Seite 2 Steyrer Wochenblatt es ist nicht so gekommen wie wir befürchtet hatten. Wir sind heute auf uns selbst gestellt, wir brauchen die Industrie, um die Güter zu erzeugen und ver¬ kaufen zu können, um das Notwendige zur Er gänzung und Sicherung unserer Ernährung aus dem Ausland einzutauschen. Die Faschisten haben unsere Wirtschaft verplant. Es wurde angebaut und pro¬ duziert, was wir heute nicht verwerten können. Es wurde zum Teil nicht angebaut, weil es an Kräfter und Werkzeugen fehlte. Ebenso leidet die Ernte¬ einbringung unter der Schwierigkeit der fehlenden und vor allem geeigneten Arbeitskräfte, die noch fern der Heimat stehen. Sie leidet an dem Mangel von landwirtschaftlichen Maschinen. Darum brauchen wir die Industrie, um diese Schwierigkeiten zu beheben. Was ist zu tun, um unserer von Krieg und Bomben zerstörten Industrie neues Leben und Arbeits¬ möglichkeit zu geben? Selbst die extremsten Anhänger der Privat wirtschaft baben umlernen müssen. Auch sie sind sich klar geworden, daß wir nicht wieder mit den alter Methoden anfangen können, wo jeder tun und machen kann was er will. Auch sie müssen begreifen daß eine gemeinsame Idee den Wiederaufbau tragen muß, denn sonst wird es nicht gelingen! Die Arbeiter und Angestellten waren als erste auf ihrem Platz Sie haben sich sofort eingesetzt, daß der Stock an Arbeitsmöglichkeiten erhalten bleibt. Sie hatten keiner Grund, davonzulaufen. Nur die, welche glaubten, es wäre ein ewiges Reich und daher wie die Drohner gelebt haben, sie mußten flüchten und waren aus¬ gerissen. Wir haben mit den Arbeitern und An¬ gestellten die Voraussetzungen für den Aufbau einer neuen Industrie geschaffen. Arbeitervertreter und Wirtschaftsgruppen haben gemeinsam einen Pro¬ duktionsplan ausgearbeitet. Aber was nützt all Planung, wenn sich wieder wesensfremde Elemente in der Wirtschaft breit machen, die nur nach Profit und Privatinteressen arbeiten wollen, welche die Arbeiter wieder zwingen wollen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Die herrenlos gewordenen Betriebe müssen dem Staate übereignet und von Arbeitern und Angestellten geführt werden. Die Arbeiter und Angestellten sind fähig, diese Betriebe so zu führen, daß sie erfolgreich arbeiten können. Die Industrie muß heute das erzeugen, was unser Volk braucht. Sie muß wirtschaftlich arbeiten, damit der größte Nutzen für das Volk und den Verbraucher entsteht. Wir werden die Betriebe nicht schlechter führen, Aus der Jugendbewegung Jugend voran! Nachdem die Begründer des „Tausendjährigen Reiches“, das deutsche Volk und mit ihm uns Oesterreicher zum totalsten Zusammenbruch der Geschichte geführt haben, steht eine junge Generation vor einer Welt voll Scherben und Trümmer. Nicht nur, daß uns die zusammengeschlagenen Städte und Fabriken noch lange als Wahrzeichen einer besonderen Epoche des Deutschtums anstarren werden, sind mit diesem völligen Zusammenbruch auch ideelle Postamente gefallen und haben Grauen, Entsetzen, Ratlosigkeit in den Herzen und Gehirnen der Menschen zurück gelassen. Wie arm ist unsere Jugend! Der militärische Geist hat wie ein Moloch seine Fangarme bis hinunter in die zartesten Kinderjahre gestreckt und Jahrgang um Jahrgang von den Herzen der Eltern Geld werden wir bekommen, wenn wir die Banken ebenfalls verstaatlichen. Die arbeitende Masse muß die Verstaatlichung der Großbetriebe und Banken in ihrem eigensten Interesse fordern Wir wollen denjenigen, der wirklich etwas kann, aus dem Wirtschaftsprozeß nicht ausschalten Jeder kann mithelfen am Wiederaufbau und es ist notwendig, daß sich die Intelligenz in die Technik und Wirtschaft einschaltet und mitarbeitet. Aber ohne einen planmäßigen Wirtschaftsaufbau kommen wir nicht in die Höhe. Mit den zerschlagenen Betrieben den wenigen Maschinen und alten Methoden, wo jeder erzeugt und verkauft was er will, kommen wir nicht vorwärts. Alle Volkskreise müssen zusammen¬ arbeiten, die Gewerkschaften sowohl wie die Ver braucher müssen vertreten sein. Die Planung muß den Betrieben zur Erzeugung zuteilen, was das Volk im wesentlichen braucht. Die Kreditlenkungs¬ Kommission wird nur denen Kredite geben, die nur das erzeugen, was das Volk braucht In dem von der Roten Armee besetzten Gebiet arbeiten heute schon wieder 400 Betriebe, die Halb¬ zeug und Fertigware erzeugen. Die Gewerkschaft hat diesen Aufbau begonnen und sich damit das Recht erworben, den notwendigen Einfluß in der Wirt chaft für alle Zukunft zu sichern Derzeit werden auch Handelsverträge mit der Sowjet=Union, Rumänien und Ungarn ausgearbeitet. In den nächsten Tagen wird die alliierte Kommission in Wien eintreffen. Unsere Betriebe müssen start bereit sein für die Aufträge, welche unserer Industrie zugeteilt werden. Auch in Steyr sind die Vorbereitungen ge¬ troffen worden zur Wiederaufnahme der Produktion Auch in diesen traditionsreichen Betrieben muß ein Wendung eintreten. Die Arbeiter und Angestellter müssen dieses Werk als das Ihre betrachten. Die Aktionäre, die niemand kennt und die keinem ver¬ antwortlich sind, welche den Steyrer Arbeiter wieder¬ holt in schlechte Verhältnisse geführt hatten, müssen ausgeschaltet werden. Aber auch die Verantwortung liegt auf uns, wenn wir dieses Werk aufbauen. Nur qualifizierte Arbeit gibt das moralische Recht, in der Allgemeinheit zu führen. Nicht allein im Reden, in der Leistung beruht dieses Recht. Die Einigkeit der Arbeiter ist die Voraussetzung dazu. Der gemeinsam Kampf wird die Arbeiterklasse zur Einheit zusammen¬ chweißen. gerissen. Die Seelen der Kinder wurden vergiftet, um später die kaum Schulentlassenen als willfährige Opfer des Militarismus in den Krieg zu schicken Jahrgang um Jahrgang ist zum Teil verblutet, oder als Krüppel liegen geblieben und nur der kleinste Teil ist gesund zurückgekehrt. Geschändet, mißbraucht und vergiftet ist die Seele der Jugend. Was weiß ie von wahrer Schönheit, wahrer Kunst und Menschentum? — Hier klafft die große Wunde des Krieges. Hier sollen auch alle ernsten und verant wortungsbewußten Menschen stehen, um dieser Jugend die Wege in die Zukunft zu erschließen. Lenket Eure Blicke zur Jugend und führt sie zur freien Jugend Oesterreichs. Alle müssen kommen, alle haben Platz In der Jugend Oesterreichs sollen keine Grenzen zwischen Konfession und Weltanschauung gezogen sein Einer will den Andern verstehen lernen, der Glaube und die Weltanschauung des Einzelnen wird geachtet. Es wird Schluß gemacht mit der Art der kleinlichen
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