Zwanglose Blätter, Nr. 16, vom 11. Mai 1848

Wahlgesetze, sonst werden die Wahlen wieder so überstürzt und fallen in der Mehrzahl wieder so untüchtig, wir möchten sagen so unsinnig aus, wie dieß bei dem Großtheil derselben zum deutschen Parlamente der Fall gewesen ist. Es ist (nach einer amtl. Eröffnung der Wienerzeitung), eine Anzahl von Justiz=Männern in jene Länder des deutschen Bundes wo öffentliches Gerichtsverfahren und Schwurgerichte bestehen, ferner nach Belgien abgesendet worden, um „durch die lebendige Anschauung die praktische Bewährung dieser Einrichtungen zu erfassen, und nach geschehener Rückkehr mit den gesammelten Erfahrungen bei der Einrichtung dieser Institute dem Vaterlande zu dienen. Wenn also diese Kommission auf ihrer Reise fände, daß sich diese Institute, nach ihrer Meinung praktisch nicht bewähren: bekommen wir dann vielleicht kein öffentliches Gerichtsverfahren? keine Schwurgerichte? ungeachtet des §. 29 der „Verfassungs=Urkunde“? Man wende uns nicht ein, der in Rede stehende Satz des Ministerial=Erlasses sei nicht so gemeint, oder dürfe nicht so verstanden werden. Wir glauben in unserm guten Rechte zu sein, wenn wir verlangen, daß man derlei Erlasse präcis und vorsichtig stilisire. Von den 6 Gliedern der Kommission erfreut sich nur Hr. Josef Kitka in weiteren Kreisen eines erheblichen Rufes als Rechtsgelehrter. Ein Baron und ein Ritter waren wieder unvermeidlich, ohne daß bis jetzt von Ihren Talenten und ihren Wirken etwas ins Publikum gedrungen wäre. Pfefferkörner. Der Minister des Inneren hat nach einer amtlichen Eröffnung in der Wienerzeitung vom 3. Mai d. J. die Verfügung getroffen, daß die zur Nationalversammlung in Frankfurt gewählten Abgeordneten für die Reisekosten einen Betrag von 100 fl. C. M. und für die Diäten pr. Monat einen Betrag von 150 fl. C. M. erheben können, und ihnen diese Beträge über ihre Anmeldung durch die Länderchefs angewiesen werden sollen. Wir finden dieses kärgliche Ausmaß entwürdigend. Fünfzig Gulden zur Hin= und ebensoviel zur Rükreise nach und von Frankfurt am Main genügen kaum für einen Studenten der mit fröhlichem Herzen, wenigen Bedürfnissen und ebensowenigen Ansprüchen aus seiner österreichischen Heimath einen Ausflug nach der alten Kaiserstadt unternimmt. Ein deutsches Parlamentsmitglied aus Österreich ist aber doch gewiß äußerlich nicht in der Stellung eines Studenten der sich eine nette wohlfeile Kneipe sucht. Um aber in einem anständigen Hotel zu leben und sonst in den Formen aufzutreten, die wir uns von einem deutschen Parlamentsmitglied unmöglich weg denken können, reichen fünf Gulden täglich ganz gewiß nicht hin. Oder hat die Bureaukratenseele, die dieses schale Ausmaß herausklügelte, den sublimen Gedanken gehabt, das Parlamentsmitglied in Besoldung und Diät mit einer bestimmten Beamtenklasse gleichstellen zu wollen, deren Stellung ihr gleich hoch mit der eines Parlamentsmitgliedes galt? Da fiele ein solches in gleiche Kathegorie mit Rechnungsräthen, Buchhalten, Expeditsdirektoren u. dgl. Das ist schon die rechte Ansicht. Derlei Schreiberleute und ein deutsches Parlamentsmitglied brauchen so ziemlich gleiche Eigenschaften und Kenntnisse, haben auch gleichen Wirkungskreis und mithin für das Vaterland gleiche Bedeutung. Es ist recht tröstlich, wenn unsere hohen Behörden durch ihre Verfügungen beweisen, wie richtig sie die welthistorische Aufgabe des deutschen Parlamentes auffassen und wie hoch sie dasselbe in seinen erwählten Mitgliedern achten. Nach unserer Meinung wäre mit einem Reisepauschale