Zwanglose Blätter, Nr. 12, vom 27. April 1848
zackigen Mündungen jedem, der sich in ihr Bereich wagt, den sichern Todesgruß entgegenbrüllen. Für schulgerechte Manöver auf dem Blach= felbe räume ich selbst herzlich gerne der Muskete den Vorzug ein. Zu Massen= oder Rottenfeuen taugt der gegogene Stutzen durchaus gar nicht, eben so wenig zu Dechargen an hohen Namens= festen, aber dorthin paßt er, wo er zu Hause ist, und eine Muskete eine eben so klägliche Figur spieten würde, als ein Residenzgardist. Die Felsenwälle unseres Alpenzuges sind die natürlichen Festungen des Landes, sie sollten nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Trotz aller gepriesenen Humanität unserer Tage, könnten uns in naher Zukunft Kämpfe eines barbarischen Cha= rakters bevorstehen gegen welche die berühmten napoleonischen Kriege bloße Wachparaden gewesen sein dürften. Unsere entfesselte Literatur scheint es sich zur besonderen Aufgabe gestellt zu haben, durch die ungemessensten unzeitigsten Schmähungen auf andere Völker und deren Beherrscher den Dämon Völkerhaß zu erwecken, ohne die Folgen zu bedenken und ohne daß man gerüstet wäre. Ungeachtet aller feurigen Tiraden=Aufrufe unserer Tyrtäusse sieht es mit der Nationalgarde für un= sere Provinz fast noch eben so traurig aus, als mit dem — Nationalgefühl. Die Herren Städter sorgen für das Weichbild ihrer Stadt und sie ha= ben Recht, hie und da umgibt ein Herr Distrikts= Kommissär auf dem Lande die unmitrelbare Nähe seiner geheiligten Person mit einer kleinen Garde, er hat auch Recht, aber die Hauptmasse, der Kern des Volkes sind und bleiben wahrscheinlich in den zerstreuten Ortschaften ohne Gemeingeist ohne Waffen, ohne Exercitium, ohne Schutz. Es fehlt an einer obersten gediegenen Centralleitung für die Volksbewaffnung, es fehlt dem Volke jeder gesunde Begriff für diese Wohlthat und diese von dem Drange der Zeitverhältnisse vielleicht bald dringend gebotheTyrtäusse ne Nothwendigkeit, und jene Männer die das Meiste und Beste wirken sollten, deren Händen ihre Or= ganisirung anvertraut wird, lieben und können sie nicht in dem Umfange lieben, den sie haben soll. Die nicht zu lange, mit scharfer Spitze und Beile versehene Partisane ist in den Fäusten eines kräf= tigen Mannes eine furchtbare mörderische Waffe und mit Unrecht gänzlich vergessen. Sie hindert unsere Stutzenschützen eben so wenig, als ihre massiven Bergstöcke an freier Bewegung. Die Wucht einer solchen Partisane spottet jeder mittelmässigen Fecht= kunst, schlägt Bajonette ab und ruinirt Gewehrsläufe Sie ist wohlfeil (gewiß zu dieser Zeit ein Empfeh= lungsgrund) überall zu haben, braucht keine Muni= tion, geht jederzeit los, verursacht gräßliche Wunden und paßt unsern kräftigen der Hacke und des Dresch= flegels gewohnten Leuten besser in die derben Fäuste als die Muskete, welche sie ohnehin, ihrem angebor= nen Instinkte nachgebend, im Handgemenge allsogleich umkehren und mit dem Kolben dareinschlagen würden. Man bewaffne so unser Landvolk, vorzüglich die kräftigen abgehärteten Bewohner des Hochgebir= ges in ihrer malerischen Jägertracht, man lasse sie fleißig in ihrer vom Terrain gebothener Art des Gefechtes üben, gebe ihnen Munition, gute er= fahrene Führer und vor Allem jene Begeisterung ins Herz, welche aufopfernden Muth und Todesver= achtung hervorruft, ohne welche jede Uniform und Waffe eine kindische, lächerliche oft gefährliche Tän= delei bleibt. Oberösterreich könnte leicht, ohne An= strengung und Kosten, ein Korps von 6000 erprob= ten Scharfschützen und von 50000 handfesten Sen= sen und Partisanenträgern aufstellen, eine Macht, die, wenn sie von etwas Kavallerie und Artillerie der Armee unterstützt wäre, einen erfahrenen General an der Spitze hätte, einer feindlichen Armee eine schöne Diversion machen könnte. Doch das sind und blei= ben wahrscheinlich fromme Wünsche; der aufrichtig= ste Wunsch, der gewiß in jeder Brust Wiederhall fin= det, bleibt gewiß eben der, daß wir nie Ursache ha= ben möchten von Waffen Gebrauch machen zu müssen. Kampfer. Zur Geschichte des Tages. Aus wohl unterrichteter und glaubwürdiger Quelle wird uns mitgerbeilt, der erste Bericht den der greise Feldmarschall Radetzky seit seinem Rükzuge aus Mailand nach Wien er= stattete, soll so beginnen:
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