Steyrer Wochenblatt, Juni 1945, Blatt 2

Seite 2 Steyrer Wochenblatt Aus der Jugendbewegung. Die Jugend spricht! Bei dem ersten Jugendkongreß in Wien am 16. Mai 1945 wurde beschlossen, eine einheitliche Or¬ ganisation aufzubauen, die heißt: Freie österreichische Jugend, in der die Jugend nicht parteipolitisch, ge¬ spalten oder getrennt in Gruppen, sondern in einer großen Gemeinschaft, in einer Einheit zusammengefaßt, österreichisch und antifaschistisch erzogen wird. Bei uns in Steyr, rechts der Enns, ist als Vertreter der Jugend Edi Hanischläger mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Rudi Eibenhölzl, Hermann Oberreiter, Gretl und Herta Hauser, das Fundament dieser schweren und großen Aufgabe. Zur Erfassung der Jugend haben wir zwei Dienststellen errichtet, und zwar: Für Steyr, Bahnhofstr. Nr. 8, für Münichholz: Ley¬ straße Nr. 1, wo Toni Eichler und Geschwister Polinsky für die Jugend von uns eingesetzt sind. Wir werden diese Jugend erfassen und mit ihnen durch Wanderungen, Heimabende, Filmvor¬ trägen, durch Sport und Spiel, durch Vorträge und Aufklärungen dieses nazistische Gift, das ihnen jahrelang eingeimpft wurde, wieder herausbringen. Wir wissen, es wird nicht von heute auf mor¬ gen gehen, aber wir wissen, unsere Buben und Mädel werden wieder unsere schöne Heimat kennen und lieben lernen und wieder österreichische Buben und Mädel werden, in einer großen freien Jugend Oesterreichs. Wir erwarten, daß sich zu dieser großen Auf¬ gabe bald Freundinnen und Freunde anschließen werden, um uns in dieser Arbeit zu unterstützen. In dieser freien Jugend erfassen wir die Buben und Mädel von acht bis 18 Jahren. Mütter und Väter, schickt uns Eure Kinder und helft mit, in dieser schönen, großen Gemein¬ schaft diese Jugend, die so viel Hartes hinter und in sich hat, wieder zu offenen, freien österreichischen Buben und Mädeln zu machen. Auch die Jugend regt sich wieder! "Am Donnerstag abend setzten sich einige Burschen und Mädels zusammen, um die Gründung der „Freien österreichischen lugend“ zu besprechen. Ed. Hanischläger, als Vertreter der „Roten Falken“ führte den Dorsitz. Mit dem Ruf „Jung frei“ und der feierlichen Verpflichtung, alle Kraft einzusetzen, um die Jugend für den Aufbau einer freien und antifaschistischen Jugendbewegung zu gewinnen, schloß die Versammlung. Wiederaufnahme des Postbetriebes. Beim Bahnpostamte, Steyr 2, wird ab sofort der Postbetrieb in beschränktem Umfange wieder aufgenommen. Zugelassen sind: 1. Gewöhnliche Briefe bis zu 20 Gramm und Postkarten für Empfänger im Orte, ferner für Niederösterreich und Steiermark. In die Briefkasten dürfen keine Sendungen eingelegt werden, sie sind beim Briefschalter des Bahn¬ postamtes, Steyr 2, abzugeben. Die Gebühren sind bar zu zahlen. 2. Einzahlung auf Zahlkarten, jedoch nur auf Konto des Postsparkassenamtes in Wien. Die Zahlkartengebühr ist in barem zu entrich¬ ten, daher sind auf den Zahlkarten keine Marken aufzukleben. Bei Einzahlung von Steuern und auf das eigene Konto ist keine Zahlkarten¬ gebühr zu entrichten. Die Postschalter sind von 8 bis 18 Uhr ge¬ öffnet. Lokalnachrichten Bürgermeister Hans Kahlig an der Arbeit! Durch die Ereignisse bei der Beendigung des Krieges ist unsere schöne Eisenstadt in zwei Teile zerrissen worden. Infolge der verschiedenartigen Be¬ satzungen war es im Stadtteil (rechts der Enns) not¬ wendig geworden, eine eigene Gemeindeverwaltung einzurichten. Im Einvernehmen mit dem Kommando der Roten Armee, wurde der Büchsenmacher Hans Kahlig zum Bürgermeister bestellt. Er selbst war erst wenige Tage aus den Kerkern des verflossenen Systems entlassen worden und hätte sich von den Folgen, der teilweise verbüßten, zehnjährigen Zucht¬ hausstrafe erholen sollen, zu der er wegen seiner anti¬ faschistischen Tätigkeit gegen das Hitler=Regime ver¬ urteilt wurde. Am 6. Juni fand die konstituierende Sitzung des Gemeinderates statt. Gleich eingangs erwähnte der Bürgermeister, daß nur die besonderen Verhält¬ nisse die Errichtung einer selbständigen Gemeindever¬ waltung in Steyr (rechts der Enns) notwendig machen. Er gab der Hoffnung Ausdruck, daß es bald wieder zum Zusammenschluß aller Gebiete unserer alten Stadt kommen werde und er sehe mit diesem Zeitpunkt seine Mission als im wesentlichen erledigt an. Der Bürgermeister gab dann einen kurzen Be¬ richt über die bisher geleistete Arbeit und verwies darauf, daß er den Aufbau der Verwaltung aus dem Nichts und vorerst ohne Geldmittel bewältigen mußte. Die bestellten Gemeinderäte gelobten dem Bürger¬ meister, daß sie ihr Amt nur zum Wohle unserer Stadt ausüben werden. Das bisherige Gemeindestatut ist unbrauchbar geworden. Um den Gemeinderat arbeitsfähig zu ma¬ chen, wurde über Antrag ein vorläufiges Statut an¬ genommen. Es spiegelt voll den demokratiichen Geist wider. Als Vize=Bürgermeister wurden die Gemeinde¬ räte Alois Huemer und Josef Wöhrer ge¬ wählt. Ihre Tätigkeit wird außer der Vertretung des Bürgermeisters im Gemeinderat im wesentlichen die Kontrolle der gesamten Gemeindeverwaltung sein. Für das derzeit wichtigste Stadtamt, der Leitung des Ernährungs= und Wirtschaftsamtes wurde als Stadtrat Ferdinand Mayrhofer gewählt. Er wird seine Tätigkeit hauptamtlich ausführen. Für die Vertretung des Bürgermeisters in allgemeinen Angelegenheiten als Rechtsbeirat, wurde Dr. Karl Enzelmüller gewählt. Die beiden Letztgenann¬ ten werden zusammen mit dem Bürgermeister die Zuschüsse des Gemeinderates durchführen. Für die Bewältigung der wichtigsten Aufgabengebiete der Gemeindeverwaltung wurden Ausschüsse aufgestellt. Den Fürsorge=Ausschuß wird Peter Kramlinger, den Ausschuß für Arbeitsfragen Franz Mottl, den Wohnungsausschuß Karl Hübsch, den Finanz¬ und Gewerbeausschuß Vinzenz Ribnitzky füh¬

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