Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

89 aus Granit verfertigte Röhrbrunnen im gotischen Stil aufgesetzt, welcher nebst dem gusseisernen Geländergitter 1843 fl. öst. W. kostet, und somit ist nun der im Jahre 1858 durch die Abbrechung der Festungsmauern und Aus- füllung des Grabens hergestellte Kirchenplatz vollendet. Am 18. Dezember wurde die erste Reichsratssession, welche bereits seit 20 Monaten tagte, von Sr. Majestät dem Kaiser mit großer Feierlichkeit ge- schlossen, und infolgedessen, so wie der vom Reichsrat beschlossenen be- deutenden Ausgaben-Reduktionen, Steuererhöhungen und der mit der Nati- onalbank vereinbarten neuen Bankakte, haben sich die Obligationenkurse wesentlich gebessert und das Silberagio, welches zu Anfang dieses Jahres mit 38 % und noch im Herbst mit 23 % bezahlt werden musste, sank auf 11 bis 13% herab. Jedoch kam mit dieser bedeutenden Besserung der Valuta auch eine empfindliche Stockung in unseren auswärtigen Warenabsatz. Übrigens haben unsere Stahlwaren und Sensen, die von einem Komitee unserer Kaufleute und Industriellen im Frühling zur Londoner Weltausstellung gesendet worden waren, dort eine sehr ehrende Anerkennung gefunden und eine Kollektiv-Preismedaille erhalten, welche im Rathaus aufbewahrt wird. Als bemerkenswert aus diesem Jahre ist auch noch anzuführen, dass der Baumeister Anton Pichler das ehemalige Kapuzinerkloster von Johann Eber- staller an sich gekauft, dasselbe adaptiert, sowie einen Teil der Gartenmauer niedergerissen und von dort über den sogenannten Hundsgraben zur Verkür- zung des Weges eine hölzerne Brücke errichtet hat. Endlich, dass das zur Stadtpfarrpfründe gehörig gewesene, sogenannte Pfarrhöfel an der Garstnerstraße, welches dem Stadtpfarrer, als nur von är- meren Parteien bewohnt, keinen namhaften Ertrag lieferte, mit Bewilligung des Konsistoriums und der Regierung an den Advokaten Dr. Kompaß verkauft worden ist, welcher selbes elegant adaptieren will. Das abgelaufene Jahr gehört sowohl in politischer Hinsicht, als auch in der Fruchtbarkeit an Getreide und Wein zu den glücklichsten Jahren seit langer Zeit, jedoch hielt auch der Tod eine seiner reichsten Ernten, besonders unter den Kindern infolge der Scharlachepidemie, so dass in diesem Jahr die uner- hörte Zahl von 467 Todesfällen vorgekommen ist.

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