10 Rpf. 10 Rpf. Stenrer Wochenb Organ der antifaschistischen Bevölkerung von Steyr und Umgebung, rechts der Enns Prn Bhn I. Ericeint nöcentich reimal Donnerstan und Samstag. R25=3 1945 Blatt 7 Juli Wirtschaftsaufbau und Gewerkschaft. Unterstaatssekretär Waldbrunner (Industrie und Handel) sprach in den Steyr=Werken. Am Freitag, dem 13. Juli, versammelten sich in der Werkskantine der Steyr=Werke die Arbeiter und Angestellten, um aus berufenem Munde über die Zukunft der Steyr=Werke und den Neuaufbau der Gewerkschaftsbewegung zu hören. Man sah unter den Anwesenden manche, die im Dienste und in der Arbeit für dieses Werk ergraut, viele, die mit dem Werk aufgewachsen waren und nun mit ge¬ spannter Aufmerksamkeit zum erstenmal seit dem Zusammenbruch des Nazi=Faschismus, seit 11 Jahren den Ausführungen der aus Arbeiterkreisen stammenden Vertreter hören konnten. Genosse Schabmüller erstattete Bericht über die geleistete Arbeit des provisorischen Betriebs¬ rates. Er zeigte auf, wie bereits vor dem Zusammen¬ bruch eine kleine Gruppe von beherzten Männern die Sprengung des Betriebes, die durch die Nazi¬ banditen vorgesehen war und die Arbeitsstätte der Steyrer Arbeiter vernichten sollte, verhindert hatten. Der sofort nach dem Zusammenbruch gebildete provisorische Betriebsrat hatte vor allem die Aufgabe, den Betrieb vor Plünderung zu schützen und seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, die Säuberung des Betriebes von Nazielementen und ihre fristlose Ent¬ lassung sowie die personelle Aufnahme der neuen Belegschaft und die Vorbereitung zur Wiederaufnahme der Produktion durchzuführen Des weiteren gab Genosse Schabmüller das Produktionsprogramm des in nächster Zeit anlaufenden Betriebes bekannt. Es werden hergestellt: Ein Drei¬ Tonnen=Lastwagen und Drei=Tonnen=Anhänger. Dazu kommen Reparaturen an Fahrzeugen. In der Gießerei werden elektrische Kochgeschirre, in der Schmiede Teile für den Eisenbahnoberbau erzeugt. Fürs erste werden 800 Mann zur Einstellung kommen und ist mit einer Erhöhung auf 2500 Mann Belegschaft zu rechnen. Von der Roten Armee wurden 250 Maschinen zurückgegeben, um die maschinelle Voraussetzung der Produktion zu ermöglichen. Auch das notwendige Rohmaterial, das zur Produktion benötigt wird, wurde dem Werk überlassen, so daß nur das zur Kriegsproduktion verwendete Roh¬ material abgeführt wurde. Auch das Wälzlagerwerk soll wieder in seiner alten Form erstehen und in nächster Zeit anlaufen. Das Ni=Werk wird mit Reparaturen von Waggons und Lokomotiven be ginnen. Das Arbeitsvrogramm gibt uns die berechtigte Hoffnung, daß wir alle Arbeitskollegen unterbringen und den Arbeitern Verdienst geben können. Genosse Meissl als Obmann des Metall¬ arbeiter=Verbandes überbrachte die Grüße der Wiener Metallarbeiter, die von den Versammelten herzlichst erwidert wurden. In bewegten Worten sprach der Redner von den Schwächen der österreichischen Arbeiterschaft, die trotz all den Opfern der illegalen Kämpfer den Sturz des Faschismus nicht erzwingen konnten. Wir danken heute vor allem der Roten Armee, die uns von der braunen Pest befreite und damit der öster¬ reichischen Arbeiterklasse die Möglichkeit gab, sich wieder zu organisieren und um ihr Recht zu kämpfen. Aber wie anders ist die Situation von heute gegen¬ über 1918! Der