Zwanglose Blätter, Nr. 16, vom 11. Mai 1848

Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 11. Mai 1848. 16. Wirb um dein Recht, und so lange du Kraft hast werde nicht müde. Eines Bürgers Recht. Trauerspiel von A. J Schindler. Unsere Zeit. Bei der steigenden Theilnahme, deren sich unser kleines Blatt, dem es gewiß nicht an redlichen Willen, vielleich nur an zureichende Kräften gebricht, auf das Überraschendste erfreut, glauben wir uns verpflichtet, unserem geehrten Leserkreise auch den Zustand der nicht österreichischen Staaten in einer fortlaufenden Reihe gedrängter Erzählungen darstellen zu müssen. Obwol es uns zunächst nur darum zu thun ist, ein Verständniß der inländischen Bewegungen zu verbreiten, so können wir uns nicht verhehlen, daß die Bewegungen unseres Vaterlandes nicht ohne Zusammenhange mit denen des Auslandes entstanden sind und nicht ohne diesen Zusammenhang verlaufen, und will's Gott zu einem erfreulichen Ende gelangen können. Vor der Hand hat unsere Bewegung durchaus keinen friedlichen Charakter. Sie ist ein Kampf, — ein Kampf von Principen, ein Kampf der Nationalitäten, — die Pfeile des Geistes sind fast alle verschossen, und große Massen greifen schon mit zukender Hand in ihre Köcher, in denen scharfe, wir wollen nicht sagen giftige Pfeile rasseln. In gleicher Lage mit unserm Kaiserstaate befindet sich zunächst Frankreich, Italien, Dänemark. Die polnischen Gebietstheile sind noch zur ehrlichen offenen Feldschlacht nicht geschritten,*) — Englands Boden ist unterhöhlt, und die Balken der reichsten und vornehmsten Häuser in der City krachen. Wir glauben daher zunächst die Ereignisse in Dänemark, Italien, Frankreich und England unsern Lesern in fortlaufender Reihe übersichtlich darstellen zu müssen. Wir beginnen damit, in gedrängten Worten die nächsten Entstehungsursachen der Kämpfe nachzuweisen und beginnen mit Dänemark. Der Kampf in diesem Lande ist der Kampf der Dänischen Nationalität, die die deutsche Nationalität zu Boden werfen will. Schleswig=Holstein will nicht aufhören ein deutscher unabhängiger Staat zu sein, und Dänemark will ihn von seinen deutschen Brüdern gänzlich trennen. Darum hat Dänemark die Herzogthümer mit seinen Truppen besetzt, das deutsche Bundesheer ist den Bundesgenossen zu Hilfe geeilt, hat bei Schleswig eine siegreiche Schlacht geliefert, diese Stadt sammt dem Schlosse Gottorp genommen, das verrätherische Flensburg gestürmt, und die Dänen *) Ist seitdem geschehen. an die See gedrängt, wo sie sich theils auf Kauffahrteischiffen retteten, während ein anderer Theil, der die Schiffe auf der Rhede von Holnis zu erreichen trachtete, von letzteren Orte abgeschnitten ist, und nun sein Schicksal von den Siegern zu erwarten hat. Hier werden wir anknüpfen, und weiter erzählen, was uns der Tag Neues bringt. Frankreich. Der Kampf in Frankreich entstand durch die eigensüchtige Politik des König Ludwig Filipp, der die Kraft seines Scepters in einer durch Beförderungen und dgl. bestochenen Versammlung von Volksvertretern und in einem eben so corrumpirten Beamtenstaate suchte. Die Krebsschäden dieser Volksvertretung und Volksverwaltung wurden in dem Prozesse gegen die gewesenen Minister Teste und Cubières dem entrüsteten Volke zuerst aufgedekt. Wie ein Lavine wälzte sich eine Masse solcher Entdekungen über das ganze Land. Eine Regierung, der