Zwanglose Blätter, Nr. 11, vom 23. April 1848
dem Gesammtinteressen des Vaterlandes leistet, als ein bureaukratisches System, und wir werden die praktische Wohl= that der konstitutionellen Verfassung besonders in der schnel= len Erledigung der Geschäfte fühlen. Denn statt wie bisher jede Kleinigkeit einen weiten Weg, durch alle Behörden ge= hen muß, um ihre Erledigung zu erlangen, deren Ende oft nur von der Laune eines untergeordneten Beamten abhän= gig ist — wird in der Regel Alles seine Erledigung während der Dauer der ständischen Verhandlungen erhalten. Es steht nun demnach eine gänzliche aber höchst wohlthätige Aende= rung aller unserer Verhältnisse bevor, und wir können um so zuversichtlicher erwarten, daß dieser Augenblick nicht ferne liegt, als wir das kaiserliche Wort unsers Monarchen ha= ben, daß er die Stände aller Provinzen mit verstarkter Zu= ziehung des Bürgerstandes in möglichst kurzer Zeit berufen werde. Diesen Ständen wird die Aufgabe gegeben werden die oben angeführten Erfordernisse einer reichsständischen Ver= fassung in ein konstitutionelles Verfassungsgesetz zu bringen. So wichtig und schwierig diese Arbeit ist, so können wir dennoch erwarten, daß dieselbe schnell gelöst sein dürfte da uns die Erfahrungen anderer Länder zu Gunsten kommen und besonders deßhalb, weil der Wunsch nach einer freien konstitutionellen Verfassung in allen Klassen unseres Staates ein so dringender ist, daß Jene, welchen der erhabene Auf= trag zu Theil wird diesem Wunsche die gesetzliche Sanctio= nirung zu erlangen, mit Liebe und Eifer die Hand ans Werk legen werden. — Eine kurze Zeit haben wir daher nur noch die bestehenden Uebel zu tragen, und ungezweifelt wird Jeder sich bestreben der Freiheit sich dadurch würdig zu zei= gen daß er bis zum Zeitpunkte, wo er von seinen politischen Rechten wird Gebrauch machen können, den gegenwärtigen Stand der Dinge als den, der Ordnung und des Rechts achte und wo es nöthig ist, schütze. — Durch die Preßfreiheit erhält das Leben im Volke eine geistige Oeffentlichkeit, denn der Gedanke des Einzelnen welcher zur Erkenntniß wird, theilt sich ohne Scheu mit, und besonders werden politische Interessen eben weil sie uns am nächsten liegen, am Mei= sten besprochen. Werden Sittlichkeit, das Heilige, und Per= sönlichkeiten geachtet, so ist die freie Presse das Mittel den geistigen Aufschwung zu heben weil sie eine ruhige geistige Wechselwirkung erzeugt. Preßfreiheit hat aber den wesentlichen Vortheil, daß sie eine Macht neben der der Regierung hinstellt, und dieses ist die öffentliche Meinung, welche ohne freier Presse leicht unbeachtet gelassen wird, mit dieser eben die Wünsche und Anliegen der Nation erklärt, welche die Regierung sodann anerkennt. — Preßfreiheit ist für den Unterrichteten die Macht des Wortes durch welches er in die größten Entfernungen wirkt. Die Preßfreiheit sichert am besten vor Mißbräuchen, die sie wägt und aufdeckt woher sie immer kommen mögen nur darf keine Leidenschaft vorherschen, und das Wort muß als wahr vertreten werden können, so fällt die Macht, die nur in Wahrheit kräftig sein kann. Die gewährte Volkbewaffnung durch Organisirung von Nationalgarden knüpft das Band des Vertrauens zwischen Monarchen und Volk fester, da er hiedurch zeigt, nicht im stehenden Heere allein sondern in der Nation die Sicher= heit seiner Person, die Stütze des Friedens und Aufrecht= haltung der Ordnung zu finden. — Durch die Nationalgarde, in die jeder, ohne Unterschied des Standes zu treten hat, verschmelzen sich die