Zwanglose Blätter, Nr. 14, vom 4. Mai 1848

verkaufen? Ach verkaufen! Was rede ich da Es ist ja nur ein Tausch. Statt der deutschen Brü= der bekommen wir slavische. Will man uns etwa glauben machen, daß die Brüder sich's werden angelegen sein lassen, die Idee welche die Regierung als die leitende des öster= reichischen Gesammtstaates zu verfolgen trachtet mit uns vereint zu verwirklichen? Die Schritte, welche die Slaven bis jetzt gethan haben, scheinen ganz wo andershin zu führen. Und wenn die Slaven ihr Ziel erreicht haben, was ist dann unser Schicksal, wenn wir uns von Deutschland getrennt haben? Man hat sich in neuerer Zeit so oft bemüht den Slaven, den Ungarn zu versichern, daß man der selbständigen Entwicklung ihrer Nationalität nicht entgegentreten werde. Nun wir Deutsche un= sere Nationalität selbständig entwickeln wollen, be= hält sich die Regierung die Ratifikation bevor. Und bei dieser Gelegenheit nennt man uns schlechte Österreicher. Weil wir Deutsche, deutsch sein wol= len, sind wir schlechte Osterreicher! Wir leben in einem Staate in dem unsere Mitbürger unsere, und zugleich auch ihre Nationalität für nicht viel we= niger als einen Hochverrath erklären. Osterreich über Alles! Es ist traurig, wie viele schlechte Österrei= cher wir jetzt unter uns haben, die gestern noch für die größten Freunde des Vaterlandes galten. Vor Allen dauert mich der gute Erzherzog Johann. Was helfen ihm nun seine grünen Strümpfe, sein grauer Lodenrok, sein guter Kugelstutzen? Was helfen ihm alle seine Gewerbs= und landwirthschaft= lichen Vereine? Sie können ihm seine Popula= rität nicht fürder mehr erhalten. Er ist ein schlech= ter Österreicher, denn zu Köln erhob er einen Be= cher Wein und rief begeistert: „Kein Preußen! kein Baiern! kein Osterreich! Ein großes eini= ges Deutschland!!“ Damals jubelten in Öster= reich alle zwölf Diätenklassen, ich glaube sie hät= ten dort schon schwarz=roth=goldene Bänder getra= gen, wenn es höheren Orts gewünscht worden wäre. Jetzt schweigen sie mäuschenstille — die guten Öster= reicher! Mein Herz aber jubelt. Ich bin ein Deut= scher. Deutschland, wiedergebornes, Dir gehört dieses Herz. Wer will es ihm verargen wenn es wärmer schlägt für sein Vaterland, als für die pragmatische Sanktion Kaiser Karl des Sechsten!! Mein Herz jubelt, aber meine Stirne ist ernst meine Miene ist finster — wachsam mein Auge. Es droht Gefahr von Innen und von Außen und doch jubelt mein Herz, denn Deutschland wird sich nicht selbst verlassen in diesen entscheidenden Tagen voll Gefahr. Die deutsche Sage erzählt vom treuen Rit= ter Ekart, der, so oft dem Vaterlande Gefahr drohte, aus dem Hörselberge trat gefolgt von einer Schaar unschuldiger Kinder, in das Land hinabzog und die Wanderer, die ihm entgegenka= men warnte mit seinem weissen Stabe. Ich bin ein treuer deutscher Mann wie Rit= ter Ekart, wie er trete ich hervor aus der Dunkelheit, da ich das Vaterland in Gefahr weiß. Es sammelt sich um mich eine Schaar von Kinder an politischem Verstande und doch nicht schuldlos. Sie verspot= ten meine ernste Miene, meinen profetischen Blick und wie sie mich umwimmeln, zertreten sie achtlos die schönsten Blumen meines frühlingshaften Va= terlandes. Ich aber verfolge ruhig meinen Weg und hebe warnend meinen weissen Stab empor. Alex. Jul. Schindler. Besteht auf Grundlage des §. 24 der Ver= fassungs=Urkunde von 25. April d. J. im konstitutionellen Österreich die Gewerbsfreiheit, oder gelten die bisherigen Gewerbsgesetze? Diese Frage ist seit den jüngsten Tagen von so vielen Seiten laut geworden, daß eine öffentliche Beantwortung derselben nicht überflüssig erscheinen dürfte. Bevor man aber zu entscheiden sucht, wie die, leider wieder so sehr auf Schrauben gestellten Ausdrücke der „Verfassungs=Urkunde“ zu verstehen sind, wäre es wohl am nöthigsten zu entscheiden ob diese „Verfassungs=Urkunde“ wirklich eine solche, und als solche für uns von verbindender Kraft ist? In dem Patente vom 15. März d. J. hat uns unser Kai= ser aus freiem Willen, gänzlich unge= zwungen, wie in offiziellen Blättern so häufig

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2