Zwanglose Blätter, Nr. 2, vom 21. März 1848

An den Kaiser FERDINAND I. von Oesterreich. Heil Dir, mein „Kaiser! In all' der Lust, Zu der Dein Volk sich ermannt hat, Sei Dir vor Allen ein Heil gebracht, Den es immer als edel erkannt hat! Heil Dir, mein Kaiser! Denn an dem Tag, Den mit Blut Deine Treuen geweihet, Da haben sie nicht sich selber allein, Sie haben auch Dich befreiet. Wir haben seit Jahren mit Schmerz geseh'r Unsern Kaiser, den Edeln, gefangen; Das ist denn uns'rer Treue zuletzt Zu tief in's Herz gegangen. Sie haben in jüngsten Tagen Dein Haus In dem Du gefangen gesessen, Mit Flinten und Spießen gewaltig umstellt, Und haben auf Nichts vergessen. Denn auf eines vergaßen sie darum doch: Weil sie davon Nichts wissen: Daß, will ein Volk seinen Kaiser frei, So fragt's Nichts nach Flinten und Spießen. Wir trugen Flinten und Spieße nicht, Doch trug uns ein kräftiges Wollen; Wort wider Gewalt: ihr werdet seh'n, Daß die Flinten ermatten sollen. Und mein Kaiser, es hat Dich das Wort befreit Von dem Schließern, trotz mörd'rischem Rasen: Wo sind sie? Es hat sie des Volkes Hauch Hinaus in die Lüfte geblasen Fort sind sie, und nehmen mit sich dahin Ein unbrauchbares Jahrhundert; Frei ist und offen zu Dir der Weg, Wir schau'ns und sind selig verwundert! Der Kaiser ist frei, d’rum sind wir frei, Was wir sprechen, wird Er vernehmen; Mild wird der Kaiser sich seinem Volk, Das Volk sich dem Kaiser bequemen; Der Kaiser ist frei, d' rum sind wir frei; Wir wissen, dein Herz zu messen: Daß wir Flinten und Spieße dazu nicht gebraucht, Das wird er uns nimmer vergessen. Hermannsthal. Ein literarisches Wienerblättchen macht am 18. I. M. den Vorschlag zur Einführung einer Eigenthumssteuer in der Art, daß die Vielbesitzenden und daher Vielbezahlenden, als hiedurch um den Staat verdiente Männer mit Orden, persönlichem Adel, Rangstufen, Ehrentiteln und dergleichen Vorrechten belohnt werden sollen, um durch Anspornung des Ehrgeizes eine gewissen= hafte Angabe des nichtkontrollfähigen Besitzes zu erzielen. Auf diese Anregung einer nützlichen finanziellen Idee thut sich die Redaktion des Blattes in der beigefügten Randbemerkung aus dem Grunde etwas besonderes zu Gute, weil die aufgeho= bene Censur an dieser schuldlosen Notiz (sic!) dennoch Anstand genommen und den Redakteur an die k. k. Hofkammer oder an das Landespräsidium gewiesen habe —!! Der gute Wiener=Zuschauer ist also der gegebenen Preßfreiheit ungeachtet, mit dem Blatte zur Censur gewandert, und hat die vermeinte Perle, die das blinde Huhn gefunden, gakernd vor den Richterstuhl der Behörden getragen, falls eine oder die andere daran etwas auszusetzen fin= den sollte! Soll man die Geschicklichkeit, womit der Verfasser des Vorschlags dem bekannten brittischen Steuerinstitute den Narrenmantel umzuhängen gewußt hat, oder die gurlihaft naive Redaktionsseele, die noch immer die alten Schlagbäume der Censur aufzusuchen bereit ist, mehr bewundern? Oder sollte Hr. E — vielleicht den klugen, feinen Mann machen, und etwa einen Ehren= titel benöthigen —? Dem Mann kann geholfen werden! Moschus. Verlegt von Fraz Sandbök. — Redigiert von Alex. Jul. Schindler. — Druck von Haas in Steyr.

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