Redner zeigte auf, wie damals die Soldaten von den Schlachtfeldern heimkehrten, ihre Arbeitsplätze intakt fanden und in kürzester Zeit wieder normal arbeiten konnten. Wenn Hitler den Ausspruch tat, ein 1918 kehrt nicht wieder, so hat er diesmal die Wahrheit gesprochen. Ein 1945 des totalen Zusammenbruchs mit zerstörten Fabriken und ruinierter Wirtschaft, ein Bild des Elends und der Hoffnungslosigkeit war das Erbe des Faschismus, das er uns hinterließ Aber wir wollen und müssen leben, wir dürfen unseren Nachkommen dieses erschütternde Erbe nicht übergeben, wenn sie uns nicht verfluchen sollen, denn wir sind mitschuldig an dem Vergangenen. Wit müssen die Bausteine legen für eine bessere Zukunft! Die Idee des Sozialismus steigt wieder aus dem Trümmerhaufen, die Idee der neuen Zeit. Die Gewerkschaftsbewegung ist wieder erstanden, in fast allen Betrieben sind Vertrauensräte aufgestellt worden und die Arbeiterschaft schart sich um ihre alte Kampforganisation. Doch diese neue allgemeine Gewerkschaftsbewegung unterscheidet sich von jener die 1934 zerschlagen wurde. Sie muß und wird die Arbeiterklasse im Kampf um ihr Mitbestimmungsrecht in Produktion und Wirtschaft führen und sie zur Einheit schmieden. Schon einmal, 1918, haben wir als Arbeiterklasse den Karren aus dem Dreck ge¬ zogen. Auch heute sind es wieder die Arbeiter und Angestellten, die zuerst anpackten und das Leben wieder aufrichteten. Darum haben wir auch das Recht, ein entscheidendes Wort in Betrieb und Staat mitzureden. Dieses Recht werden wir uns in Zukunft zu sichern wissen. Sekretär der Gewerkschaftsbewegung Genosse Sladek wies darauf hin, daß in den letzten Wochen die Vertreter der neu entstandenen Gewerkschafts¬ bewegung mit den Ausschüssen für Produktions¬ planung ein Arbeitsprogramm ausgearbeitet haben Sechs Autotypen werden derzeit gebaut und nach Erprovung werden die einzelnen Werke mit der serienmäßigen Herstellung beginnen. Es sollen vor¬ läufig 100 Fahrzeuge pro Monat gebaut werden. Nun ergriff der Unterstaatssekretär für Handel und Industrie Waldbrunner das Wort. Die Steyrer Arbeiter haben ebenso wie seine Betriebe eine stolze Tradition. Vor Monaten noch glaubten wir nicht mehr daran, daß es ein Weiterleben nach diesem alles zerstörenden Kriege geben wird. Aber
Seite 2 Steyrer Wochenblatt es ist nicht so gekommen wie wir befürchtet hatten. Wir sind heute auf uns selbst gestellt, wir brauchen die Industrie, um die Güter zu erzeugen und ver¬ kaufen zu können, um das Notwendige zur Er gänzung und Sicherung unserer Ernährung aus dem Ausland einzutauschen. Die Faschisten haben unsere Wirtschaft verplant. Es wurde angebaut und pro¬ duziert, was wir heute nicht verwerten können. Es wurde zum Teil nicht angebaut, weil es an Kräfter und Werkzeugen fehlte. Ebenso leidet die Ernte¬ einbringung unter der Schwierigkeit der fehlenden und vor allem geeigneten Arbeitskräfte, die noch fern der Heimat stehen. Sie leidet an dem Mangel von landwirtschaftlichen Maschinen. Darum brauchen wir die Industrie, um diese Schwierigkeiten zu beheben. Was ist zu tun, um unserer von Krieg und Bomben zerstörten Industrie neues Leben und Arbeits¬ möglichkeit zu geben? Selbst die extremsten Anhänger der Privat wirtschaft baben umlernen müssen. Auch sie sind sich klar geworden, daß wir