Zwanglose Blätter, Nr. 4, vom 30. März 1848

Gespräche und zweckloses Auf= und Abspazieren verdehnten, stellte sich jetzt das Militär in Schlacht= linien, sprengten die Kürassier mit blanken Sä= beln, wurden Salven auf das Volk abgefeuert. Wo= durch haben sich die Einwohner von Paris, von Wien und von Berlin als Feinde des Vaterlan= des bewiesen, gegen die man gezwungen war die zum Schutze des Staates unterhaltene bewaffnete Macht ohne Rücksicht wirken zu lassen? Die Ereignisse der letzten Februarwoche in Paris, ihre Ursache und ihre Wirkungen sind so vielfältig und unzweideutig dem Publikum darge= stellt worden, daß es ganz überflüssig wäre sie hier zu wiederholen. Die Ereignisse der glorreichen Märztage in Wien verliefen in den allgemeinsten Umrissen in folgender Reihe: Die Studenten in Wien, angeweht von dem weißen Fittige des Engels der Freiheit der seinen Flug durch aller Herren Länder begonnen hatte standen wie ein Mann zusammen und brachten eine Adresse an den Kaiser, um Zurückgabe der ange= bornen und durch die blinde Willkür Mißbrauch übender Bevollmächtigter zu lange verenthaltener Menschenrechte zu Stande. In ihren Bestrebun= gen sich mit der Bürgerschaft Wiens und den nie= derösterreichischen Ständen zu vereinigen und so durch eine höchst loyale Demonstration ungehinder= teren Weg durch die Reihen jener zu finden, die sonst eine undurchdringliche Scheidewand zwischen dem guten Kaiser und seinem treuen Volke gebil= det hatten, wurden sie durch ein Gewehrsalve ge= stört, die das edelste Blut vergoß und das Zei= chen zum Ausbruche der gefährlichsten Feindselig= keiten hätte sein müssen, wenn nicht die Güte des Monarchen siegreich wie die Sonne die schwarzen Wolken des aufsteigenden Gewitters zerstreut hätte. So gewann Osterreich Preßfreiheit, den Schutz= engel der Freiheit, Volksbewaffnung und die Zu= sicherung einer freisinnigen Konstitution. Wir haben edle Todte zu beweinen, doch pflückt es kein Blatt aus ihrem Kranze, wenn man ihre Zahl gering nennt in Vergleich zu den Massen, die fallen mußte ehe die Freiheit in andern Staaten strahlend den Sieg gewann. Herzensgüte und ge= genseitige Liebe des Volkes und des Monarchen waren es, die eine so wenig blutige Entwickelung der unabsehbar scheinenden Wirrsale in einem durch Beamtenwillkür verkümmerten Staate möglich machten; mit einem Schwerte in der Rechten, das die grünen Zweige des Friedens fast ganz verhül= len, steht die österreichische Revolution beispiellos da in der Weltgeschichte. Soll ihre verklärte Ge= stalt nicht befleckt werden, so ist es die heiligste Pflicht jedes Staatsbürgers der Regierung das nöthige Vertrauen und auch die nöthige Zeit zu gönnen, dazu dieselbe mit der erforder= lichen Offenheit zu unterstützen, daß sie mit Umsicht und Ueberlegung das neue Grundge= setz entwerfen und im Verlauf der Tage darauf ein Staatsgebäude aufführen könne, daß allen gerechten Anforderungen zu entsprechen im Stande ist. Seien wir fortan aufopfernd, aufrichtig und wachsam, so werden wir die Wahrheit des alten Sprichwortes beweisen: "Osterreich über All les, wenn es nur will." Und Berlin! Hier tauchte sich die Hand eines an schönen Worten so reichen Königes tief, ent= setzlich tief in das Blut seiner besten Bürger. So viele Berichte uns die Zeitungen und Briefe brachten, niemand vermag es zu ergründen, welch beklagens= werther Irrthum, welch grauenhaften Zwiespalt zwi= schen dem früher gegebenen Worte und dem nachge= folgten Entschluße des Königs, es möglich machte daß nach dem zwischen Fürst und Volk geschlossenen Frieden in den schönen Strassen Berlins eine Schlacht geschlagen werden konnte, so blutig wie eine offe= ne Feldschlacht. Der König von Preußen hatte nach langem Widerstande seinen Unterthanen jene Freiheiten

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