Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882
5 1841 Das Jahr beginnt nicht unter den günstigsten Auspizien. Militärische Rüs- tungen allenthalben scheinen auf einen Krieg mit Frankreich hinzudeuten, welches über den Sturz des Vizekönigs von Ägypten sehr aufgebracht ist. Anfangs Februar ist der Schnee über zwei Schuh hoch, die Straßen sind fast unfahrbar, die Steyr schon zum 3. Male ganz zugefroren, Ende Februar ist noch die schönste Schlittenbahn. Der verflossene Winter war einer der lang- wierigsten und strengsten seit vielen Jahren, der März bis Ende schön und trocken. Am 15., 16., 17. und 18. März wurde rekrutiert. Das Steyrer Kontingent betrug die große Zahl von 29 Mann zur Linie und 1 Mann zur Landwehr. Am 19. Mai wurde die Renovierung des Rathauses beendigt. Sonntag den 18. Juli war ein außerordentlicher Tag; es wehte ein bren- nend heißer Scirocco, der Horizont war gegen Osten und Süden mit einem rötlichen Schleier bedeckt, dabei trat nachmittags eine sichtbare Sonnenfins- ternis ein. Das Thermometer zeigte den ganzen Tag bis gegen Abend im Schat- ten über + 28°, an der Sonne + 38°, eine hier nie erlebte Hitze. Gegen Ende des Monats Juli wurde der alte Turm und das Gebäude rück- wärts am Leichenhofe abgebrochen und der Erweiterungsbau angefangen. Anfangs August wurden schon große Vorbereitungen und ganz widerspre- chende Anordnungen zum Empfange Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin getroffen, welche am 30. August erwartet wurden. Die durchgängige Reparatur des Rathauses ist beendet und es findet die Einrichtung des vor- maligen Brotladens zur Polizeiamtskanzlei statt. Am 3. September um ½ 3 Uhr nachmittags kamen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit einer Hofsuite von 22 Wagen unter Glockenge- läute und dem Donner der Kanonen von Weyer hier an und stiegen bei der „goldenen Krone“ ab. Nach der Mittagstafel fuhr die Kaiserin in einem fürstlich Lamberg'schen sechsspännigen Wagen nach Gleink, während der Kaiser im Ratssaale eine Ausstellung hiesiger Eisenfabrikate, die Stadtpfarrkirche und das Schloss be- sichtigte. Abends war allgemeine, sehr gelungene Beleuchtung der Stadt und aller Vorstädte, und die Majestäten fuhren mit der ganzen Suite in zurückge- legtem Wagen unter einem ungeheuren Volksgedränge und Jubel ohne alle Wachen durch alle Straßen.
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