nicht wieder mit den alter Methoden anfangen können, wo jeder tun und machen kann was er will. Auch sie müssen begreifen daß eine gemeinsame Idee den Wiederaufbau tragen muß, denn sonst wird es nicht gelingen! Die Arbeiter und Angestellten waren als erste auf ihrem Platz Sie haben sich sofort eingesetzt, daß der Stock an Arbeitsmöglichkeiten erhalten bleibt. Sie hatten keiner Grund, davonzulaufen. Nur die, welche glaubten, es wäre ein ewiges Reich und daher wie die Drohner gelebt haben, sie mußten flüchten und waren aus¬ gerissen. Wir haben mit den Arbeitern und An¬ gestellten die Voraussetzungen für den Aufbau einer neuen Industrie geschaffen. Arbeitervertreter und Wirtschaftsgruppen haben gemeinsam einen Pro¬ duktionsplan ausgearbeitet. Aber was nützt all Planung, wenn sich wieder wesensfremde Elemente in der Wirtschaft breit machen, die nur nach Profit und Privatinteressen arbeiten wollen, welche die Arbeiter wieder zwingen wollen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Die herrenlos gewordenen Betriebe müssen dem Staate übereignet und von Arbeitern und Angestellten geführt werden. Die Arbeiter und Angestellten sind fähig, diese Betriebe so zu führen, daß sie erfolgreich arbeiten können. Die Industrie muß heute das erzeugen, was unser Volk braucht. Sie muß wirtschaftlich arbeiten, damit der größte Nutzen für das Volk und den Verbraucher entsteht. Wir werden die Betriebe nicht schlechter führen, Aus der Jugendbewegung Jugend voran! Nachdem die Begründer des „Tausendjährigen Reiches“, das deutsche Volk und mit ihm uns Oesterreicher zum totalsten Zusammenbruch der Geschichte geführt haben, steht eine junge Generation vor einer Welt voll Scherben und Trümmer. Nicht nur, daß uns die zusammengeschlagenen Städte und Fabriken noch lange als Wahrzeichen einer besonderen Epoche des Deutschtums anstarren werden, sind mit diesem völligen Zusammenbruch auch ideelle Postamente gefallen und haben Grauen, Entsetzen, Ratlosigkeit in den Herzen und Gehirnen der Menschen zurück gelassen. Wie arm ist unsere Jugend! Der militärische Geist hat wie ein Moloch seine Fangarme bis hinunter in die zartesten Kinderjahre gestreckt und Jahrgang um Jahrgang von den Herzen der Eltern Geld werden wir bekommen, wenn wir die Banken ebenfalls verstaatlichen. Die arbeitende Masse muß die Verstaatlichung der Großbetriebe und Banken in ihrem eigensten Interesse fordern Wir wollen denjenigen, der wirklich etwas kann, aus dem Wirtschaftsprozeß nicht ausschalten Jeder kann mithelfen am Wiederaufbau und es ist notwendig, daß sich die Intelligenz in die Technik und Wirtschaft einschaltet und mitarbeitet. Aber ohne einen planmäßigen Wirtschaftsaufbau kommen wir nicht in die Höhe. Mit den zerschlagenen Betrieben den wenigen Maschinen und alten Methoden, wo jeder erzeugt und verkauft was er will, kommen wir nicht vorwärts. Alle Volkskreise müssen zusammen¬ arbeiten, die Gewerkschaften sowohl wie die Ver braucher müssen vertreten sein. Die Planung muß den Betrieben zur Erzeugung zuteilen, was das Volk im wesentlichen braucht. Die Kreditlenkungs¬ Kommission wird nur denen Kredite geben, die nur das erzeugen, was das Volk braucht In dem von der Roten Armee besetzten Gebiet arbeiten heute schon wieder 400 Betriebe, die Halb¬ zeug und Fertigware erzeugen. Die