Die erste Stimme in der Wienerzeitung hat im Nr. 126 desselben Blattes eine kurze Entgegnung gefunden die jedoch den Namen einer Widerlegung darum nicht verdient, weil sie eben nichts widerlegt. Wenn es im ersten Aufsatze heißt, die Gesammtheit der gegenwärtigen Advokaten bilde eine Zunft, so führt der zweite Aufsatz dagegen an daß die Advokaten sich nicht selbst, sondern daß der Staat sie dazu gemacht habe. Mithin ist statt aller Widerlegung eingestanden, daß die Advokaten wirklich eine Zunft bilden. Der zweite Hauptvorwurf des angreifenden Aufsatzes trifft die Langsamkeit der Erledigung aller den Advokaten von Partheien anvertrauten Geschäften. Als Ursache dieser Langsamkeit führt aber die Entgegnung die Vorschriften der Gerichtsordnung an und sagt mit farisäischer Naivität, jeder Advokat müsse und werde zu Folge eines natürlichen Triebes seine Prozesse so schnell als möglich zu Ende bringen, denn nach der Arbeit erhält er der Lohn und je schneller eine Sache erreicht wird, desto größer ist das Verdienst. Es sei daher weder eine Ehre noch ein materieller Gewinn für einen Advokaten eine Rechtsführung in verzögern. Ohne sonst näher auf die Fysiologie der Advokaten eingehen zu wollen, müssen wir erklären von einem natürlichen Triede, die anvertrauten Prozesse so schnell als möglich in Ende zu führen, bei den uns bisher bekannt gewordenen Aovokaten noch keine Spur wahrgenommen zu haben. Auch ist es gar nicht mit den gemachten Erfahrungen übereinstimmend, daß die Advokaten ihren Lohn erst nach der Arbeit dahin nehmen. Vorschüsse, aconto Zahlungen, auch Zurückhaltung von Geldbeträgen, die dem Advokaten von Gegnern für seinen Klienten einbezahlt wurden, sind an der Tagesordnung und wohl allgemein in ErinnerungDer Verfasser der Entgegnung, er nennt sich Hr. E. und gesteht daß er selbst Advokat ist, hat mit seiner Behauptung nicht ganz Unrecht; "Je schneller man eine Sache erreicht, desto größer ist das Verdienst." Der Wahlspruch der bisherigen Advokaten scheint aber gewesen zu sein: „Je langsamer man eine Sache erreicht, desto größerer ist der Verdienst.“ Ebenso wahr das ist, daß die Verzögerung einer Rechtsführung den Advokaten keine Ehre gemacht hat, ebenso unwahr ist es, daß ihnen eine solche keinen materiellen Gewinn gebracht habe. Dessen seid ihr uns Zeugen ihr Tausende und aber Tausende von Terminsgesuchen, Tagsatzungserstreckungen, Vergleiche auf das schriftliche Verfahren, mangelhafte Vertretungen, restilutiones in integrum u. s. f. Dessen seid ihr uns Zeugen ihr Expensnoten, namentlich ihr ewig wiederkehrender Posten: Gesuch um Tagsatzungserstreckung verfaßt *) 2 fl Abschrif 36 kr. Wenn solche Posten in einer Expensnote 30—40 Mahl wiederkehren, so sieht die Summe doch wahrlich einem materiellen Gewinn ähnlich. Aber beide der Angreifer und der Vertheidiger des bisherigen Advokatenstandes vereinigen sich zuletzt friedlich im vollkommensten Einverständnisse über den Punkt, daß zur Advokatie Alle jene berechtigt sein sollen, die Doktoren der Rechte sind, eine mehrjährige Praxis bei einem Advokaten genommen und eine besondere Staats= (Advokaten) Prüfung abgelegt haben. Diese Erfordernisse erscheinen jedem der beiden Herren gänzlich unabweisbar, da der eine bereits Advokat, der andere aber Doktor juris, mit der Advokatenprüfung und Advokatenpraxis ausgerüstet ist. Es ist also den beiden Herren nicht um die Abschaffung eines zumal den Bewohnern des offenen Landes höchst drückenden Monopols zu thun, son- *) Meistens 10-12 Zeilen. dern