Steyrer Wochenblatt, Juni 1945, Blatt 1

Seite 4 Steyrer Wochenblatt wurde überhaupt nicht registriert. Wir wissen nur ihre Anzahl, nicht aber ihre Namen. „Wiener Graben“ und Gaskammern. Er¬ Der Lagerkommandant Ziereis war der inder niederträchtigster Mordsysteme. Eine dieser Erfindungen war der sogenannte „Wiener Graben ein 80 Meter tiefer, steinbruchartiger Bodeneinschnitt, in dem die fürs „Umlegen“ Bestimmten hineinge¬ trieben wurden. Dort wurden ihnen unter Schläger mnit Knüppeln und Todschlägern Steine im Gewicht von 60 bis 80 Kilogramm aufgeladen, die sie über 180 steile Stufen ins Lager hinauftragen sollten Die allermeisten brachen auf dem Weg zusammen, wurden in den Draht gestoßen und erhielten den Gnadenschuß „Auf der Flucht erschossen ...“ Eine Art von Ermordung wurde in der Gas¬ kammer vollzogen. Die Gaskammer war ein kleiner Raum, der etwa 80 bis 100 Menschen aufnehmen konnte, wenn sie eng aneinandergepreßt standen. Ver wendet wurde das Giftgas Zyklon B, das Erstickungs¬ fälle herbeiführt. Die Leichname waren infolge des engen Raumes so ineinander verkrampft, daß es nicht möglich war, auch nur einen Körper unversehrt Aus den Landgemeinden! In allen Zeiten erklang der Ruf: Arbeiter und Bauern! Als eine Mahnung zur Einigkeit. In allen Zeiten haben Arbeiter und Bauern gemeinsam elitten und wurden gemeinsam unterdrückt. Haben sie auch gemeinsam gekämpft? Wenn sich die Bauern gegen ihre Peiniger erhoben, dann horchten die Kleinhandwerker und Arbeiter in den Städter auf, denn die Bauern kämpften auch für sie; und da und dort leisteten sie den Bauern Schützenhilfe, wenn die Arbeiter in den Städten für die Freiheit kämpften, dann kämpften sie auch für die Freihei er Landarbeiter und Bauern, und da und dort kämpften die Bauern mit ihnen. Aber nie kam eine vollständige Einigung zustande, oder sie wurde doch bald wieder zerrissen. Nur allzuoft marschierten Arbeiter und Bauern getrennt und wurden getrennt geschlagen. In Oesterreich erklingt jetzt, nach den bitterer Erfahrungen der letzten Jahre, recht laut die Mahnung zur Einigung. Zur Einigung aller, und nicht zuletzt der Arbeiter und Bauern. Dafür hat er die Bauern mit dem blödsinnigen Blu=Bo=Quatsch zu umnebeln ver¬ ucht und die Sklaven in den Rüstungsbetrieben zu „braven deutschen Arbeitern“ ernannt; es war aber ein Schimpf. Die „Nazi“=Propaganda hat uns gerne er¬ zählt, daß die meisten Bauern „Nazi“ sind. Und wei den „Nazi“ so vieles geglaubt wurde, hat ihnen das auch mancher brave deutsche Städter geglaubt. Es war eine freche Lüge. Gewiß: Viele Großgrundbe¬ itzer waren die ersten Nazi, sie sind geflohen und haben mitgeschleppt, was nur möglich war. Manche Bauern die ihre Wirtschaft vernachlässigt haben und deswegen in Schulden gerieten, haben sich lieber mit den illegalen Nazi herumgetrieben, statt ihre Acker aus der Tür hinauszutragen. Die Leichenträger mußten daher mit Beilen die einzelnen Leiber von¬ einander trennen. Die Befreiung Dr. Migsch childerte noch die entsetzlicher Zustände im Sanitätslager, wo infolge der Hungers¬ not sogar einzelne Fälle von Kanibalismus zu ver¬ eichnen waren. In den letzten Wochen starben in Mauthausen täglich bis zu 200 Menschen Der Kommandant Ziereis und die Arzte Dr. Volter und Richter begannen nun außerdem mit neuen Vergasungen, um die Zeugen ihrer Missetaten aus dem Wege zu räumen, so daß sich die Gesamtzahl der täglichen Todesfälle auf 600 steigerte. Noch an 28. April wurden über ausdrückliche Weisung des Gauleiters Eigruber eine Anzahl Politischer aus Oesterreich vergast. Darunter auch 40 politisch Häftlinge aus Linz Endlich entschlossen sich Häftlinge zum aktiven Widerstand. In einer für sich aussichtslos scheinenden Situation begannen sie um ihr Leben zu kämpfen Aber die Nazibestie wich zurück, verließ nach wenigen Tagen fluchtartig das Lager und am 6. Mai flatter¬ ten vom Lagerturm die Freiheitsfahnen aller Nationen Leider waren es nur 350 politische Gefangene, die als Ueberlebende von vielen Zehntausenden das Licht der Freiheit erblickten. zu bestellen, weil sie hofften, auf diese Weise ohne Arbeit ihre Schulden los zu werden, was ihnen auch vielfach gelang. Aber die meisten österreichischen Bauern waren voll Haß und Feindschaft gegen die deutschen Faschisten. Vom Anfang bis zum bitterer Ende Der Nazi=Krieg hat viele tausende österreichisch Arbeiter getötet und die Wohnungen und Arbeits¬ stätten zerstört. Der Luftkrieg hat zwar die meister Dörfer verschont, aber viele österreichische Bauern und Bauernsöhne kommen nicht wieder. Schließlich hat der Krieg infolge des „Durchhaltens“ der Nazi=Führen die ihr Leben noch ein paar Wochen lang genießer wollten, in vielen Gegenden junge Saat auch auf österreichischen Feldern zerstampft. Schon im Frieden waren Arbeiter und Bauern aufeinander angewiesen. Der Arbeiter kann nicht leben und arbeiten ohne das Brot, das der Bauer schafft, der Bauer kann nich bestehen ohne Geräte und Werkzeuge, ohne Kleider und Schuhe, die er aus Arbeiterhänden erhält. Die Arbeiter und die Bauern haben auch immer gewußt daß sie zueinander gehören. Aber immer haben die die ein Macht= und Provitinteresse daran hatten, eine künstliche Kluft zwischen Stadt und Land geschaffen Jetzt aber ist höchste Zeit und größte Notwendigkeit, daß diese Kluft, wenn sie überhaupt noch besteht, be eitigt wird, wie der Kriegsschutt auf Straßen und Feldern. Die Städter können ihre Häuser nicht auf¬ bauen und nicht leben und arbeiten, ohne die tat kräftige Hilfe der Landwirtschaft, die Bauern können die Felder nicht ernten und die Landwirtschaft nicht aufbauen, ohne die Unterstützung der Arbeiter. Aus der gemeinsamen Not und Sorge ist der alte Ruf: „Arbeiter und Bauern, seid einig!“ erstan¬ den. Dem Ruf muß die Tat, muß das gemeinsam Werk des Wiederaufbaues in Stadt und Land folgen. Riedmüller Nik. — Verantwortlicher Herausgeber; Redaktion und Verlag: Pachergasse 3. Druck: Emil Drietzel, Steyr.

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