Gewerkschaft hat diesen Aufbau begonnen und sich damit das Recht erworben, den notwendigen Einfluß in der Wirt chaft für alle Zukunft zu sichern Derzeit werden auch Handelsverträge mit der Sowjet=Union, Rumänien und Ungarn ausgearbeitet. In den nächsten Tagen wird die alliierte Kommission in Wien eintreffen. Unsere Betriebe müssen start bereit sein für die Aufträge, welche unserer Industrie zugeteilt werden. Auch in Steyr sind die Vorbereitungen ge¬ troffen worden zur Wiederaufnahme der Produktion Auch in diesen traditionsreichen Betrieben muß ein Wendung eintreten. Die Arbeiter und Angestellter müssen dieses Werk als das Ihre betrachten. Die Aktionäre, die niemand kennt und die keinem ver¬ antwortlich sind, welche den Steyrer Arbeiter wieder¬ holt in schlechte Verhältnisse geführt hatten, müssen ausgeschaltet werden. Aber auch die Verantwortung liegt auf uns, wenn wir dieses Werk aufbauen. Nur qualifizierte Arbeit gibt das moralische Recht, in der Allgemeinheit zu führen. Nicht allein im Reden, in der Leistung beruht dieses Recht. Die Einigkeit der Arbeiter ist die Voraussetzung dazu. Der gemeinsam Kampf wird die Arbeiterklasse zur Einheit zusammen¬ chweißen. gerissen. Die Seelen der Kinder wurden vergiftet, um später die kaum Schulentlassenen als willfährige Opfer des Militarismus in den Krieg zu schicken Jahrgang um Jahrgang ist zum Teil verblutet, oder als Krüppel liegen geblieben und nur der kleinste Teil ist gesund zurückgekehrt. Geschändet, mißbraucht und vergiftet ist die Seele der Jugend. Was weiß ie von wahrer Schönheit, wahrer Kunst und Menschentum? — Hier klafft die große Wunde des Krieges. Hier sollen auch alle ernsten und verant wortungsbewußten Menschen stehen, um dieser Jugend die Wege in die Zukunft zu erschließen. Lenket Eure Blicke zur Jugend und führt sie zur freien Jugend Oesterreichs. Alle müssen kommen, alle haben Platz In der Jugend Oesterreichs sollen keine Grenzen zwischen Konfession und Weltanschauung gezogen sein Einer will den Andern verstehen lernen, der Glaube und die Weltanschauung des Einzelnen wird geachtet. Es wird Schluß gemacht mit der Art der kleinlichen
Steyrer Wochenblatt Seite 3 Eiferer, die aufeinander mit den Fingern zeigen und sich mit persönlichem Hasse und mit Feindschaft verfolgen, weil ihre Gesinnungen verschieden sind Politische Abenteurer und die betont nationalen Kreise, denen der schwere Opfergang der „Nation“ noch zu klein war, weil sie selbst die wenigsten Opfer gebracht haben, werden ja zeigen müssen, ob sie sich in den bescheidenen Rahmen unseres Vaterlandes einordnen. Die Jugend Oesterreichs soll wirklich frei sein! — Frei vom Nationalsozialismus, frei vom Militarismus! Aufgeschlossen für die Forderung der Gegenwart, mit starken Händen unserem Staate und der Zukunft dienend. Wir wollen nicht vergrämt verbittert und verschlossen sein. Lachend wollen wir uns die Armel aufstrecken und lachend Allem begegnen, was auch kommt. Unverrückbar steht vor uns die Aufgabe, alles für unsere schöne Heimat, alles für Oesterreich! Sport Fußball=Freundschaftsspiel. S.=K. St. Valentin gegen S.=K. Steyr=Ost 1:1 (0:1) Die Fußballelf des S.