Zwanglose Blätter, Nr. 4, vom 30. März 1848
der Dinge eingetroffen. Dieses führte zu der Ano= malie, daß während wir hier in Steyr im voll= sten Besitze der errungenen Freiheit schwelgten von Land=Oberbeamten Berichte und Anfragen durch Eilboten ans Kreisamt kamen: "Es lassen sich im Bezirke Leute sehen, die mit weißen Ko= karden geschmückt sind und aufrührerische Prokla= mationen austheilen. Was man mit diesen anzu= fangen habe?" Soll derlei durch Vergeßlichkeit verschuldet worden sein, oder sollen wir wirklich Männer in der Provinz besitzen die kaiserlicher sind als der Kaiser! Eingesendetes. Aus Wien. Der Druck unserer politischen Verhältniße, so wie die neuesten Bewegungen in Frankreich und Deutschland veran= laßte die Studenten der hiesigen Universität, ein Bittgesuch an den Kaiser zu verfassen, in welchem sie 1. Preßfreiheit, Lern= und Lehrfreiheit, 2. Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Rechtsverfahrens, 3. Gleichstellung aller Glaubensge= nossen in staatsbürgerlichen Rechten, 4. Die Errichtung einer National=Bürger=Miliz, 5. Zusammenstellung eines verant= wortlichen Ministeriums, 6. Hebung der Volksschulen, ver= langten. Die Bewegung am 12. März an der Universität war ungeheuer, die Professoren und Bürger schloßen sich thätigst an, und die Polizei wagte nicht einzuschreiten. Am 13. März versammelten sich die nied. österr. Stände und es war bekannt, daß sie ein ähnliches Bittgesuch seiner Majestat überreichen wollten. Schon um 8 Uhr Vormittags war die Herrengasse und alle angränzenden Plätze, so wie der Hof des Ständehauses mit Tausenden von Menschen gefüllt, Volksredner traten auf, und eiferten das Volk an, sich den Ständen anzuschließen; alles jauchzte ihnen zu, alles schrie und tobte gegen Metternich, Erzherzog Ludwig und alle die starren Grundpfeiler der alten despotischen Verfassung und nur während sich die Stände beriethen, herrschte Ordnung und Ruhe. Als das Bittgesuch verfaßt war, wurde es im großen Hofe des Ständehauses vom Balkone berab verlesen und — verworfen. Es war zu schwankend zu unterthänig Zischen, Pfeifen, Heulen des ganzen anwesenden Haufens antwortete darauf; man zerriß das Blatt in tausend Stücke, und die Stände sahen sich gezwungen, eine neue Petition zu verfassen. Während diese zweite verlesen wurde, entstand in einem Saale des Ständehauses, wo auch ich*) war, ein ungeheurer Lärm, wir fanden die Thüren verschlossen, *) Der Berichterstatter ist ein Bürgerssohn von Steyr. glaubten nichts anders, als schmählich verrathen zu sein. Wir zerschlugen alle Fenster, Stühle, Uhren u. d. gl., und machten uns eben daran die Thüren zu erbrechen, als diese geöffnet wurden, und die Herrn Stände im Uniform herein traten, uns versichernd, man habe diese Maßregeln nur ge= troffen, um das zu häufige Andrängen des Volkes zu ver= hindern. Wir eilten hinab, und hatten nun genug zu thun, das Volk auf den Straßen zu beschwichtigen, das uns eben mit Gewalt befreien wollte. Ich werde mein ganzes Leben nie diese wüthigen Gestalten vergessen, die mit geballten Fäusten, Schaum vor dem Munde, gegen das Ständehaus anstürmten. — Die Stände gingen nun in die Hofburg, zwölf Deputirte aus unserer Mitte mit ihnen. Bald hierauf rückte ein Detachement Grenadiere an, das Ständehaus zu besetzen, sie wurden aber bald aus der Gasse hinaus ge= worfen. Nun ging man daran, sich nothdürftig zu bewaff= nen. Wir zerschlugen die Schilderhäuser und Ankündigungs= tafeln, machten uns Prügeln daraus, und vertrieben damit gleich eine größere Abtheilung Grenadiere, die wieder an= rückten, das Haus zu besetzen. Hierauf erschien ein Gene= ral zu Pferde mit Husaren, ein Gleiches wiederfuhr ihm. Nun kam Erzherzog Albrecht und Wilhelm mit Pionnieren, Grenadieren und Husaren. Ein Steinregen begrüßte ihn und eine Latte ward dem ersten in die Wange geworfen, daß das Blut herab lief. Wilhelm kommandirte nun Feuer, und zu meiner Seite fielen zwei, einer durch die Brust geschossen, der andere von einem Bajonnet durchstochen, wir wurden aus der Gasse gedrängt unter dem fürchter= lichsten Geschrei das ich in meinem ganzen Leben gehört. Ich nahm mich des Geschossenen an, der mit dem Rufe: "Ich sterbe! aber ich sterbe für die Freiheit" durch die Gasse wankte, und den Damen an den Fenstern seinen blutigen Arm zeigte. (Fortsetzung folgt.) Steyrischer Wochenmarkts=Getreidpreis. Donnerstags den 23. März 1848: Nach dem Mittel Preis der Gattungen gestiegen gefallen Metzen fl. kr. fl. kr. fl. kr. 26 11 16 Weizen 15 9 7 Korn 41 Gerste 25 4 56 Wicken 30 3 Hafer Welser Wochenmarkts=Getreidpreie. Freitags den 24. März 1848: Nach dem Mittel Preis der Gattungen gestiegen gefallen Metzen fl. kr. kr. fl. kr. fl. Wein 6 12 9 8 Korn 30 12 5 Gerste 48 4 57 Wicken 3 Hafer 36 Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredacteur des nichpolitischen Theiles F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.
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