nachgewiesen war, daß sie solche verruchte Wege zur Herhaltung ihrer Macht eingeschlagen hatte, konnte vor einem politisch mündigen Volke, wie die Franzosen es sind, nicht länger bestehen, und alles schrie nach Reform. Jede Gesinnung trachtet nach einem bestimmten Ausdruk gegenüber der Offentlichkeit, gegenüber ihrem Widersacher. Einen solchen Ausdruk nennt man jetzt Demonstration, — und eine solche Demonstration sollten die Reformbankette sein, zu denen die Gäste wenig Appetit zum Speisen, mehr aber zu Gewaltmaßregeln mitbrachten. Der kluge Ludwig Filipp wollte diese Bankette hindern, die Reform war ihm aber über den Kopf gewachsen, die grüne Krone des Baumes warf schon zu tiefe Schatten auf seinen ehegestern noch so hellen goldenen Stirnreif, das Ministerium Guizot mußte fallen und riß den weisen König, riß die ganze Dynastie Orleans mit sich hinab. Ein anderer König war im Schatten der Werkstätten von Paris groß geworden, als Säugling genährt aus den Brüsten einer idealistischen, d. i. unpraktischen Filosofie. Der Säugling war ein Jüngling geworden, seine Amme war aber eben eine Amme geblieben, — er hätte eines Lehrers, eines männlichen Freundes bedurft, der mit Erfahrungen ausgerüstet, die Wege und Mittel gekannt hätte, auf denen das von der Zeit mit dem Namen Proletariat getaufte Geschöpf seine Glückseligkeit zu erreichen im Stande gewesen wäre. Dieses Proletariat, ohne anderer

Erfahrung als der daß viel Genuß und wenig Arbeit am besten schmekt, stürzte sich, angeeifert von wenigen Ehrgeitzigen auf die bis dahin bestandene Ordnung des Staates und rief die Republik aus von der jeder alles das erwartete, wornach ihn lange gelüstete. Einige Männer voll Adel der Gesinnung, hob der Instinkt des Volkes au die Stühle der provisorischen Regierung, andere drängten sich auf diese Stühle und behaupteten sich vor dem Volke auf denselben dadurch, daß sie etwas versprachen, was Gott selbst nicht zu halten im Stande ist: die Organisation der Arbeit, d. h. alle Kräfte des Landes Geld, Kenntnisse körperliche Fertigkeit sollen in Einen Topf geworfen werden, und ohne Unterschied dessen, was Einer hineingewor en hat, soll jeder nur das Gleiche mit allen anderen für sich herausnehmen dürfen. Durch diese Ordnung der Dinge sieht sich das Genie, das Talent, der Fleiß, die Sparsamkeit um ihre Früchte betrogen, — alle diese Vorzüge verlieren Werth, Ausübung und Pflege, — alle diese Bevorzugten sehen sich in ihrem, angebornen Rechte, die Schmide ihres Glückes zu sein, wir möchten sagen, in den Rechte ein Schicksal, eine Zukunft zu haben, bedroht, und greifen zu den Waffen, zur Vertheidigung des höchsten bürgerlichen Gutes: der persönlichen Selbstständigkeit. Die erste Partei will eine Gleichheit vor dem Schiksale, die zweite Partei will eine Gleichheit vor dem Recht. Diese zwei Parteien kämpfen den Kampf im Inneren Frankreichs, und gelingt es der einen Partei, Frankreich dadurch zu beruhigen, daß sie die andere in Waffenröke stekt und über die Grenze in Nachbarländer wirft, so ist der äußere Zusammenhang unserer inländischen Bewegung mit denen Frankreichs hinlänglich dargethan, — der innere Zusammenhang braucht wol nicht erst nachgewiesen zu werden. Allenthalben schlagen die Flammen aus dem Boden hervor. Italien. Die Bestrebungen der Italiener gehen dahin, einen Italienischen Bundesstaat unabhängig von