Stände, und Alle die zur selben Fahne schwören reichen sich die Hände zum gemeinschaftlichen Bunde, für Monarch und Vaterland. S. R. Pfefferkörner. Vor Kurzem wurde, wie aus authentischen Quellen entnommen wird, bei einem österr. Zollamte an der bairi= schen Granze ein vorgeblich mit Nägelfäßchen beladener Wagen beanständet, weil sich statt der deklarirten Nägel Gold im Gewichte von 36 Zentnern vorgefunden hat, welches für Rotschild bestimmt, des erflossenen Aus= fuhrverbothes ungeachtet, über die Granze geschwärzt wer= den sollte. Diese saubern Nägel, womit man heut zu Tage aller= dings sein Glück befestigen kann, sind bereits nach Salzburg an die administrative Cameralbehörde abgeliefert. Moschus. Ein etwas Schwerhöriger verstand statt "Bureaukra= ten" Piraten. Man erklärte ihm, daß er demungeachtet recht gehört habe; die Bureaukraten wären in der That bis= her die Piraten auf dem schwarzen Meere — der Tinte gewesen. Der Rhein sollte jetzt "Entweder" getauft werden; so wäre unsere Alternative auf der Landkarte figürlich aus= gedrückt. Die große Maria Theresia verglich ihr Erzherzogthum Österreich mit einer saftigen Citrone. Sonderbar! und doch wurde diese Citrone erst am 15. März 1848 reif? Man spricht jetzt sehr viel von einem wiederzugebären= den Deutschland. Die Geburt soll sich unglaublich verzö= gern; daher die Herrn Aerzte den Kaiserschnitt vorgeschlagen haben. Gott gebe, daß diese Operation glücklich von Stat= ten gehe und keine gefährlichen Folgen habe. Kampfer. Eingesendetes. Noch eine öffentliche Antwort! (Schluß.) Allerdings haben sich die hiesigen Kreisphisiker bisher der Armenbehandlung größtentheils, wenn auch nicht ausschließlich unterzogen. Allein der Eifer womit sie es thaten, wurde oft weit eher auf Rechnung einer besonderen Obliegenheit, einer reichlichen Vergütung und allen möglichen Andern, als auf Rechnung ihrer Menschenliebe gesetzt. In demselben Maße als jedoch die Anzahl der Armen zunahm, die Ansprüche dringender und die Forderungen ungestummer wurden, wuchsen auch die anderweitigen Geschäfte der Kreisphysiker an: Bureaugegen= stände, Amtsreisen, Privat= und Armenpraxis, Kranken= und Versorgungshäuser mußten nothwendig sich immer öfter kreuzen und Collisionen herbeiführen. Als muthmaßliche Folge entstan= dener Collisionen ist wohl auch jene Verfügung zu betrachten, wornach dem Kreisarzte die Besorgung des Spitals und der Versorgungshäuser in jungster Zeit abgenommen wurde. Es bedarf wohl keiner großen Beobachtungsgabe um wahr= zunehmen, daß das hiesige Armenwesen einer genauen Reglung bedürfe, *) damit es sich als eine im ganzen Umfange wohlthä= tige Anstalt erweise. Unsere Geistlichkeit, nicht nur hoch= würdig, sondern auch verehrungswürdig, und im echt christlichen Sinne menschenfreundlich, gewährt mit beispiel= loser Bereitwilligkeit den Armen den unentgeltlichen Arzneibezug, sie spendet ihnen nicht nur den Trost der Kirche, sie fühlt und leidet auch selbst mit dem Leidenden, sie nimmt herzlichen An= theil an seinem Lose, sie läßt den Geringsten ihrer Brüder nicht aus den Augen, und verläßt ihn nach jedem Besuche beruhigt, ergeben in sein bitteres Schicksal und muthiger gegen seine har= ten Drangsale. Vermag sie aber bei all' ihrer Wohlthätigkeit mit ihren beschränkten materiellen Mitteln soviel Armen, welche Ich brauche wohl nicht erst aufmerksam machen zu müssen, daß ich lediglich den ärztlichen Standpunkt vor Augen habe, und über diesen Gesichtskreis nicht hinausgehe.
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