Zwanglose Blätter, Nr. 12, vom 27. April 1848
"Nicht das Verhalten meiner tapfern und treuen Ar= mee, nicht meinem grauen Haupte, nicht etwa dem Muthe oder der listigen Verschwörungskunst der Italiener ist es zu= zuschreiben, daß ich Mailand besiegt in einem so kläglichen Zustande verlassen, daß ich einen so jammervollen Rükzug antreten mußte — die Schuld tragt der Hofkriegsrath in Wien, jene Behörde die es sich immer zur Aufgabe gemacht hat der Thätigkeit und den Plänen der talentvollsten Feld= herrn des Vaterlandes hemmend entgegen zur wirken." Wer die Geschichte Österreichs kennt wird diesen gewal= tigen Vorwurf nicht unbegründet finden. Auf dem neuen Markt zu Wien steht eine unscheinbare Kirche, die des Ka= puzinerklosters. Sie steht auf einer Gruft in der Kaiser und Prinzen schlafen von gar verschiedenem Werthe. Hier liegt der Kaiser der uns im Tode seine Liebe vermachte: hatte er sie uns in seinem Leben bewiesen, wir stünden nicht an der Schwelle des Bürgerkrieges. Hier ruht Napoleons einziges Kind — vorüber am Sarge der Mutter — darneben des heldenmüthigen Corsen ebenbürtiger Gegner: der Erz= herzog Karl. Schade daß seine Lippen auf ewig geschlossen sind; er könnte uns märchenhafte Dinge erzählen von den Thaten des Hofkriegsrathes. "Sie sind Alle Tartuffs," sagte der Präsident Lamoignon, "Alle, Alle!" Und wir sagen: "Sie sind Alle Bureaukraten." Warum wurde jener erste Bericht Radetzky's in der Wienerzeitung nur im Auszuge und nicht wörtlich mit= getheilt? In den ersten Tagen nach der Revolution wurden be= kanntlich in Wien Freiwillige für den italienischen Krieg ge= worben. Mehrere Tausende ließen sich anwerben und lei= steten den Eid für die Dauer des Krieges. Da seither mehr als ein Monat verflossen ist, sollte man doch wohl erwar= ten dürfen diese Freiwilligen auf dem Kriegsschauplatze be= waffnet und in ruhmvoller Thätigkeit zu finden. Doch man irrt sich leicht im Leben. Diese Freiwilligen haben Heute noch weder Waffen noch Montur, sie beziehen die Löh= nung eines gemeinen Jägers ohne kasernirt, oder sonst in der Lage zu sein zu menagiren, sie liegen in Ortschaften wenige Stunden von Wien*), unbeschäftigt, dem Mangel preisgegeben, unversorgt, eine neue Landplage der Bewoh= ner, die für den Unterhalt der Blosgestellten zu sorgen bald durch Mitleid, bald auf andere Weise gezwungen werden. Man hat es nicht einmal der Mühe werth gefun= den, diesen Leuten die gehörige Anzahl von Offizieren und Unteroffizieren aus der Linie zuzutheilen. Ein Schwarm von ein paar hundert wird mit einem Lieutenant in die Welt hin= ausgestossen, wie etwa ein Böhme seinen Sohn mit der Geige in die Fremde schickt und mag nun zusehen, wo er sein Brod findet!? Kennen denn die Herren, die darin zu handeln berufen sind nicht den goldenen Spruch: „Was du immer thuen magst, bedenke das Ende!“ *) Wir sahen Hunderte dieser Freiwilligen in dem beschriebenen Zusiande am 20. d. M. zu Fischamend, 2 Posten von Wien. D. R. Pfefferkörner. Unter den Bestimmungen, welche der Regierungspräsi= dent von Oberösterreich, Namens v. Sirbensky, zu den Wah= len der deutschen Parlamentsglieder nach Frankfurt erlassen hat, kommet folgender Punkt vor: h. Jene gewählten Deputirten, die für (sic.) die Vertretung beim Bundestage eine Vergütung ihrer Auslagen in Anspruch nehmen (ein recht braver Styl für einen Präsidenten), werden dieselbe über ihre Verrechnung erhalten. Es muß sich demnach jedes Parlamentsmitglied, das einen integrirenden Theil der Stimme des Volkes reprä= sentirt, sich bequemen, jeden Kreutzer, den es auf der Hin= und Herreise zu Frankfurt verzehrt, genau aufzuschreiben und die ganze Reise= und Wirthschaftsrechnung bei seiner Rük= kunft der löbl. k k. Prov.=Staatsbuchhaltung zu Linz zur Adjusti= rung vorlegen. Erlauben Euer Exc., muß diese Rechnung mit dem Mauth= und Speisezetteln=Wirthshausrechnungen u. dgl. voll= ständig belegt sein und zwar alles auf klassenmässigen Stempel? O gewiß, wie ich die Willensmeinung Euer Excellenz auf= zufassen mich unterfangen darf. Es ist mit einer solchen detail= lirten Rechnung noch der weitere Vortheil verbunden, daß man daraus absehen kann, wo sich der Rechnungsleger her= umgetrieben und was er gegessen und wie viel er getrun= ken hat. Das Letztere wird zur Beurtheilung einzelner Par= lamentsreden sehr dienlich sein, denn es werden Dinge gespro= chen werden, von denen sich ein nüchterner Bureaukrat nichts träumen läßt. Aber wie wäre es denn, Euer Excellenz, wenn man den Parlamentsgliedern vielleicht Diäten und ein Reisepau= schale gäbe, und dieses auf die Landeskonkurrenz repartirte? Berichtigung und Bemerkung. Die Bewohner Steyr haben nicht (wie die Kundma= chung im vorigen Blatte sagt) in einem Gesuche, sondern in einer Adresse ihre Wünsche vor dem Throne ausgespro= chen. Was soll aber nun diese Adresse bei den obderennsischen Herren Ständen? Diese Erledigung ist unrichtig. Die Adresse wäre seinerzeit den konstituirenden Reichsständen zum Gebrauche bei ihren Berathungen zuzustellen gewesen. Oder sind vielleicht unsere jetzigen Provinzialstände und die einstigen konstituirenden Reichsstände ein und dasselbe?! O Weh! Frage. Bei der am Ostermontage zu Steyr stattgehalten Feier des Geburtsfestes des Kaisers brachte der Hr. Kreishauptmann des Traunkreises vor den Fronten der Nationalgarde ein Hoch auf Kaiser, Vaterland, alle Gutgesinnten und die Nationalgarde aus. Warum wurde die Konstitution über= gangen? War es ein Uebersehen? Mit einem Anzeiger Nr. 7. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.
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