Zwanglose Blätter, Nr. 11, vom 23. April 1848
Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 23. April 1848. 11. "Es gibt auch Jesuiten in kurzen Röcken; man findet sie in allen Konfessionen, Ständen und Ländern." Eug. Sue. Kundmachung. Eine große Anzahl Bewohner der l. f. Stadt Steyr haben in einem unter 18. v. M. an Se. Majestät gerichteten Gesuche ihre Wünsche für die Gewährung einer zeitgemässen Staats= verfassung, deren wesentlichste Grundzüge sie darin andeuten, ausgesprochen. Herr Regierungspräsident Freiherr v. Slerbensky hat diese Eingabe zu Folge hohen Hof= kanzlei=Erlasses von 1 — 5 d. M. den obderennsisch. Herren Ständen zum Gebrauche bei ihren Berathungen übergeben. Die k. k. privil. Tagblätter der Provinz Oberösterreich. Wenn die errungene Preßfreiheit ihre herr= lichen Früchte tragen, ins Leben eingreifen, das Volk zur Nation, den Menschen zum intelligenten Staatsbürger heranbilden soll, so müssen ganz vorzüglich die wichtigsten Ereignisse des Tages offen und unverhohlen ausgesprochen und dem Publi= kum in den Journalen bekannt gemacht werden. Wie wenige unsere Mitbürger sind in der Lage sich ausländische Blätter, oder auch nur die unse= rer Residenz anzuschaffen. Die Mehrzahl also ist seit undenklichen Zei= ten verurtheilt, sich mit Extrakten aus jenen Blät= tern zu vergnügen. Diese Extrakte unterscheiden sich aber von den Extrakten in den Apotheken wesentlich dadurch daß letztere die wirksamsten specifischen Bestand= theile der Arzneikörper enthalten, unsere Zeitungs= extrakte aber, aller Wirksamkeit bar, höchstens in Ekelhaftigkeit mit der Apothekerwaare wetteifern und sie sogar zuweilen übertreffen. Wir wollen, wir fordern auch für unsere Pro= vinz ein öffentliches Organ, welches Thatsachen, auf Wahrheit und Recht gegründete Ansichten laut verkündet, ohne gleißnerische Scheu, ohne jene ächt jesuitische Doppelzüngigkeit, ohne jenen kriechen= den Hofton, welcher die wichtigsten Wahrheiten nicht allein entstellt, verstümmelt, sondern gänz= lich vorenthält und nur das aus andern Blättern und zu jener Zeit abschreibt, wenn es in den Hofkalender paßt. Es darf zur Ehre und zum Wohle unserer Provinz auf keinen Fall länger geduldet werden, daß wir noch fernerhin unter dem Geistesdruk und unter der ängstlichen Vormundschaft eines Pressebengels aus Metternichs verhaßten Arsenale stehen. Wir wollen die trokene gesunde Kost, den reinen Wein der Wahrheit, mit andern Worten wir wollen eine Redaktion dem Aufschwunge und dem Bedürfnisse der Jetztzeit gemäß, eine solche wollen und verlangen wir, statt einer journalisti= schen Konditorei. Kampfer.*) *) Kampfer und Moschus sind erregende Mittel und in Ver= bindung mit der kräftigenden China, welche die "zwanglosen Blätter" ordiniren, können sie für das faulfieberkranke Ober= Österreich mit der Zeit heilsam sein. Kampfer.
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