=K. Steyr=Ost, trug am letzten Sonntag ihr erstes Spiel in St. Valentin¬ Herzogenrad gegen den dortigen Sportklub aus und konnte dabei nur ein Unentschieden erreichen. Die Mannschaft und Reiseführung dankt auf diesem Wege und an dieser Stelle allen Sportförderern, sowie allen ihren Anhängern dafür. Die Steyrer=Mann¬ schaft hatte folgendes Aussehen: Unger, Haberfellner, Schneider (Huemer) Pachinger, Apfel, Weber, Huemer, (Egger) Eigenstiller, Leutgeb, Strittich, Bauer. Schiedsrichter Sepp Zeilermayer, 3000 Zuschauer. Das Gesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft. In der letzten Woche faßte der Kabinettsrat unter Vorsitz von Staatskanzler Dr. Renner eine Reihe wichtiger Beschlüsse. Das Staatsbürgerschafts=Überleitungsgesetz und das Staatsbürgerschaftsgesetz sind für weiteste Kreise von größter Wichtigkeit. Das Überleitungsgesetz bestimmt u. a., daß als österreichischer Staatsbürger ene Personen anzusehen sind, die am 13. März 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft besessen haben, sowie jene, die zwischen dem 13. März 1938 und dem 27. April 1945 durch Rechtsnachfolge nach einem österreichischen Bundesbürger z. B. durch Heirat oder Legitimierung — die Bundesbürgerschaft erworben hatten. Grundlegende Voraussetzung ist jedoch, daß alle diese Personen vor dem 27. Aril 1945 keine Tat begangen haben, mit der der Verlust der Bundes¬ bürgerschaft verbunden war. Es ist auch eine Selbst¬ verständlichkeit, daß die „Illegalen“ ausdrücklich von Streiflichter Ein Caféhaus für Münichholz. Ich glaube ganz im Sinne der Münichholzer Bevölkerung an die Stadtverwaltung die Bitte zu richten, die Genehmigung eines kleinen Caféhauses in Münichholz stattzugeben. Es wäre damit einem großen Bedürfnis abgeholfen. Wie oft habe ich hören müssen in Münichholz: gibt es aber auch gar kein Lokal, wo man am Abend nach vollbrachter Tages¬ arbeit, bei einer Tasse Kaffee sitzend, gemütlich die Zeitung lesen, eine Schnapspartie klopfen oder eine Partie Schach spielen kann. Wo bleibt da die welt¬ bekannte „österreichische Gemütlichkeit“? Sicherlich findet sich auch ein Steyrer, der soviel Unternehmungs¬ geist aufbringt, in einer leeren Parterre=Wohnung ein Caféhaus einzurichten. Die Beschaffung einer netten Einrichtung dürfte wohl auf keine allzugroßen Schwierigkeiten stoßen. Diese wären mit gutem Willen und unter Mithilfe der Bevölkerung bestimmt zu be¬ kommen. Der Wunsch Vieler wäre damit erfüllt. Promenade=Konzert! Um ein noch besseres und freundschaftlicheres Verhältnis der Steyrer Bevölkerung zur Roten Armee dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen werden. Ferner können eigenberechtigte handlungsfähige Personen, die nachweislich seit 1. Jänner 1915 ihren freiwilligen, ununterbrochenen, ordentlichen Wohnsitz in Oesterreich haben, durch eine Erklärung erwerben, daß sie gewillt sind, der Republik als getreue Staats¬ bürger angehören zu wollen. Fallen diese Personen unter § 17 des Verbots¬ gesetzes oder haben sie eine Verurteilung erlitten, die nicht getilgt oder nicht tilgbar ist, können diese die Erklärung nicht abgeben. Die rechtmäßig angetraute Gattin folgt — wenn die Ehe zu Recht besteht — der Staatsbürgerschaft des Mannes, ebenso wie Kinder, die noch nicht eigenberechtigt sind, dem Vater folgen. Die Erklärung ist innerhalb sechs Monaten vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Landes¬ hauptmannschaft (in Wien beim Magistrat) abzugeben. herzustellen, wäre