von 300 fl. C. M. und einem täglichen Diätenbetrage von 10 fl. C. M. eben noch nichts Überflüssiges bewilligt. Es ist eine ausgemachte Wahrheit, daß die Zahl der Beamten bei uns vermindert, die nothwendig Verbleibenden aber eine in jeder Hinsicht unabhängigere Stellung, mithin auch eine den Bedürfnissen eines gebildeten und angesehenen Mannes und Familienvaters entsprechende Besoldung verschafft werde. Das Ausmaß der Diäten für die gewählten Mitglieder des deutschen Parlamentes läßt einen tiefen Blick in die redliche Absicht des Ministeriums thun, Alles so viel als möglich — beim Alten zu belassen! Briefe. Auf meiner jüngsten Durchreise in Wimsbach habe ich zufällig einen ruhrenden Zug patriotischer Gesinnungen der dortigen kleinen Gemeinde — (welche erst vor ein par Jahren mit einer großen Feuersbrunst im Markte, heimgesucht wurde) erfahren. — Dieselbe hat nämlich über den Aufruf der wackern Tyroler um Brot und Pulver, durch Sammlungen im Baren und Korn, welches letztere von den Müllern nicht nur unentgeltlich gemalen, sondern der Abgang an Kleie ec. durch selbe mit Mehl aus Eigenem ergänzt wurde, die namhafte Zahl von 60 Cent Mehl aufgebracht und dasselbe sofort franco nach Salzburg geliefert. — Ein etwas minder patriotischer Zug aber des benachbarten sehr hochwürdigen Hrn. Pfarrers zu Steinerkirchen hat meine, in derlei Beziehungen delikaten Geruchsorgane in solche Verlegenheit gesetzt, daß ich in der That wunschen möchte, durch Ihren dortigen scharfen Moschus von selber befreiet werden zu können. Sothaner sehr hochwurd. Hr. Pfarrer bezieht —— wie mir von achtbaren Männern erzählet wurde, von drei benachbarten Pfarren einen nicht unerheblichen Zehent — und ist somit unter die nicht zu bemitleidende Klasse der guten Hirten zu rechnen. Da man nun es wagte — auch bei diesem Herrn um eine kleine Beisteuer für die Tyroler das Gesuch zu stellen, und dasselbe durch manche Grunde hoffnungsvoll motivirte — legte er auf den Altar des Vaterlandes 3 St. Zwanziger — nicht minder aber fand sich der Hr. Kaplan bewogen — einen Silberzehner beizustenern. Ein so ansteckendes Beispiel von Hochsinn sollte denn doch der Öffentlichkeit übergeben werden! —? Neuestes Nach mündlichen Berichten eines Militärs der auf dem Rückwege aus Italien hier durchkam, litt man bei seiner Abreise, so wie auch während der Schreckenstage in Mailand und seither an nichts so sehr Mangel als an Pulver und Fourage für die Pferde. Handweise wurde der Hafer den Kavalleristen vorgemessen und die erschöpften Pferde fraßen aus den Czakos der Husaren ihre Handvoll Nahrung. Die Kavallerie erlitt bedeutendere Verluste an Pferden als an Mannschaft. Mit Schießbaumwolle wurde in Mailand aus den Kellerlöchern geschossen und die Pferde fielen um wie Mücken. 3 Was man von der Grausamkeit der Gränzregimenter erzählt, soll übertrieben sein, desto eifriger bekümmerten sie sich um des Eigenthum der Rebellen, Dukaten fand man in allen Tornistern und Cylinderuhren waren um 6 Zwanziger das Stück zu kaufen. Eine eigene Taktik befolgten die Italiener mit den gefangenen Truppen. Die Ungarn wurden reich beschenkt in ihre Heimath befördert, die Deutschen und Böhmen aber in die Festungen gesperrt und dort aufs Schlimmste behandelt. Wir meinen, es sei hier der Ort zu bemerken, daß wir Deutsche nicht allein die Italienische Nation innerhalb den Gränzen des Kaiserthumes Österreich zu Feinden haben. Mit einem Anzeiger Nr. 19. Veranwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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