jeder fremden Macht zu begründen. Zu diesem Zweke zwingt Neapel und der Kirchenstaat seinen Fürsten eine Konstitution ab, die Insel Sicilien reißet sich los und bildet ein selbständiges Königreich, Mailand und Venedig kämpfen gegen Österreichs Oberherrschaft, — die kleinen Staaten rollen nach — Toskana weicht der Notwendigkeit, und Carlo Alberto spielt den Zuvorkommenden und sucht im Trüben zu fischen; nach Rom ist ein National=Parlament berufen, das den Bundesstaat konstituiren soll, — verfolgen wir nun die Geburt des Kindes von Stadium zu Stadium. Österreichs Heere stehen mit vorwärtswehenden Standarten in Oberitalien, und die schwimmenden Festungen Englands rüken immer näher an die Häfen des adriatischen und des mittelländischen Meeres. In den dunklen Mündungen die in den Stükpforten der englischen Kriegsschiffe gähnen, schlummert vielleicht die Lösung der Frage: ist jetzt die rechte Stunde an einen unabhängigen italienischen Bundesstaat zu denken Die Bewegung der Kriegsmacht zu Wasser und zu Land die Beschlüsse der Nationalversammlung, die Ränke des sardinischen und der anderen Höfe zu verfolgen, sei unsere Aufgabe England. Frankreich wird wenn es einen gesicherten Rechtszustand nicht wieder zu erzielen vermag, England unrettbar nach sich reißen. Die Elemente, die in Kampf gerathen müssen, sind in England dieselben wie in Frankreich; nur auf der einen Seite durch Besitz noch gesegneter, auf der anderen Seite sittlich noch verwahrloster. Ein Land ist berufen in diesem Kampfe der Gelüste gegen die Rechte, der Sinnlichkeit gegen die Sittlichkeit die rettende That zu vollbringen, wir meinen unser großes deutsches Vaterland. In Deutschland wohnen alle Elemente, aus denen ein Staat gebaut sein muß, der unsere Zeit zufrieden stellen, und ihren leicht erregten Stürmen widerstehen kann. Unter uns wohnt Rechtsgefühl und Religiosität, — wir sind bildungsfähig und bildungswillig. In den deutschen Eichenhainen werden sich die durch die Gelüste roher Massen und überreizter Filosofen bedrohten Menschenrechte zur alten Kraft erholen, wie der durch den Übergenuß der Weltfreuden geschwächte Kranke den balsamischen Duft des Waldes sucht, und in seinem Schatten, geschützt vor dem Sonnenbrande des hohen Mittags, gesundet. Deutschlands Geschichte ist eine große, Deutschland hat große Aufgaben gelöst, — seine größte ist ihm in dieen Tagen gestellt. Deutschland hat durch die Reformation die Vernunft zu Ehren gebracht; — jetzt bringe es das Recht zu Ehren. Archimedes hat in seinem Ringen nach Wahrheit ausgerufen: Gebt mir den Punkt wo ich stehe, und ich will die ganze Welt aus den Angeln heben, „Gebt uns den Punkt, wo wir stehen und wir richten die aus den Angeln gegangene wieder ein!“ rufen jetzt viele Männer, die nicht geringer wägen als der alte Mathematikus. Wir meinen, diesen Punkt wird der Musterstaat des Rechtes geben, und dieser Staat wird und muß Deutsch land sein. Dieses ist unsere friedliche Hoffnung, übrigens tragen wir auch ein Schwert an der Hüfte, und wollte Gott, unsere Macht wäre so groß als unser Muth. Wir bitten unsere gewogenen Leser uns die Begeisterung von Heute zu verzeihen; morgen treten wir als nüchterne Erzähler vor sie hin D. R. Georg Herwegh und die Niederlage seiner Arbeiterlegion bei Dossenbach. „Wie Jedermann bekannt, befindet sich die sogenannte Jungfrau Germania schon lange in guter Hoffnung. Die franz. Revolution scheint ihre Niederkunft beschleunigen zu wollen. Doch geht es etwas schwer ab. Diese Leibesfrucht darf keine so schlechte, so verkrüppelte werden wie die frühern. Da sich Michel nun bei solchen Affairen gewöhnlich höchst unpraktisch anstellt, so liegt es an uns Deut-