eine Klasse Männer, die sich zur Partheienvertretung ausschließend befähigt hält, wünscht in die Reihe der Monopolberechtigten einzutreten. Diese Anmaßung einer ausschließenden Befähigung findet im Eingange erwähnten Aufsatzes (Nr. 15 d. Bl.) eine ruhige und begrundete Würdigung. Wir sprechen somit die Berechtigung zur Ausübung der Advokatie für jeden vom Staate geprüften und beeideten Civil= und Criminalrichter an, der ein öffentliches Richteramt ausübt. Denn es wäre kurz gesagt Verrath an den Rechtsbedürftigen, ihnen einen Mann zum Richter aufzustellen, der nicht einmal die Befähigung hat, seine Rechtsache oder die so er zu der seinigen gemacht hat mit Gewandtheit und der erforderlichen Gesetzkenntniß vor dem Gericht zu führen. Beider bedarf man um ein verläßlicher Richter sein zu können und ein Mehreres wird man auch von einen Advokaten nicht verlangen. Wir erwarten in unserer Provinz, wo so viele tüchtige Richter in Amt und Ansehen stehen, bald eine Vereinigung derselben zu dem Zwecke, die Schritte zu erwägen und vorzubereiten, die bei den versammelten Reichsständen zu geschehen haben, daß das Volk von der Last eines drückenden Monopols befreit, andererseits aber eine ehrenvolle Erwerbsquelle allen jenen eröffnet werde, die daraus zu schöpfen befähigt und berechtigt sind Unsere Zeit. Dänemark. Schleswig=Holstein ist frei, — die Bundestruppen haben gesiegt, — die Dänen sind geschlagen, — ihre Armee ist in eiliger Flucht nicht mehr zum Stehen gekommen, und wenn sich auch ein Großtheil derselben noch in ganz leidlichem Zustande auf Alsen befindet, so wird Wrangel, der General „Drauf“ auch dafür Mittel und Wege finden, und insoweit hat das Generalkommando der Herzogthümer Schleswig=Holstein Recht, wenn es der Hingebung Deutschlands seinen wärmsten Dank ausspricht und die an vielen Orten für diesen Zweck gebildeten Komites ersucht, ihm fortan keine Freiwilligen mehr zuzusenden, da es ihrer nicht weiters benöthiget; — insoweit hat es recht, und SchleswigHolstein hat sich auch selbst dann nicht zu sorgen, wenn das Gerücht wahr ist, daß Schweden und Norwegen sich rüstet, um Hilfsruppen gegen Preußen zu senden; aber wir können nicht einstimmen in den Jubel unsere deutschen Brüder frei zu sehen von der fremde Herrschaft, — nur die Landarmeen des Dänen sind geschlagen, seine Schiffe sind noch unversehrt. Hundert und dreißig Meilen weit, von Königsberg bis Emdem, liegen unsre Küste ihm offen; in die Mündungen unsrer Ströme kann er einfahren, sobald es ihm beliebt, und beinahe auch so tief landeinwärts als es ihn gut dünkt. Stettin und Lübek, Rostok und Hamburg, Kiel und Emdem, Bremen und Wismar sind ihm preisgegeben, und das Meer hat für uns Deutsche aufgehört eine Quelle des Erwerbs zu sein.*) Bereits fliehen unsere schutzlosen Kauffahrer vor den raubenden Kriegsschiffen des Dänen in die sicheren Häfen und wagen nicht mehr in See zu stechen, Einfuhr und Ausfuhr stocken, — das baare Getd verliert sich, — Handel und Gewerbe im weiten Binnenlande von Deutschland erfahren allüberall schweren Rükschlag.... vierzig Millionen Menschen sind in ersten Jubelrausch ihrer politischen Wiedergeburt der Laune eines Volkes unterworfen, das weniger Dörfer zählt als wir Städte, *) Die Blokade der Elbe durch ein dänisches Kriegsschiff machte am 4. Mai große Sensation an der Hamburger Börse. Die nach den Vereinigten Staaten bestimmten Schiffe mit Auswanderen müssen nun auch im Hafen liegen bleiben.
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