Zwanglose Blätter, Nr. 10, vom 20. April 1848

stitution hat in Frankreich die Revolution geboren, und sie wird zu euch auch kommen." Und er gab dem Congreße das Stichwort: Legitimität. Der ganze große heilige Krieg sollte nicht für die Freiheit der Völker sondern nur für die Restau= ration der alten legitimen Dynastien und deren absolute Gewalt geführt worden sein es sollte ein Krieg gegen die Anmassungen der Völker gewe= sen sein, — die patriotische Erhitzung der deutschen Idealisten und Enthusiasten sollte abgekühlt werden — Man folgte seinem Rathe — allgemein — am hart= näkigsten Metternich. Er ergriff das Princip der Legitimität und hielt strenge daran, — er con= centrirte die Intelligenz in der Regierung und trachtete den Obscurantismus der Provinzen zu erhalten, — er warf sich zum Repräsentanten der starrsten Aristokratie auf, und war es im vollsten Sinne des Wortes, — er schuf eine bewaffnete Macht, diese gänzlich willenlose Maschine der Re= gierung, ein stehendes Heer worin man lebens= länglich oder doch bis ins zweite Jahrzehnt diente und dem bürgerlichen Leben und der Nationalität durch Versetzungen in Länder, deren Sprache man nicht verstand, entfremdet wurde; — neben dieser überall sichtbaren Macht stellte er die zum Theil unsichtbare der Polizei, in Verbindung mit der strengsten Censur, die das mündliche wie schrift= liche Wort bewachten, .. . .. diese und andere Kunst= griffe ließ sich der Osterreicher lange, lange gefal= len ..... zum Theil durch den überlegenen Verstand der Staatskanzlei, durch das stete Prunkgerede von Friedenspolitik, durch die sprichwörtliche Ge= müthlichkeit und patriarchalische Leutseligkeit der Hof= burg beherrscht, — zum Theil in seiner angebor= nen sorglosen Gutmüthigkeit: — aber, um mit Frankl zu reden: „Osterreich war wie die Aloe, die ein Jahrhundert braucht, bis sie in Einer Nacht plötzlich die grüne Hülle sprengt, und wie ein Wunder emporleuchtet ja, ein Wunder ist geschehen: Osterreich ist frei! — die drei März= tage sollen von jetzt an im Kalender roth bezeich= net sein!“ Jetzt noch einige Worte über das Abtreten des einst so gewaltigen Staatsmannes als Schlußpunkte seines diplomatischen Lebens. Die Nachricht von Ludwig Philipps Abdankung nahm er ziemlich ruhig auf, die Proklamation der Republik warf ihn aber besinnungslos in den Lehn= sessel zurück. Nur mit Mühe brachte man ihn wieder zu Leben und Bewußtsein; doch sein starrer Geist fand bald wieder Faßung, und als im Familien= rathe Erzherzog Ludwig die Worte sprach: "Ich will meine grauen Haare mit Ehren zu Grabe tra= gen. Ich habe es meinem Bruder Franz auf dem Sterbebette versprochen, das Bestehende zu erhal= ten" — da sagte Metternich: „Und ich will nicht undankbar sein einem Systeme, das uns glüklich inmitten der polnischen belgischen, französischen, spanischen und italienischen Revolutionen hindurch geführt hat.“ Hierauf erhob Erzherzogin Sofie ihre Stimme als künftige Kaiserin und als Mutter des muthmaßlichen Thronerben. "Sie freilich," sagte sie zu Onkel und Minister mit regem Mutter= gefühle — "Sie sind alt und denken für die letzten Jahre Ihres Lebens zu erhalten, was Sie aufge= baut haben; aber was wird aus mir und meinen Kindern werden?" Noch hielt Metternich seinen und den Sturz seines Systems für unmöglich, aber bald darauf (so wurde uns erzählt) traten drei Deputirte der Stände, Fürst Lamberg, Graf Preuner und Baron Mittis vor ihm hin und sagten: "Das Volk ist nicht mehr zu bändigen, der Unwille und die Be= wegung steigen mit jedem Augenblick, — danken Sie ab.— Sie retten dadurch den Thron". .... "Wenn es der Wunsch des Volkes ist und ich dadurch den Thron rette, so danke ich ab" war die Antwort des Ministers..... da meinte der versammelte Staats= rath: "die Abdankung eines so wichtigen Mannes sei nicht die Sache des Augenblikes, — es erhei= sche wol eine Arbeit von vier Wochen..... aber "in vier Minuten muß die Abdankung erfolgen" riefen die Deputirten — „sonst ist das Schrecklichste zu befürchten!“ — und in vier Minuten hatte Metter= nich abgedankt, — mit ihm sein System! Er soll von Wien mit den Worten Abschied genommen haben: Es ist der Wunsch des Volkes, ich entferne mich, doch nach fünf Jahren ——— ! Wir wissen nicht, wo er sich jetzt befindet, — sonderbar genug, um so mehr, da seine Ankunft hier und dort bald gemeldet, bald wieder feierlich widerrufen wird, — wir wollen aber wünschen, daß er wirklich mit diesen Worten von Wien und Öster= reich Abschied genommen, — und was das profetisch gesprochene "nach fünf Jahren" betrifft, so glau= ben wir für dann auch nicht mehr an eine bedroh= liche Zurükkunft seinerseits. F. W. A. Mit einem Ergänzungsblatt Nr. 3, u. Anzeiger Nr. 5. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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