(meist gut geschriebenen) Artikeln bestimmt und hingerissen, hielt sich die Masse an das Wort Staatenbund als den einzigen Hoffnungsanker und „ein einiges starkes Österreich“ klang ihr besser in die Ohren als ein einiges starkes Deutschland. Der intelligentere Theil mit seinen national=deutschen Gesinnungen drang nicht durch, und jene welche sich auf einen höhern allgemeinern Standpunkt zu einer freieren Umsicht und Ansicht der Dinge erschwungen haben, die der Interessen der Gegenwart und Zukunft einige hohle wesenlose Begriffe, angelernt in der Zeit des alten Systems, aufzuopfern wissen und unter Vaterlandsliebe etwas Höheres als den alten kaiserlichen Schwarz=Gelb=Patriotismus verstehen, blieben die Besiegten. Es ist traurig. Unrichtig aber wäre die Folgerung daß es hier an allem Keim eines deutschen Nationalgefühls unter dem Volke fehle. Das eigentliche Volk (der Bauer?) und der Gebildete reichen sich in ihren Sympathien die Hand. Über die treuherzigen häufig recht verständigen Bauerngesichter strahlte es freudig, daß man sie jetzt um ihre Stimmen und Meinungen befrage, und häufig hör ich von ihnen: „Die Deutschen sollen zusammenhalten, wir Deutschen müssen zusammenhalten, das ist uns schon recht.“ Dem Großtheil hat man aber irrig Begriffe von dem sogenannten „starken Österreich“ und umgekehrt „von dem Aufgehen Österreichs in Deutsch land“ beigebracht. Man glaubt die Interessen des Landes Österreich müßten den würtembürgischen, bayerischen, preußischen geopfert werden. Man glaubt der Credit und alle finanziellen Fragen knüpfen sich an die Nothwendigkeit eines großen Österreich. Man glaubt Österreich würde von dem übrigen Deutschland verspeist, ungefähr wie man sonst eine eroberte Provinz zu verspeisen pflegt. Wie war es aber möglich diesen irrigen Begriffen entgegen zu wirken? Wahlkomités sind nur für Städte; dort können sich die Gleichgesinnten schaaren; auf dem Land vertreten die Zeitungen, der Schulmeister, der Pfarrer, ein Beamter wenn er im Bezirke die Achtung genießt, ein populärer Wirth ihre Stelle. Die Arme des best organisirten Wahlkomités reichen nicht in unsere Berge, in die entfernten zerstreuten und einschichtigen Bauerndörfer. Der Staatenbund hat also gegenwärtig unbestritten den Sieg davongetragen, aber dennoch einen sehr präkären, denn nur die perfide Verahrungsweise seiner Parteigänger errang diesen Sieg, nicht eine im Volke wurzelnde feste und klare Ansicht der Dinge. Hat man ja doch den Bundesstaat unsern Leuten als verkappte Republik vorspiegelt, ein Wort welches hier entschieden gehaßt, gefürchtet, als gleichbedeutend mit allen Schrecken der Anarchie, des allgemeinen Bürgern= und Bauernkrieges, mit Mord und Todschlag gehalten wird. Mögen diesen Umstand unsre deutschen Brüder draußen wohl beherzigen! Ich wiederhole: der Sieg des Staatenbundes ist nur ein augenblicklicher. Unser Denken und Fühlen datirt seit so kurzer Zeit. Alles sind Keime, aber gesunde, viel versprechende. Ja selbst von den im Sinne des Staatenbunds Erwählten dürften sich noch viele dem Bundesstaat anschließen, wenn sie nach eigener reifer Überlegung dem Pedantismns hohler Begriffe sich entrungen und das wahre Beste Österreichs, das nur Hand in Hand mit den den deutschen Interessen geht, vollkommen erfaßt haben werden. Ich vertraue dem gesunden Sinne des herrlichen österreichischen Volkstammes und seiner Deputirten." Zwischen dem Tage, an dem Hr. Camillo Wagner gewählt worden ist und jenem, an dem er diesen Aufsatz schrieb, liegt ein Wendepunkt, ein dunkler Punkt! Ist es derselbe Punkt über den Saulus auf der Strasse vor Damascus ritt? Auf welchem eine Stimme vom Himmel ihm zurief: „Saulus, warum verfolgst du mich?“ Auf dem Saulus vom Pferde stürzte, sich das Gesicht verhüllte und zum Paulus wurde? Paulus hat sein Bekehrungswunder während seines Lebens oft und aufrichtig erzählt und damit viele seiner früheren Anhänger bekehrt. Möge doch Hr. Camillo Wagner wenigstens in diesem Stücke dem größten der Apostel nicht nachstehen. Er der in dem obigen Aufsatze so deutlich ausspricht: „Selbst von den im Sinne des Staatenbundes Erwählten (darunter er war), durften sich noch Viele dem Bundesstaat anschließen“ kann doch unmöglich ohne Hoffnung leben, daß ein solchen Bekehrungsversuch von heilsamen Folgen sein wird. Ich verschmähe gänzlich die banale Taktik, nach dem die Wahl auf einen Andern gefallen ist zu sagen: „Es sei mir an den Deputirtenstelle nicht viel gelegen gewesen.“ Ich sage hier offen: „Es war mein innigster Wunsch als Mitglied des deutschen Parlamentes für mein Vaterland wirken zu können, und daß die Wahl meiner Mitbürger nicht auf mich fiel, traf mich schwer und schmerzlich. „Man hat mich einer Gesinnung willen, zu der ich mich vor der Wahl offen bekannte, zurückgesetzt, und mir einen Mann vorgezogen, der dieselbe Gesinnung entschieden nach der Wahl aussprach. Wenn an dem Manne ein Bekehrungswunder nicht statt fand — und Wunder geschehen nicht alle Tag — so ist zwischen mir und ihm nur der Unterschied, daß ich meine Gesinnung offen darlegte, während er die seinige schlau verbarg. Alex. Jul. Schindler. Gegen das Monopol der Advokaten und die Monopolgelüste der übrigen Doctores Juris. Gleichzeitig mit dem Artikel „Freigebung der Advokatie“ in Nr. 15. dieser zwanglosen Blätter wurde auch eine Stimme in der Wienerzeitung gegen das schädliche Zunftwesen der Advokaten laut. Dieses gleichzeitige Aufgreifen und Behandeln derselben Fragen in den in ihrer Richtung verschiedensten Blättern des Vaterlandes dürfte uns wohl hinlänglich gegen den Vorwurf zu schützen im Stande sein, wir und fast nur wir suchten das Bestehende anzugreifen ohne Zwek und nützlicher Absicht.*) Dieser Vorwurf wird uns von mehreren unserer Leser, aufs Heftigste aber von gewissen Individuen gemacht, die unsere Blätter zwar nicht lesen, aber desto eifriger beschimpfen, die aber noch obendrein in einem solchen Urzustande der Bildung leben, daß sie die Sache von der Person nicht zu unterscheiden wissen und sich gegenüber der Letzteren in die Reihe jener eklen Gassengeschöpfe stellen die in ihrer Mißstimmung über das gegen sie karge Schicksal oder im Rausche die Vorübergehenden mit Koth bewerfen.
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