schen in der Fremde, die wir schon mehr Routine besitzen dem armen Fräulein in seinen Kindesnöthen beizustehen." So ließ sich Georg Herwegh der begabte Dichter, der überlaute Freiheitsapostel im März d. J. aus Paris vernehmen. Schleunigst organisirte er von dort aus brodlosen Arbeitern ein Legion, welche die Hebammendienste bei der mit dem Kinde Freiheit kreissenden Jungfrau (Herwegh war so charmant eine unbeflekte Empfängniß anzunehmen) Germania verrichten sollte. Die Legion zählte 900 bei 1000 Mann und war zu spät gegen Freiburg gekommen um an der Nieberlage der badischen Republikaner Antheil nehmen zu können. Sie suchte daher in die Schweitz zu entkommen. Auf den Dinkelsberg bei Dossenbach im Schwarz walde traf die Legion mit einer Kompagnie des 6. Würtembergischen Infanterieregimentes, die unter dem Kommando des Hauptmann Lipp stand, zusammen. Der Hauptmann Lipp ließ seine Leute hinter Bäumen und Felsstücken in zerstreuter Ordnung Stellung nehmen; sie wurden alsbald mit Heftigkeit angegriffen; das gut gezielte, auf nahe Entfernung abgegebene Tirailleurfeuer machte den Feind stutzen; — nach wenigen Augenblicken kehrte er verstärkt zurück, ward aber wiederum abgewiesen; nun verlängerte er seine Linie und suchte der Compagnie in Flanke und Rücken zu kommen. In diesem kritischen Momente erschien, den Feind selbst flankirend, ein halbe Compagnie des 1. Infanterie=Regiments, geführt von Oberlieutenant Karl, der, ohne Befehl abzuwarten, von Schörstedt vorrückte, als er das Feuer hörte. Hierdurch ward für den Augenblick die Gefahr beseitigt, — doch ließ der Angriff an Ungestüm nicht nach. Der Gegner war so nahe gekommen, daß Hauptmann Lipp mit dem feindlichen Anführer handgemein wurde, und ihn tödtete. Der Fall dieses Anführers entschied das Gefecht. Die Feinde wichen in den Wald zurück, und als nun auch das Bataillon des 6. Infanterie=Regiments anrückte, löste sich Alles in die wildeste Flucht auf. Wo die Flüchtlinge aus dem Walde traten, stießen sie auf Truppen. Nur die Vordersten hatten Zeit, bei Beugen über den Rhein zu kommen, weil die dahin beorderte Infanterieabtheilung noch nicht eingetroffen war. Von der Mannschaft ist keiner verwundet oder gefallen. Ihre große Ausbildung in der zerstreuten Fechtart und in der Terrain=Benützung macht diese in einem so ungleichen Kampfe gewiß seltene Thatsache erklärbar. Das Pferd eines Reiters vom dritten Regiment, der Flüchtlinge verfolgte, erhielt einen Schuß in die Brust. Von den Arbeitern sind 30 geblieben, viele verwundet, und 400 gefangen. Daß so viele Gefangene gemacht wurden, hat seinen Grund darin, daß sie im Walde die Waffen wegwarfen und unbewaffnet heraustretend nicht im mindesten Widerstand versuchten. Von den Arbeitern sind, außer dem erwähnten Rheinhard, noch ein Bataillons=Chef (nach weiteren Nachrichten ein Franzose) und zwei Hauptleute geblieben. Unter den Gefangenen befindet sich der dritte Bataillons=Chef; — die wichtigste Person aber ist Bornstedt, Vice=Präsident des Comités der Arbeiter. Herwegh selbst mit seiner Frau, die ihn in Männertracht begleitete, ist nach eingegangener Nachricht, sobald er die Annäherung der Truppen erfahren noch vor Beginn des Kampfes entflohen.