Steyrer Wochenblatt, Juli 1945, Blatt 8

Seite 2 Steyrer Wochenblatt Der Stadtkommandant wird dafür sorgen, daß diese Befehle durchgeführt werden. Auch das wilde Grasen der Pferde ist verboten. Wenn eine Wiese gebraucht wird, kann sich der Bürgermeister mit dem Komman¬ danten darüber besprechen Im Anschluß an die Rede des Wirtschafts¬ vertreters bildete sich eine lebhafte Debatte der ein¬ zelnen Bürgermeister. Es wurden Erfahrungen aus¬ getauscht und verschiedene Probleme angeregt Der Bürgermeister von St. Ulrich zeigte auf, wie durch die Nazimißwirtschaft empfindliche Lücker in die Versorgung gebracht wurden. Ein Bericht erstatter erklärte, daß es vor allem an geschultem Melkerpersonal fehle, daß es häufig vorkomme, daß hochschwangere Bäuerinnen bis zum letzten Tag der Niederkunft die Kühe melken müssen, um der Milch¬ ablieferung nachzukommen. Auch hier wird Abhilfe geschaffen werden müssen, vielleicht durch Melkerkurse, um wenigstens in einiger Zeit geeignete Kräfte au das Land vermitteln zu können. Der Bürgermeister von Neustift, der aus dem Arbeiterstande hervor ging und sich durch sein entschlossenes antifaschistisches Auftreten und seiner steten Hilfsbereitschaft der be onderen Beliebtheit seiner Gemeinde und der um liegenden Bauern erfreut, schilderte, wie in seiner Gemeinde mutige junge Antifaschisten, die als Polizisten Dienst machen, den Kampf gegen Plün¬ derer und Saboteure aufnahmen. Von Diepoltsau kamen des öfteren Zivilisten, einmal sogar mit Maschinenpistolen bewaffnet. Der Stadtkommandant gab die Vollmacht zu ihrer Verfolgung und sie Lokalnachrichten Festversammlung in Münichholz. Am Sonntag den 22. Juli, 10 Uhr, findet vor dem Kaufhaus Kraus und Schober, Hans=Wagner¬ traße, eine Festversammlung, anläßlich der Umbenennung von Nazi=Straßennamen in Namen unserer Freiheitskämpfer statt. Es spricht Bürger meister Kahlig, der Stadtkommandant und Sekt.=Obmann Karigl Umrahmt wird diese schlichte Feier durch Vorträge einer Musikkapelle und der Gesangs Abteilung der Freien Jugend Oesterreichs. —Bd— Aufforderung! Die Steyrer Hausbesitzer, Hausverwalter Hauswarte und Hausvertrauensmänner werden erneut darauf aufmerksam gemacht, daß Vermie¬ tungen von Wohnungen (Haupt= oder Unter¬ niete) ausschließlich vom Wohnungsamt der Stadtgemeinde Steyr=Ost, Roseggerstraße Nr. 2, vorgenommen werden. Vermietungen, die von einer anderen Stelle erfolgen, sind ungültig und die Mieter laufen Gefahr, die Wohnung zu verlieren Die privaten Hausbesitzer werden aufgefordert, ihre leerstehenden Wohnungen sowie einzelne Wohn¬ räume dem Wohnungsamte zu melden. An alle Hauseigentümer und Mieter ergeht der Aufruf, die Wohnungen von Illegalen und NSDAP.=Funtionären zu melden. Nach § 22 des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945, St.=G.=Blatt Nr. 13/45, können Miet=, Pacht= und Dienstver¬ hältnisse mit den im § 17 angeführten Personen unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist aufgelöst werden. wurden gestellt. Ueberall dort, wo unsere Anti¬ aschisten mutig und entschlossen auftreten, kehrt bald Ruhe und Sicherheit ein. Er machte den Ver¬ ammelten in eindringlichen Worten klar, daß wir vor einer Katastrophe stehen. Wir müssen zusammen¬ helfen und alles daransetzen, um die bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden Im ganzen gesehen, haben uns die Worte dieses mutigen und von Pflichtbewußtsein gegenüber unserem Volk erfüllten Bürgermeisters sehr erfreut Er ist der Typ des neuen Bürgermeisters, der ent¬ chlossen anpackt und sich nicht von Hemmungen und Strömungen leiten läßt. Er kämpft gegen alle Wider¬ tände und hat unverrückbar das Ziel vor Augen: Die Wiederaufrichtung des demokratischen und ge icherten Lebens. Er weist auch darauf hin, daß wir nicht engherzig sein dürfen. Wir wissen, daß wir der Roten Armee Dank schuldig sind, aber wir können diese Opfer, die sie gebracht, nur in einer planvollen Zusammenarbeit würdigen. In Bezug auf die Lieferpflicht führte er aus, daß wir als Grundlage die vergangenen Jahre nehmen müssen. Aber diese Erhebungen sollen nicht starr angewendet werden. Auch hier müssen Bauern und Bürgermeistet mit der Bezirkshauptmannschaft eng zusammen arbeiten, um unnötige Härten in der Erfassung zu vermeiden. Größtenteils steht in diesen Jahren das Getreide schöner auf den Feldern als im ver¬ gangenen Jahr Schluß des Berichtes folgt in der nächsten Ausgabe Die Redaktion. Bei Wohnungsmangel müssen diese Kündigunger auf Verfügung des Wohnungsamtes durchgeführt werden. Freigabe der Radiogeräte. Auf Grund einer Verfügung des Stadtkomman¬ danten der Roten Armee wurden der Bevölkerung deshalb, weil sie sich der Roten Armee gegenüber loyal verhalten hatte, als Anerkennung dieses Ver¬ haltens, die Radiogeräte wieder ausgefolgt Der Bürgermeister und die Vertreter der Komm Partei haben des öfteren diesbezüglich interveniert, um die Apparate wieder an die Bevölkerung verteilen zu können. Ist doch den Menschen in der Vergangenhei das Radio der einzige Mittler gewesen, der ihner das bot, was ihm der faschistische Rundfunk verschwieg Hoffnung und Zuversicht beseelten den Einzelnen wenn er die Stimme Moskaus, der Schweiz etz. venn es auch heimlich sein mußte, hörte. Die Bevölkerung von Steyr=Ost, dankt auf diesem Wege dem Herrn Stadtkommandanten, wie dem Herrn Bürgermeister und der Komm. Partei und wird trotz der schwierigen Lebensbedingungen weiterhin bemühr sein, durch loyales Verhalten, das in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen Ist doch die siegreiche Rote Armee der Garant dafür, daß der Faschismus nie wieder sein Haupt erheben wird. —Fa— Münichholz, Leo-Gablerstr. 5 (Panetta-Straße) Dr. Ott Sprechstunde; Montag u. Donnerstäg 14—15 Uhr

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