es sehr zu begrüßen, wenn unser Stadtkommandant, wie bereits vielerorts geschehen, Sonntag mittags, vielleicht zwischen halb zwölf und halb dreizehn Uhr, ein Platzkonzert veranstalten ließe. Ich glaube, daß nicht nur die Steyrer sich darüber reuen, sondern dies auch für die Rotarmisten eine kleine Abwechslung in ihrem täglichen Dienst bedeuten würde. Abwechselnd könnte ein Platzkonzert in Steyr (Stadt) ein andermal in Münichholz stattfinden. Es wird unserem Stadtkommandanten bestimmt ein Leichtes sein, mit einem Lastwagen ein Musikkorps der Roten Armee nach Steyr bringen zu lassen. Es wäre wirklich sehr schön. Lokalnachrichten Das Sekretariat der Metallarbeiter¬ Gewerkschaft befindet sich in der Dambergasse 2 (ehemalige freie Gewerkschaft). Das Arbeitsamt teilt mit: Daß ab sofort Jedem, der der Aufforderung des Arbeitsamtes nicht nachkommt, die Lebensmittel¬ karte entzogen wird und daß jede Kündigung mit Genehmigung des Arbeitsamtes durchgeführt werden kann. Nach ordnungsgemäßer Beendigung hat sich der Arbeitnehmer umgehend beim Arbeitsamt wieder zu melden.
Seite 4 Steyrer Wochenblatt Theater und Kunst Ans der Theaterkanzlei. Mittwoch, 18. Juli, Wiederholung des großen Schauspielerfolges „Gespenster Donnerstag, 19. Juli, „Die tolle Lola“. Freitag, 20. Juli, und Samstag, 21. Juli, zum erstenmal „Inge borg“ Ein bezauberndes Lustspiel in drei Akten von K. Götz. — Sonntag, 22. Juli, „Die tolle Lola“. Karten an der Tageskasse und in den Vorverkaufsstellen. Warenpreise müssen angeschrieben werden. Die niederösterreichische Landeshauptmannschaft teilt mit: Die Preisüberwachungs= und Preis¬ bildungsstelle für Niederösterreich, I. Herrengasse 14, hat ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Preise, wie sie Die Hölle Ebensee! Ein Steyrer Augenzeuge berichtet: Ebensee ist die Hölle! Dieser Ausspruch ist uns in den Monaten in welchen wir nach Ebensee ver¬ lagert waren, oft und oft begegnet. In zwei großen Bauvorhaben wurden in den Fels Stollen gesprengt und ausgebaut. Diese Arbeiten und die industrielle Nutznießung haben unvorstellbare Opfer gefordert. Die Arbeit an sich war schwer und mühselig In dem Lärm und Rauch, in dem Donner der Sprengungen, in der Feldbahnen Gewirr, auf allen Arbeitsstätten lastet ein hartes und einsichtsloses Müssen“. Die 17.000 Häftlinge des Konzentrations¬ lagers Ebensee wurden in diese wahrlich schreckliche Knochenmühle menschlicher Arbeit schonungslos hinein gepreßt. Es war schon das Miterleben und das Zusehenmüssen für uns grauenvoll. Wir kannten nicht die Schrecken und wahrhaft satanischen Ein¬ richtungen und Vorkommnisse des KZ=Lagers, wir sahen ja nur die Häftlinge bei ihrem Einsatz an den Arbeitsstätten. Mit den zum Transport unserer Maschinen zugeteilten Häftlingen hatten wir mehr Kontakt bekommen und konnten so mit der Zeit einen näheren Einblick in die Verhältnisse nehmen. Es waren viele Nationen vertreten, darunter Hand werker, Ingenieure, Doktoren und Künstler. Das Arbeitstempo und das ganze Um und Auf des Tages bestimmte der entsetzliche Hunger aller Häftlinge. Der Hunger, der schreckliche Hunger starrte aus den Augen all der armen Menschen. Wir waren Zeuge davon, daß die Häftlinge das Gras, die Blumen, ja Holz, Asphalt und Erde gegessen haben. So sind auch unter den Tausenden Toten der Hölle von Ebensee, Tausende und Tausende von Verhungerten. Das wußten alle Häftlinge, nur der Tod erwartet sie, nur der grauenvolle, qualvolle Weg bis zum Tode mußte noch durchschritten werden. Was war in Ebensee ein Mensch! Als wir die „Hausordnung“ des SS=Betriebes noch nicht kannten, fielen wir mit Fragen auf, die lächelnd oder barsch bei Beginn der Befreiungskampfhandlungen in Geltung waren, sind unter allen Umständen einzu¬ halten. 