*) Die Colonne machte die ganze Legion Herweghs aus, sie war in 4 Bataillone getheilt. Herwegh selbst begleitette ie als Comité=Mitglied. Ein kleiner Theil derselben war auf der Schusterinsel bei Hüningen geblieben; er ist in der letzten Nacht, als die Nachricht vom Gefechte einlief, nach dem Elsaß abgegangen Dieses ist der Ausgang eines Unternehmens das so großmaulig begann um so gar erbärmlich zu enden. Das sind die Männer, die uns aus Paris schrieben: „Wir wollen die Freiheit nicht, die ihr armen, redlich trotz Noth und Druck im Vaterlande gebliebenen Deutschen euch selbst erkämpft habt und ausbilden werdet. Wir wollen euch etwas ganz Apartes an Freiheit bringen, das Neueste, das Modernste aus Paris.“ Was sie uns brachten gefiel uns weden in der Form, noch in der Haltbarkeit. Um Herwegh ist mir offen gesagt leid. Ich theilte nie den Enthusiasmus der ihm in Deutschland für seine Lieder geworden war. Zumuthungen, wie die in die Kreutze aus der Erde zu reissen und während man sie beim kürzeren Ende faßt, wie mit Schwertern dareinzuschlagen und noch viel Anderes in einen Liedern eines Lebendigen, klang mir doch gar zu überschwenglich, um nicht glauben zu müssen, der Dichter habe sich hinaufgeschraubt und werde eines Tages nicht Stand halten. Dieser Tag ist über die Tannenwipfel des Schwarzwaldes heraufgezogen, er ist hinter den Tannenwipfeln des Schwarzwaldes verblichen und Herwegs Ruhm mit ihm Herwegh hat schöne Lieder gedichtet. Sein „Ich bin ein freier Mann und singe Mich nie in eine Fürstengruft, Und Alles was ich mir erring Ist Gottes freie Himmelsluft.“ gehört mit unter das Beste was wir in deutscher Sprache besitzen. Aber ich fürchte seine Lieder werden über seine Waffenthaten vergessen werden — und seine Waffenthaten sind nicht glänzend. *) Neuere Berichte erzählen, daß Herwegh gleich am Anfang des Gefechtes vor Schreck fast ohnmächtig wurde und schnell die Flucht ergriff. Die Entschlossenheit seiner Frau (eine gebildete Dame aus einer reichen angesehenen Familie) rettete ihn in einem Wäglein, unter dessem Spritzleder er sich versteckt hielt. So entkam er den streifenden Reitern die das fahrende Weib (und das flüchtige Weib unterm Spritzleder) nicht anhielten. Zur Geschicht des Tages. Nach der Wienerzeitung ist das Ministerium im Begriff das provisorische Wahlgesetz für den endlich im Laufe des Monats Juni einzuberufenden Reichstag bekannt zu machen. Diese Nachricht ist ausser dem Abtreten gewisser Minister und des Erzherzoges Ludwig das Erfreulichste, was wir seit dem 15. März aus Wien vernommen haben. Sind die Reichsstände einmal in Thätigkeit, so dürfte wenn sie ihre Aufgabe begreifen und ihr gewachsen sind, für die innere Ruhe des Kaiserstaates die beste Bürgschaft vorhanden sein. Damit wir aber die rechten Leute in die Kammern bekommen, bitten wir um schleunigste Publizirung der

