Zwanglose Blätter, Nr. 2, vom 21. März 1848

Sollen diese Gefangenen und Verbannten ausgeschlossen bleiben von dem Genusse des Glücks das uns jetzt in vollem Maße zugemessen worden ist? Sollen, während wir uns mit seidnen Bän= dern schmücken, die Hände unserer edlen Brüder die Last der kalten Fesseln fühlen? Sollen, während wir am festlichen Glanze unserer Städte, am fröhlichen Aufblühen unseres frühlingshaften Vaterlan= des uns erfreuen, unsere Freunde in der Fremde darben oder trauern oder es höchstens wagen, wie ungebetene Gäste sich einzuschleichen? Weg mit diesen häßlichen Bildern. Hervor aus euren Kerkern, herbei aus euren Verstecken, aus eurer fremden Ferne, Brüder und Kampfgenossen im Geiste, Po= len, Deutsche, Italiener, Ungarn, Böhmen oder wie immer euer Volksstamm sich nenne. Offene Arme, dankbare Herzen werden euch die Leiden der Vergangenheit vergessen machen. Wir zweifeln nicht, daß die Regierung im Verfolge der Grundsätze, die sie nun bestimmen müssen, recht bald einen Befreiungsruf an alle jene wird ergehen lassen, die im Gefängnisse oder in der Verbannung schmachten, und in unsern Reihen noch schmerzlich vermißt werden. Die Form des Rufes zu treffen, wird Sache derer sein, die ihn mit Gesetzeskraft zu erlassen haben. Ob hier eine Amnestie oder ein Mehreres noth thut, überlassen wir vertrauensvoll ihrem Ermessen. 2. Unser gütiger Monarch zu dessem Throne endlich die lauten Wünsche seiner Völker gedrun= gen sind, hat uns sein kaiserliches Wort für eine constitutionelle Verfassung geben, hat uns die große Wohlthat der Preßfreiheit und Volksbewaffnung gewährt. Unter constitutioneller Verfassung kann bei der Größe unserer Monarchie, bei den verschiede= nen Interessen unserer Provinzen und verschiedenen Nationalitäten nur eine Vertretung durch Reichs= Stände ins Leben treten, obwohl nebenbei Provinzial=Stände bestehen können, die aber unterge= ordnet sind. Solche ständische Versammlungen werden gewöhnlich in zwei Kammern getheilt, welche obwohl abgesondert berathen, dennoch nur einstimmig zu handeln haben. Nicht immer, was die eine Kammer beschließt, wird in der andern angenommen, und weil in jeder andere Klassen der Staats= bürger vertreten sind, werden oft dieselben Gegenstände von verschiedenen Gesichtspunkten besprochen, und eben dadurch die Unrichtigkeiten oder Einseitigkeiten der einen Kammer durch die andere beho= ben. Es liegt demnach in der Theilung der Reichs=Stände in zwei Kammern eine größere Ge= währleistung für das Gesammtwohl, als wenn nur eine Kammer besteht, da dieselben Gegenstände zwei ganz verschiedenen Berathungen unterzogen werden, und weil, wenn beide Kammern sich über einen Gegenstand mit Ja oder Nein entschieden haben, dieses weit eher als Entschluß der Nation er= scheint, als wenn in nur einer Kammer der Gegenstand durch Zufälligkeiten die Majorität für den einen oder andern Entschluß erhalten hat, und eben deßhalb liegt in zwei Kammern auch eine größere Sicherheit für den Monarchen selbst. In der ersten Kammer sitzen 1. die hohe Geistlichkeit, 2. der Adel, entweder durch Geburt oder durch Besitz dazu berufen, oder durch den Monarchen hiezu bestimmt. Die zweite Kammer gehört der Wahl an. In derselben sitzen die Abgeordneten aus Städten und vom flachen Lande die frei für eine bestimmte Zeit gewählt werden. Ueber die Art und Weise der Wahl selbst bestehen verschiedene Ansichten, und nach diesen verschiedene verfassungsmäßige Vor=

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