Zwanglose Blätter, Nr. 9, vom 16. April 1848

ges von einigen mitleidigen Seelen aus der Stadt escortirt wurde. Man hat mir nicht den Rock zerrissen, Es wär auch Schade für das Kleid (? ?) Noch in die Wange mich gebissen, Vor übergroßen Herzeleid. singt Ludv. Uhland. Die Kirche nimmt zunächst in Wien einen er= freulichen Antheil an dem Umschwung der Dinge und wirkt mit ausgezeichnetem Erfolg durch aner= kannte Kanzelredner das Verständniß der neuen Zeit zu befördern. So berichtet Wilh. Gärtner der als schönwissenschaftl. Schriftsteller bekannte Prediger an der Wiener=Universität in einem Wie= nerblatte: "Schon am 17. März zog unser gro= ßer Kanzelredner Veith die neue Zeit der= artig in den Horizont seines öffentl. Vortrages daß er eben so sehr auf der Höhe der Zeit wie des kirchlichen Bodens stand. An demselben Tage gab noch ein anderer Priester und in den folgen= den Tagen gaben mehrere und viele Predi= ger der neuen Ordnung der Dinge hoffnungs= frohes oder vertrauendes Zeugniß." Diese kurze Notiz gilt nicht meinem ehrenwerthen Freunde, der in Nr. 3 dieser Blätter gegenüber meiner be= scheiden ausgesprochenen Meinung über den In= halt einer gewissen Predigt eine andere Meinung aufzustellen sich veranlaßt fand. Sie gilt meiner unbescheidenen Gegnern, denen ich für die Zukunft Mäßigung empfehle. Der verantwortl. Red. Eingesendetes. Bitte eines fleißigen, redlichen Feuerarbeiters — Vater von 11 un= versorgten Kindern — gegenwärtig ganz brotlos und gezwun= gen den Bettelstab zu ergreifen; im eigenen und im Na= men so vieler dergleichen Feuerarbeiter. Die Nationalbank in Wien hat bei dem gegenwärti= gen Stillstand der Fabriken zu deren Unterstützung 2 Mil= lionen Gulden Vorschuß geleistet. Einer ähnlichen Unter= stützung wird sich (dem Vernehmen nach) Oberösterreich von der Regierung oder den Herren Ständen zu erfreuen haben. Könnten und sollten sich zu einer ähnlichen Unterstützung nicht auch die Aktionäre der Innerberger Hauptgewerk= schaft herbeilassen? Sollten diese Aktionäre bei einer Ein= lage von Einer Million (die niemals einer Scale unterlag) von der sie in den Jahren 1836—1839 56pCt., in den Jahren 1840—1844 gar 115 pCt. Erträgniß auf Kosten der hierländigen Manufakturisten in Eisen und Stahl bezogen, die zu diesem Erträgnisse im Schweiße ihres Ange= sichtes durch Abnahme der Innerbergisch=Gewerkschaftlichen Produkten beitrugen und nebenbei Steuern und andern La= sten tragen mußten, nicht um so mehr herbeilassen, da sie als Aktionäre zu den Staatslasten nichts beitrugen, ja selbst heuer bei den enormen Getreidepreisen noch ein Erträgniß von 12 pCt. auswiesen? Sollten sich diese Aktionäre nicht berufen fühlen von jenen Erträgnissen in diesen Tagen einen Theil den vielen arbeitsfähigen, nun ganz brotlosen Familienvätern abzutreten? Ausweis. Erträgnisse bezahlt in d. J. 1836: 10% — 1837: 15% 1838: 16% — 1839: 15% Zus. 56% do. do. in d. J. 1840: 21% — 1841: 28% — 1842: 30% 1843: 20% 1844: 16%. Zus. 115% mithin in 9 Jahren 171%! Nachstehende aus dem Abendblatte der Wienerzeitung vom 10. l. M. abgedruckte von den Wiener=Postbeamten gefertigte Zuschrift an die Redaktion der Wienerzeitung ist sicher als von sämmtlichen Beamten der k. k. Post= anstalt unterschrieben zu betrachten. Uebrigens dürfte die Art und Weise, in welcher die hiemit erörterten, wegen Ab= stellung alter Mißbräuche der Ministerialgewalt getroffenen Vor= kehrungen ursprünglich zur öffentlichen Kenntniß gebracht wurden, ein um so schmerzlicheres Bedauern erregen, wenn hiebei etwa die offizielle Absicht gehegt worden sein sollte, die Meinung des Publikums irre zu führen, und so auf Kosten der Postbranche, die das allgemeinste Vertrauen (von der öffentlichen Schreibstube bis in die engsten Fa= milienkreise) in Anspruch nimmt, eine andere Behörde zu Ehren zu bringen Die erwähnte Zuschrift lautet: "Im Humoristen von 4. d. M. ist die Nachricht ent= halten, daß das Chiffrekabinet aufgelöst, und die Beamten desselben bei der Post zugetheilt worden seien." "Diese Nachricht muß in so ferne berichtiget werden, als bis zum heutigen Tage kein Beamter des aufgelösten Chiffrekabinets bei dem k. k. Hofpostamte eingetheilt wor= den ist." "Um übrigens irrigen Meinungen über die Betheilung der hiesigen Hofpostbeamten bei Verlezung des Briefgeheim= nißes zu begegnen, diene folgende Aufklärung:" "Die Eroffnung von Briefen geschah hier lediglich und allein von dem Chiffrekabinete, welches sich in keinem der Postgebäude befand." "Keiner der hiesigen Postbeamten hatte einen Auftrag oder ein Befugniß das Briefgeheimniß zu verletzen, wohl aber waren ein Paar eigens ins Vertrauen gezogene, und dafür besonders besoldete Individuen im geheimen Auftrage des Chiffrekabinets angewiesen, demselben gewisse ihnen be= zeichnete Briefe zur weitern Benützung auszuliefern." Außer diesen Individuen war kein Postbeamte mit dieser Manipulation betheiligt." "Durch die in dem Abendblatte der Wienerzeitung vom 6. l. M. enthaltene allerhöchste Entschliessung Seiner Majestät vom 26 v. M sind die Postbeamten nunmehr in die erfreuliche Lage versezt, für die Unverlezlichkeit des Briefgeheimnißes selbst zu wachen, und sich nun gesetzlich entgegen stellen zu können, wenn je — und auf was immer für eine Art der Versuch gemacht werden sollte, auf diese unmoralische und durch nichts zu rechtfertigende Manipu= lation wieder zurück zu kommen." „Die Redaktionen sämmtlicher Journale werden er= sucht, diesen Artikel in ihre Blätter aufzunehmen." Mit einem Anzeiger Nr. 4. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur des nichtpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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