Wahlgesetze, sonst werden die Wahlen wieder so überstürzt und fallen in der Mehrzahl wieder so untüchtig, wir möchten sagen so unsinnig aus, wie dieß bei dem Großtheil derselben zum deutschen Parlamente der Fall gewesen ist. Es ist (nach einer amtl. Eröffnung der Wienerzeitung), eine Anzahl von Justiz=Männern in jene Länder des deutschen Bundes wo öffentliches Gerichtsverfahren und Schwurgerichte bestehen, ferner nach Belgien abgesendet worden, um „durch die lebendige Anschauung die praktische Bewährung dieser Einrichtungen zu erfassen, und nach geschehener Rückkehr mit den gesammelten Erfahrungen bei der Einrichtung dieser Institute dem Vaterlande zu dienen. Wenn also diese Kommission auf ihrer Reise fände, daß sich diese Institute, nach ihrer Meinung praktisch nicht bewähren: bekommen wir dann vielleicht kein öffentliches Gerichtsverfahren? keine Schwurgerichte? ungeachtet des §. 29 der „Verfassungs=Urkunde“? Man wende uns nicht ein, der in Rede stehende Satz des Ministerial=Erlasses sei nicht so gemeint, oder dürfe nicht so verstanden werden. Wir glauben in unserm guten Rechte zu sein, wenn wir verlangen, daß man derlei Erlasse präcis und vorsichtig stilisire. Von den 6 Gliedern der Kommission erfreut sich nur Hr. Josef Kitka in weiteren Kreisen eines erheblichen Rufes als Rechtsgelehrter. Ein Baron und ein Ritter waren wieder unvermeidlich, ohne daß bis jetzt von Ihren Talenten und ihren Wirken etwas ins Publikum gedrungen wäre. Pfefferkörner. Der Minister des Inneren hat nach einer amtlichen Eröffnung in der Wienerzeitung vom 3. Mai d. J. die Verfügung getroffen, daß die zur Nationalversammlung in Frankfurt gewählten Abgeordneten für die Reisekosten einen Betrag von 100 fl. C. M. und für die Diäten pr. Monat einen Betrag von 150 fl. C. M. erheben können, und ihnen diese Beträge über ihre Anmeldung durch die Länderchefs angewiesen werden sollen. Wir finden dieses kärgliche Ausmaß entwürdigend. Fünfzig Gulden zur Hin= und ebensoviel zur Rükreise nach und von Frankfurt am Main genügen kaum für einen Studenten der mit fröhlichem Herzen, wenigen Bedürfnissen und ebensowenigen Ansprüchen aus seiner österreichischen Heimath einen Ausflug nach der alten Kaiserstadt unternimmt. Ein deutsches Parlamentsmitglied aus Österreich ist aber doch gewiß äußerlich nicht in der Stellung eines Studenten der sich eine nette wohlfeile Kneipe sucht. Um aber in einem anständigen Hotel zu leben und sonst in den Formen aufzutreten, die wir uns von einem deutschen Parlamentsmitglied unmöglich weg denken können, reichen fünf Gulden täglich ganz gewiß nicht hin. Oder hat die Bureaukratenseele, die dieses schale Ausmaß herausklügelte, den sublimen Gedanken gehabt, das Parlamentsmitglied in Besoldung und Diät mit einer bestimmten Beamtenklasse gleichstellen zu wollen, deren Stellung ihr gleich hoch mit der eines Parlamentsmitgliedes galt? Da fiele ein solches in gleiche Kathegorie mit Rechnungsräthen, Buchhalten, Expeditsdirektoren u. dgl. Das ist schon die rechte Ansicht. Derlei Schreiberleute und ein deutsches Parlamentsmitglied brauchen so ziemlich gleiche Eigenschaften und Kenntnisse, haben auch gleichen Wirkungskreis und mithin für das Vaterland gleiche Bedeutung. Es ist recht tröstlich, wenn unsere hohen Behörden durch ihre Verfügungen beweisen, wie richtig sie die welthistorische Aufgabe des deutschen Parlamentes auffassen und wie hoch sie dasselbe in seinen erwählten Mitgliedern achten. Nach unserer Meinung wäre mit einem Reisepauschale von 300 fl. C. M. und einem täglichen Diätenbetrage von 10 fl. C. M. eben noch nichts Überflüssiges bewilligt. Es ist eine ausgemachte Wahrheit, daß die Zahl der Beamten bei uns vermindert, die