Steyrer Wochenblatt Seite 2 würde, daß die ungerechtfertigte Bereicherung der Illegalen, die sie aus fremden Taschen zogen, wieder gesühnt wird Das Verbotsgesetz besiegelt in eindeutige Weise einen Zustand, der für den größten Teil des österreichischen Volkes unerträglich war. Es brand¬ markt jene endgültig als Verbrecher, die es gewagt haben, an den Grundfesten der Menschenrechte zu rütteln Alle Illegalen aber werden Gelegenheit haben das Lied zu singen: Gebundene Hände, das ist das Ende, jeder Hochverräterei,! Die für 1. Juli 1945 angekündigte Volks¬ kundgebung wird wegen technischer Schwierigkeiten auf 8. Juli 1945 verschoben Staatssekretär Koplenig spricht am 8. Juli in Steyr in der Volkskundgebung. Neues Glück! Einmal hat das Leid ein Ende, Einmal kommt die Schicksalswende Laßt die Stürme brausen, tosen! Einmal kommt die Zeit der Rosen Einmal fängt es an zu dämmern, Hört ihr's in der Erde hämmern? Fühlt ihr's in die Aste steigen, Bis sie blütenschwer sich neigen! Emsig rollt der Zeiten Rad, In der Erde reift die Saat! Laßt die Wolken hoch sich türmen! Laßt es brausen! Laßt es stürmen! Dreht die Zeiger nicht zurück! Selbst der Tod gibt neues Glück Hört ihr's rauschen in den Bäumen? Hört ihr neue Quellen schäumen? Fühlt ihr froh das Drängen nicht Das durch harte Erde bricht? Neues Glück trotz Sturmgebraus! Aus der Erde quillt's heraus: Karl Frank. Unser Wien! Wien bedeutete vor Jahrzehnten für alle Welt nicht nur eine internationale und wiederum nationa charaktervolle Weltstadt, sondern war der Inbegrif von Gemütlichkeit, Heiterkeit und Lebenslust, gepaart mit größter Kunstentfaltung auf allen Gebieten un ernster Wissenschaft. Wiener Kunstgewerbe, Wiener Mode, Wiener Musik, Wiener Bautechnik und Wiener Wissenschaftler, die zu den größten der Welt gehörten, schufen unserem Wien einen Klang, der wohl keiner anderen Stadt der Welt beschieden war. Wieviel anders sah es aber durch die Ereignisse der letzten sieben Jahre aus. Niedergedrückt, seines ganzen Charakters beraubt, zertreten und zerschunden auf allen Gebieten, ein fürchterliches Bild der Ver¬ wüstung, das man uns an Stelle eines Aufstieges zu charaktervoller Höchstentfaltung beschert hatte. Un¬ ere Prachtbauten Trümmerhaufen, freie Kunst und Wissenschaft durch Tendenz=Wirtschaft ersetzt und die Menschen niedergedrückt und verängstigt Vor einigen Tagen führte mich mein Weg abermals nach Wien, in das befreite Wien. Mein erster Eindruck war der eines stark schäumenden jun¬ gen Weins. Es ächzt und krächzt in seiner Wieder¬ geburt in allen Fugen. Mit seinem unverwüstlichen Humor ist der Wiener über die letzten schweren Kriegsereignisse, die Wien und die Wiener Bevölkerung in fürchterlichster Weise an Gut und Leben geschädig hatten, auf dem Weg zum alten Wien. Wenn einen auch das Herz weh tut angesichts der vielen Schäden, der vielen zerstörten herrlichen Gebäude, der vielen vernichteten Geschäftshäuser und Straßen. Der An ang zu wieder pulsierendem Leben ist gemacht, man atmet wieder frei, wenn auch der Weg, der noch zu gehen ist, sehr schwer sein wird. Das Kunstschaffen hat wieder begonnen, die Schulen sind wieder größtenteils geöffnet in denen antifaschistische Lehrer und Pädagogen die Lücken bald schließen werden, die die letzten Jahre in die Jugenderziehung geschlagen haben. Hoffnungsfreudig arbeitet jeder an der Entwicklung mit. Die Fabriken haben im allgemeinen schon wieder eine Basis ge¬ unden und es dürfte nicht sehr lange dauern, bis die Kamine überall wieder rauchen. Kaffeehäuser, die nicht allzustark beschädigt worden waren, sind schon wieder ganztägig geöffnet und es gibt dort schon neben einem verhältnismäßig guten „Schwarzen“ auch schon Fruchteis. Viele Klein¬ kunstbühnen haben ihren Betrieb ausgenommen und am Eingang vieler Hotels leuchten einem Plakate entgegen mit den Aufforderungen zu Pubikum=Tanz¬ Veranstaltungen. Die Kleingeschäfte sind größtenteils beim Renovieren, so daß in Anssicht steht, daß in diesem Monat auch das Geschäftsleben anlaufer dürfte. Das „Kaufhaus der Wiener“ hat bereits letzte Woche eröffnet mit einem verhältnismäßig großen Warenbestand und selbstverständlich einem freudigen Zuspruch der Wienerinnen Die politischen Wogen gehen augenblicklich sehr hoch. Erfassung der Kriegsverbrecher, Ausrottung des Nazismus, Säuberung der Betriebe von all diesem Unrat und von all den „Spekulations=Mitläufern die bewußt oder unbewußt, zur Übersteigerung des Grauens der letzten Jahre beigetragen haben. Das alles gibt unserem Wien ein lebendes Gepräge, das den eisernen Willen dokumentiert, Sauberkeit und eine freie vernünftige Grundlage für den Neuaufbau Oesterreichs zu schaffen. Die Regierungsstellen stehen da sie sozusagen aus dem Nichts heraus anfangen
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