Zwanglose Blätter, Nr. 3, vom 25. März 1848

anders beschlossen. Metternich und sein Systen sind gestürzt, nur die Nothwendigkeit nennt ihre Na= men und nur der Unwille begrüßt sie — und Graf Fiquelmont ist wirklich Metternichs Nachfolger als Minister der auswär= tigen Angelegenheiten und des Hauses. Die Ernennung eines Kriegs=Ministers haben sich Se. Majestät vorbehalten. Möge ein Mann auf diese Stelle kommen, der eben so ferne von aristokratischem als soldatischem Hochmuthe nicht ver= kennt, daß durch einen anders geschnittnen und gefärbten Rock Söhne eines gemeinsamen Vater= landes das gemeinsame Interesse mit jenen weder verlieren sollen noch wollen, die im schlichten Civilkleide sich ehrlich ihr Brod verdienen. Eingesendetes. Eine andere Meinung.*) Bevor wir unsere Meinung aussprechen, glauben wir zur Hintanhaltung jedes Mißverständnisses die Versicherung geben zu müssen, daß wir in den allgemeinen Jubel, der jetzt unser liebes Vaterland bewegt, von ganzem Herzen ein= stimmend, die sehr lobenswerthe Tendenz der „zwanglosen Blätter für Oberösterreich,“ vollkommen anerkennen, und den ehrenhaften Charakter des Herrn Redacteurs derselben der nach deutscher Sitte jedem Gutgesinnten seine Rechte zu edlem brüderlichem Zusammenwirken biethet, hochachten. Diese Zeilen sind also keineswegs gegen den Zweck der Blät= ter, sondern nur gegen die Zweckmassigkeit eines in Nr. 2 (Artikel: Oertliches) empfohlenen Mittels gerichtet. In diesem Artikel wird die Ansicht ausgesprochen, daß der Priester, weil er öffentlich zum Volke spricht, den Werth und den Umfang der gegenwärtigen Errungenschaften zum Gegenstande seiner Kanzelvortrage zu machen habe. Dieses Ansinnen dürfte der priesterlichen Sendung, die in den Wor= ten: Gehet hin in die ganze Welt, und prediget das Evan= gelium allen Geschöpfen (Marc. 16. 15.) kaum entsprechen. Das Evangelium — das geoffenbarte Gotteswort — predigen, und nur dieß predigen erscheint uns als des Kan= zelredners Aufgabe. Dieses aber schweigt über den Werth oder Unwerth der verschiedenen Regierungs=Formen, lehrt vielmehr sich jeder fügen. Sehen wir auf die wahrscheinliche Folge, wenn die Redner jener Ansicht entsprechen würden! Hätte eine Meinung ihren Repräsentanten, so würd ihn auch die andere bekommen; die Kanzel würde ihrer Be= stimmung entfremdet, in Bälde ein Schauplatz politischer Kämpfe, ihrer Würde und Wirksamkeit auf das Volk ver= lustig werden. Die politischen Meinungen des Volkes, we=l ches das auf der Kanzel gesprochene Wort nicht minder ach= tet, als der Pytagoräer den Ausspruch des Meisters, würde vielleicht schon in Nachbarspfarren divergiren, ja diese Schei= dung könnte sich sogar bis in die Familien erstrecken, und bedauerliche Conflicte dürften entstehen, wenn z. B. in ir= * Wir fühlen uns verpflichtet, dieser anderen Meinung Raum in unseren Spalten zu gönnen, behalten uns jedoch vor, ein kleine Bemerkung darüber zur besseren Verständi= gung im nächsten Blatte folgen zu lassen. D. R. gend einer Pfarre, an der zwei Geistliche angestellt sind, der Mann die in der Frühlehre gepredigte lieberale Ansicht des Kaplans theilete; die Gattin hingegen durch die Spät= predigt des absolut monarchisch gesinnten Pfarrers in ihrer an= gebornen Neigung zur absoluten Monarchie (versteht sich, nicht nach dem salischen Gesetze noch bestärkt wärde. Also in der Kirche keine Politik Sch. Die Juden fordern durch große Anschlagzetteln an allen Strassenecken Wiens Jedermann auf, der für die Gleich= stellung aller Religionen stimmt, ihre in allen Kunst= und Buchhandlungen, dann Kaffehäusern aufliegenden Petition an den Kaiser zu unterfertigen. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß sich Fürst Met= ternich auf seinen Herrschaften in Böhmen befinde. Erzherzog Albrecht befindet sich ruhig in Wien, wo er nach der Angabe unseres Berichteserstatters am 10. d. M. aus einem Fenster der kaiserlichen Burg einer auf dem äu= ßern Burgplatze statt gehabten Feldmesse zusah. Vor Kurzem befremdete uns an den Strassenecken Steyrs in einer Affiche, die die Einwohner aufforderte, ihre Häuser zu beleuchten, der Ausdruck: „Es moge dieß als Freudenbezeugung für die erhaltenen "Conzessionen" geschehen. Nach unsern Wissen und Erkennen hat sich unser gütiger Kaiser zum Wohle seiner Staaten bewogen gefunden, sei= nes absoluten Herrscherrechtes sich zu begeben, er hat uns Preßfreiheit und Volksbewaffnung verliehen, endlich ein "Constitution" zugesichert. Warum also das von Millionen jubelnd begrüßte Kind nicht frei beim rechten Namen nen= nen? Conzessionen! Was ist das für ein Bettelpfennig, unwürdig des kaiserlichen Gebers unwürdig der sieggekrön= ten Empfänger! Eine andere Affiche macht einen ganz unzeit gemäßen Unterschied zwischen "der Bürgerschaft" und "den übrigen Einwohner Steyrs." Was sollen solche zopfige und nicht zeitgemäße Aengstlichkeiten und Spaltungen in diesen blühenden Tagen deren Früchte nur offener Muth und innigste Vereinigung erlangen können? Die Redaktion dieser Blätter erbietet sich die Zöpfe allen Jenen, denen es noththut ohne Anspruch auf ein Ho= norar mit wahrer Herzensfreude vom Nacken zu schneiden Verlegt von Franz Sandbök. — Redigirt von Alex. Jul. Schindler. — Druck von Haas in Steyr.

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