nothwendig Verbleibenden aber eine in jeder Hinsicht unabhängigere Stellung, mithin auch eine den Bedürfnissen eines gebildeten und angesehenen Mannes und Familienvaters entsprechende Besoldung verschafft werde. Das Ausmaß der Diäten für die gewählten Mitglieder des deutschen Parlamentes läßt einen tiefen Blick in die redliche Absicht des Ministeriums thun, Alles so viel als möglich — beim Alten zu belassen! Briefe. Auf meiner jüngsten Durchreise in Wimsbach habe ich zufällig einen ruhrenden Zug patriotischer Gesinnungen der dortigen kleinen Gemeinde — (welche erst vor ein par Jahren mit einer großen Feuersbrunst im Markte, heimgesucht wurde) erfahren. — Dieselbe hat nämlich über den Aufruf der wackern Tyroler um Brot und Pulver, durch Sammlungen im Baren und Korn, welches letztere von den Müllern nicht nur unentgeltlich gemalen, sondern der Abgang an Kleie ec. durch selbe mit Mehl aus Eigenem ergänzt wurde, die namhafte Zahl von 60 Cent Mehl aufgebracht und dasselbe sofort franco nach Salzburg geliefert. — Ein etwas minder patriotischer Zug aber des benachbarten sehr hochwürdigen Hrn. Pfarrers zu Steinerkirchen hat meine, in derlei Beziehungen delikaten Geruchsorgane in solche Verlegenheit gesetzt, daß ich in der That wunschen möchte, durch Ihren dortigen scharfen Moschus von selber befreiet werden zu können. Sothaner sehr hochwurd. Hr. Pfarrer bezieht —— wie mir von achtbaren Männern erzählet wurde, von drei benachbarten Pfarren einen nicht unerheblichen Zehent — und ist somit unter die nicht zu bemitleidende Klasse der guten Hirten zu rechnen. Da man nun es wagte — auch bei diesem Herrn um eine kleine Beisteuer für die Tyroler das Gesuch zu stellen, und dasselbe durch manche Grunde hoffnungsvoll motivirte — legte er auf den Altar des Vaterlandes 3 St. Zwanziger — nicht minder aber fand sich der Hr. Kaplan bewogen — einen Silberzehner beizustenern. Ein so ansteckendes Beispiel von Hochsinn sollte denn doch der Öffentlichkeit übergeben werden! —? Neuestes Nach mündlichen Berichten eines Militärs der auf dem Rückwege aus Italien hier durchkam, litt man bei seiner Abreise, so wie auch während der Schreckenstage in Mailand und seither an nichts so sehr Mangel als an Pulver und Fourage für die Pferde. Handweise wurde der Hafer den Kavalleristen vorgemessen und die erschöpften Pferde fraßen aus den Czakos der Husaren ihre Handvoll Nahrung. Die Kavallerie erlitt bedeutendere Verluste an Pferden als an Mannschaft. Mit Schießbaumwolle wurde in Mailand aus den Kellerlöchern geschossen und die Pferde fielen um wie Mücken. 3 Was man von der Grausamkeit der Gränzregimenter erzählt, soll übertrieben sein, desto eifriger bekümmerten sie sich um des Eigenthum der Rebellen, Dukaten fand man in allen Tornistern und Cylinderuhren waren um 6 Zwanziger das Stück zu kaufen. Eine eigene Taktik befolgten die Italiener mit den gefangenen Truppen. Die Ungarn wurden reich beschenkt in ihre Heimath befördert, die Deutschen und Böhmen aber in die Festungen gesperrt und dort aufs Schlimmste behandelt. Wir meinen, es sei hier der Ort zu bemerken, daß wir Deutsche nicht allein die Italienische Nation innerhalb den Gränzen des Kaiserthumes Österreich zu Feinden haben. Mit einem Anzeiger Nr. 19. Veranwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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