Zwanglose Blätter, Nr. 1, vom 18. März 1848

liebtes Vaterland, höchst beunruhigend für sein Eigenthum und seine Freiheit ausgefallen. Was nun nach dem Entscheidendem was er bereits gethan hat, noch folgen wird und muß, hängt von seinem Wil= len und seiner Fähigkeit zu handeln ab. Wir wollen die einzelnen Beschaffenheiten des erwünschten Staates, an dem Osterreich, wie es vor den 10. März l. J. bestand, aufzufinden uns bemühen — ein trauriges — ach! — ein fruchtloses Geschäft. Statt zeitgemäßer Institutionen finden wir veraltete Grundgesetze, welche den Berechtigungen und Verpflichtungen, die allen Schichten des Volkes und endlich auch den widerstrebenden Gewalt= habern klar geworden sind, keineswegs mehr entsprechen. Die Stellung und das Bewußtseyn der Herrscher sowohl als der Beherrschten sind anders geworden, die gegenseitigen Anforderungen haben sich gesteigert. Im Kreislaufe der Begebenheiten wiederholt sich Alles, und wie in den Tagen unse= per Urahnen nur Tapferkeit und Weisheit den Edelsten zum König machten, so genügt schon heute nicht mehr die Rechtmässigkeit des Staatsoberhauptes für Alles das, was übel geschieht oder traurigerweise unterlassen wird zu entschädigen und das Volk will seinen Lenker der Aufgabe gewachsen oder beschränkt und unterstützt sehen nach Bedürfniß. Auch die Bestandtheile des Volkes haben sich geschieden und ausgebildet. Es sind Volksklassen entstanden, die bei der Errichtung jener alten Verfassungs=Grundgesetze noch nicht vorhanden waren, und jetzt frisch und blühend das ganze Land ernähren und beleben und gebietherisch Berücksichtigungen fordern, die man ihnen nicht länger verweigern kann. Dem Adel und der Geistlichkeit haben sich Wissenschaft, Industrie und Handel mit unwidersteh= lichen Waffen gegenüber gestellt, drei Mächte, welche die Regierung Osterreichs noch vor zwei Jahr= hunderten keines Federzuges würdigte. Diese sind die wesentlichsten Mängel unserer Verfassungen. Ein Volk das, wenn auch nur oberflächlich vom Geiste und dem Verständnisse unserer Zeit angeweht ist, konnte sich unmöglich durch Achtung und Anhänglichkeit an eine Regierung geknüpft fühlen, die um jeden Preis an Institutionen festhielt, die für die Gegenwart ebenso ungerecht als für die Dauer unmöglich sind und alle Leistun= gen eines solchen Volkes gegenüber einer solchen Regierung waren nur einseitige Opfer, gebracht um die äußern Ordnung bis zu dem Augenblicke herzuhalten, wo eine günstige Wendung der Dinge die nothwendige Umgestaltungen des Staates herbeiführen wird. Dieß ist die Rücksicht, Die Elend läßt zu hohen Jahren kommen! In diesem Sinne zahlte der Osterreicher noch gerne seine drückenden Lasten, in jedem an= dern waren sie ihm längst unerträglich. Er war schlechterdings nie im Stande die Nothwendigkeit des Staatsbedürfnisses in der Ausdehnung als es gefordert wurde zu begreifen, den der Staat ver= folgte mit den Mitteln der Unterthanen Zwecke, die er diesen nie mitzutheilen wagen durfte. So wußte der Osterreicher nie wofür der Staat von ihm Geld verlangte und erfuhr nie, wozu das ge= gebene verwendet worden ist, ja das Recht über das verwendete Geld Niemand Rechnung legen zu dürfen hielt die Regierung für ihr heiligstes und unverletzlichstes; das Vertrauen des Unterthans und

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