eine Deputation Se. Majestät bitten zu lassen, bis zu ruhigeren Zeiten, seinen Aufenthalt in Prag zu nehmen. Das ist eine der saftigsten Früchte der Hinterlist und Tücke, wodurch sich die slavische Nation in der Geschichte, nebst manchen unantastbaren Tugenden (darunter ein kräftiger Sinn für Nationalität, der den meisten Deutschen abgeht) bemerkbar gemacht hat. Wann war in und seit den Märztagen die Person des Kaisers auch nur einen Augenblick gefährdet? Nicht die gewagte Oktroyrung der Constitution, nicht das miserable Wahlgesetz konnten es dahin bringen, daß sich auch nur eine Hand gegen ihn erhob! Was wollen also die Czechen mit ihrer Verläumdung? Das Wasser trüben um drinnen zu fischen. Der Kaiser in Prag. Da ließe sich mancher Handstreich ausüben. Die Ungarn wollen ihn nach Ofen. Ich sehe gar nicht ein, warum wir Deutsche uns da bedroht fühlen und uns gerne zu Schutz und Trutz mit unsern deutschen Brüdern draußen verbünden. Die adriatischen Häfen, die schöne Morgengabe Oesterreichs an Deutschland, werden uns die Slaven mit ihrer Uebermacht allerdings erobern helfen, — oder besser gesagt, wir werden ihnen bei dieser Eroberung helfen und beschämt froh sein müssen, wenn die schöne Braut unsere leere Hand nicht verschmäht. Pfefferkörner. Die unverantwortlichen Minister werden wir, wie es scheint durchaus nicht los. Den Grafen Hartig lese ich so eben auf einem Edikte, das die Einwohner der Provinz Friaul beruhigt, daß auch sie die Früchte der Constitution, die für das Lombardisch=Venetianische Königreich zwar nicht gegeben ist, mit genießen werden als Staatsminister unterschrieben. Kann darin gar keine Änderung getroffen werden? Müssen den diese Anomalien in einem konstitutionellen Staate fortbestehen, wo die Verantwortlichkeit der Minister verfassungsmässig garantirt ist? In Konstantinopel besteht eine recht brave Sanitätspolizei. Namentlich ist das Hinschütten des Mistes und Unrathes auf offene Strafsen in Städten sammt Vorstädten, so wie das Ausmünden der Kloaken auf dieselben strengstens untersagt. Das Ministerium der Justiz hat veranlaßt, daß eine Kommission in diejenigen Länder abgesendet werde, wo Schwurgerichte und mündl. und öffentl. Gerichtsverfahren bestehen, damit sie dort die nöthigen Erfahrungen einsammle, um auch bei uns diese Institute einführen zu können. Wie wäre es denn, wenn wir aus unsern Mauern eine Kommission nach Konstantinopel absenden würden, die dort die nöthigen Erfahrungen zu sammeln hätte, auf welche Weise die oben erwähnten und in der Hauptstadt der Türkei bereits abgeschafften Mißstände auch bei uns zu beseitigen wären. Mit einem Ergänzungsblatte Nr. 6, u. Anzeiger Nr. 12. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr,

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