Zwanglose Blätter, Nr. 3, vom 25. März 1848

v. Taaffe (zuletzt Oberster Justiz=Präsident) bewegte sich lange im cameralistischen Fache. Tiefe Jurisprudenz erfordert seine jetzige Stelle. Es handelt sich um die Revision sämmtlicher Gesetze deren größerer Theil den Anforderungen eines con= stitutionellen Staates, dessen höchst freisinnige Um= risse bereits durch kaiserliches Wort garantirt sind, nicht zu entsprechen vermag. Es handelt sich um Einführung der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit im Gerichtsverfahren, um die jeder tüchtige und red= liche Richter schon seit Jahren seufzte, um so den schmählichen Verdacht von sich wälzen zu können, er sei wohl auch einer der Peiniger und Aussauger der Unterthanen, von deren Existenz im Allgemei= nen man freilich mit Recht überzeugt sein durfte. Ja es handelt sich in gewissen Fällen sogar um Ein= führung eines Geschwornen=Gerichtes. Denke man sich dazu bei den Beamten, die zur Verwendung stehen, einen theils durch den Studienplan, theils durch die gerngesehene Oberflächlichkeit und Ma= schinenfertigkeit der Angestellten veranlaßten Mangel an wissenschaftlicher Grundlage, die Anforderungen der verschiedenen Nationalitäten und Lokalverhält= nisse, die in unserem Kaiserthume zu berücksichtigen kommen, so wird man es nicht unbillig finden, wenn man zum Justizminister einen Mann verlangt, der im Stande ist auf fester wissenschaftlicher Grund lage aus reichen Erfahrungen ein Gebäude aufzu= führen, das von Außen und von Innen vollendet, den Stürmen der Zeit zu trotzen vermag. Finanz=Minister ist der ehmalige Hofkammer= Präsident Baron Kübek. Auch er wird als einer von Jenen bezeichnet, denen die Willkür und Ueber= macht Metternichs durchaus nicht gestatteten, ihren ganzen Werth, ihre ganze Brauchbarkeit zu entfal= ten. Er ist aus den Reihen des Volkes durch Fleiß und Aufopferung (welcher Art?) zu den hohen Posten, den er bekleidet, emporgestiegen. Noch mißtraut man ihm nicht und schenkt er reinen Wein ein, so wird er, da man sein Talent im Allge= meinen längst nicht mehr bezweifelt, bald das Ver= trauen genießen, das er fast im größeren Maße be= darf, als jeder seiner Collegen. Vor der Hand ist er unentbehrlich v. Pillersdorff, der Minister des Innern ge= nießt das vollste Vertrauen des Volkes, oder besser jenes Theiles unserer Mitbürger, die vor den gro= ßen Tagen des Märzens Lust, Beruf oder Gele= genheit hatten, die hervorragenden Persönlichkeiten der Staatskanzleien und ihre Stellungen und Wirkungen kennen zu lernen. Da v. Pillersdorff seine volksbeglückenden Pläne alle an der starren Rücksichtslosigkeit einer Alles beherrschenden Per= sönlichkeit einerseits, und an der Unfähigkeit und unendlichen Trägheit der wohlgehäbigen Büreaukra tie anderer Seits immer zuverlässig scheitern sah, stand er schon mehr als Einmal auf dem Punkte abzu= danken und nur der glückliche Umschwung der Dinge rettete uns den vielgekränkten, unschätzbaren Mann. Er wird unsere Hoffnungen nicht täuschen, und wie er mit ein Schöpfer der jungen Freiheit war, so wird er auch nicht vergessen in Zukunft ein treuer Wächter derselben zu sein. Der Minister des Auswärtigen und des Hau= ses (des Hauses!) ist Graf Fiquelmont. Fiquel= mont war bis heute Diplomat, von Metternich als solcher sehr geachtet und brachte einen großen Theil seines Lebens als Gesandter am russischen Hofe zu, wo er ungemein wohl gelitten war. Er galt für denjenigen Staatsmann, der mit dem besonderen Vertrauen Metternichs beehrt, in des= sen Pläne und Geheimnisse aufs Tiefste einge= weiht war, ja in dieser Richtung stand er vor der öffentlichen Meinung in so hoher Geltung, daß er immer als unvermeidlicher Nachfolger Metter= nichs zu einer Zeit bezeichnet wurde, wo Metter= nichs System in vollster Blüte stand und keine Seele daran dachte, daß es über Nacht verwelken, oder von einem Sturme unwiederbringlich dahin geweht werden könnte. Die Vorsehung hatte es

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