700 Der Warenpreis=Auszeichnungspflicht ist ab sofort zu entsprechen. OT= u. RAD=Baracken sind Staatseigentum. Beim Staatsamt für öffentliche Bauten, Übergangswirtschaft und Wiederaufbau laufen immer wieder Meldungen ein, wonach von der Bevölkerung Baracken der ehemaligen OT=, RAD= oder Arbeiter¬ barackenlager ausgeplündert, ja selbst Barackenteile oder ganze Baracken verschleppt werden. Es wird daher die Bevölkerung aufmerksam gemacht, daß es sich in allen Fällen um Staatseigentum handelt. Die Plünderung von Staatseigentum, auch von ogenannten „herrenlosem Gut, ist verboten und zieht strengste Bestrafung nach sich. abgetan wurden. Ein Häftling war während der Arbeit zusammengebrochen, dann ein Zweiter, — ich komme dazu und sehe, wie sie in eine Ecke getragen werden Um Gotteswillen, sagte ich, bringt sie doch ins Krankenrevier, sie können doch nicht am kalten Stein¬ boden liegen bleiben, — es war im Februar. Das geht nicht, war die Antwort des Oberkappos, ich muß mit derselben Stückzahl wieder einrücken, als wie ich ausgerückt bin, tot oder lebendig Meine Fäustlinge waren verschwunden, der Kappo meinte, er läßt sie gleich suchen, der sie aber hat, raucht morgen dort heraus, — er zeigte auf den qnalmenden Kamin des Krematoriums — Nun, ich verzichtete sie suchen zu lassen. Das sollen Fäustlinge doch nicht verschulden. Aber das war die Tonart, das war das „forsche Zupacken“ das Erledigen. Wir mußten das ansehen. Einmal lag wieder ein Häftling zwischen den Maschinen, mit einem Mantel zugedeckt, — es gab plötzliche Todesfälle, wo die Menschen vor Erschöpfung und Hunger zusammenbrachen da sagte einer von uns, ist auch ein Mensch wie wir, hat auch ein Mutterl gehabt, das sich gebangt und gesorgt hat um ihn, die ihn an's Herz gedrückt hat in Freud und Schmerz. Ein Mensch wie wir, wie ich, wie du, mit seinem Sehnen, Sorgen und Hoffen. — Dieses haben wir gesehen, von diesem Leid wußten wir. Wir kannten die Bluthunde des Lagerkommandanten, wir wußten von dem namenlosen Leid und der Mühsal, mit welchen sich die Tausende und Tausende durch die schwere Arbeit quälten, wir wußten, daß sie unmenschlich geschlagen und behandelt wurden. Wir glaubten Ebensee zu kennen, wie es aber wirklich war und welche Schande auf das deutsche Volk geladen wurde, davon kam erst die Kunde zu uns, als die amerikanischen Panzer die Barrieren am Eingange der Hölle von Ebensee überrannten. Wer den Jubelschrei dieser Tausende von Menschen gehört hat, wird es nie vergessen. Kilometerweit hörte man die Schreie aus den befreiten Herzen. Das Leben hatte sich ihnen wieder geschenkt zu Ende war der grauenvolle und bittere Weg der hinter ihnen lag. Inserate erscheinen nur in der Samstag-Nummer Redaktion und Verlag Damberggasse 1. — Druck: Emil Prietzel, Steyr.
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