Zwanglose Blätter, Nr. 2, vom 21. März 1848
nen Erde. Aber ausser dem Glück, den gütigen Herrscher uns erhalten zu wissen, haben wir in diesen Tagen doch noch auch Anderes zu preisen, noch für andere Geschenken, die uns Gott gege= ben hat, zu danken. Es ist die Pflicht eines Jeden, der zur Offentlichkeit spricht, die Wichtigkeit des Augenblickes, den Werth und den Umfang der Errungenschaften und das Verhalten und die Richtung der Thätigkeit zu predigen, die uns die zugesicherten Geschenke ungeschmälert erreichen machen, dann aber auf's Heilsamste benutzen lassen wird. Nach der vollendeten kirchlichen Feier, zu deren Verherrlichung die achtenswerthe Ortsgeistlich= keit das Erforderliche beigetragen hatte, und bei der sich sämmtliche Ortsbehörden in schwarzen Kleidern einfanden, marschirte die Truppe wieder ab, und stellte sich vor dem Rathhause auf dem weiten Stadt= platze auf. Vom Balkone des Rathhauses wehten die weiße, die weißrothe, die schwarz und gelbe und die stolze schwarz=roth=goldene Fahne und der Bürgermeister verkündete mit lauter Stimme die durch kaiserliches Wort geschehene Errichtung einer Nationalgarde für das ganze Kaiserreich, die Gewährung der Preßfreiheit und einer Constitution. Ein donnerndes Hoch! erschallte aus den Reihen der Nationalgarde und der versammelten Zuse= her, die Musikbande spielte die Volkshymne, aus vielen Fenstern flatterten Fahnen in vielgeliebten Far= ben, nicht enden wollender Jubel brach unaufhaltsam los, Lebehochs auf die Constitution, den Kaiser die Preßfreiheit, die Nationalgarde, die Studenten und Bürger Wiens jauchzten durch die Lüfte, die Fahnen wurden geschwenkt und die begeisterte Nationalgarde marschirte ab, während fröhliche Musik erscholl und begeisteter Vivatruf für begeisternde Errungenschaften von Mund zu Mund durch alle Reihen flogen. Abends war festliche Vorstellung im Stadt=Theater, darnach waren Stadt und sämmtliche Vor= städte glänzend beleuchtet. Das Rathhaus, das neue Kreisamtsgebäude, nicht minder das fürstlich Lamberg'sche Schloß, auf seinem malerischen Felsen zeichneten sich durch geschmackvolles Arrangement aus. Von der Zinne des Schloßthurmes wehte die weiße Fahne, ein Ausdruck der Gesinnung des Fürsten, der sich in den ständischen Kämpfen schon früh als ein Verfechter des freien Wortes und jeder freisinnigen Institution hervor gethan hatte. Die Nationalgarde stand die ganze Nacht unter Waffen, und während meine Brüder patrouilli= ren, schreibe ich auf der Wachtstube diesen freudigen Bericht. Ja! meine Mitbürger wissen zu würdigen, und ich bin überzeugt, auch zu benützen, was ihnen die letzten Tage gebracht haben. Wer die Freiheit kennt, der wird auch Pflicht und Arbeit kennen, die zu ihrer Erhaltung nothwendig sind. Wer die Freiheit zu pflegen versteht, der wird auch ihre Früchte erndten, der wird und muß für sie opfern und arbeiten, für sie leben und sterben. So eben verbreitet sich die erfreuliche Kunde, daß die k. k. Gewerkschaft den Preis des Schar= sachstahles um 2 fl. C. M. den des Mittelzeuges um 1 fl. C. M. herabgesetzt habe. Das wäre nun eine saftige Frucht der neuen Ordnung der Dinge, deren Geschmack wohl jeden Gaumen munden muß und niemand wird zweifeln, daß das ein guter und gesunder Baum sein muß, der solche Früchte zur rechten Zeit hervorbringt. Ich wünsche den Gewerbsleuten Steyrs Glück zu diesem Ereignisse und fordere sie auf das vollste Vertrauen zu einer Regierung zu haben, die sich so treffend und dringend damit beschäftiget, die sehn= lichsten Wünsche ihrer Unterthanen zu befriedigen.
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