Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

83 stark, aus und gab sehr gelungene Salven. Am Samstag den 1. Juni nachmittags waren mehrere heftige Gewitter, wo- bei sich ein Wolkenbruch über Mühlbach, Dambach, Kleinraming und Beham- berg derart entleerte, dass die dortigen abschüssigen Getreidefelder gänzlich abgeschwemmt, die Obstbäume von dem starken Hagel vernichtet und die Bä- che zu Strömen anschwollen und Hütten, Stege und Brücken wegrissen, sodass die Verbindung von Steyr nach Steiermark und Niederösterreich gänzlich unter- brochen und sogar die Telegraphenleitung am Ramingbach zerstört wurde. Am allermeisten hat das Tal Kleinraming gelitten, welches der zu einem Strom an- geschwollene Bach vollständig überschwemmt hat, sodass dieWohnungen und Stallungen einige Schuh hoch plötzlich angefüllt und acht Wehren mehr oder weniger vernichtet wurden, endlich sogar ein mit Holz gefüllter hölzerner Sta- del, vom Hammerschmied Vögerl weggetragen und ein paar hundert Schritte auf die Straße gestellt wurde. Der Schaden wurde in der Gemeinde St. Ulrich allein auf über 122.000 fl. geschätzt. Eine von den Gemeinderäten in Steyr vor- genommene Sammlung für die Verunglückten ergab 1283 fl. Am 7. Juli erhielt der hiesige zweite Männer-Gesangverein „Kränzchen“, der im Gegensatz zur „Liedertafel“ meist aus Bürgerssöhnen und Arbeitern besteht, von Wohltätern eine prächtige, seidene, weißgrüne, reichgestickte Fahne, welche mit feierlichem Zuge vom Gemeindehaus abgeholt wurde. Am 18. zogen 26 Sänger von den beiden Vereinen mit ihren Fahnen vom Gemeindehaus mit großem Pomp aus zu dem allgemeinen deutschen Sänger- fest in Nürnberg. Bei diesen beiden Auszügen waren viele Häuser am Stadt- platze und in der Enge mit verschiedenfarbigen Fahnen geziert und die lange verpönt gewesenen deutschen Farben „schwarz-rot-gold“ prangten wieder vielfach sowohl an den Häusern, als auch an den Mitgliedern der Gesang- und Turnvereine. Das hiesige Bürgerkorpskommando wollte am 21. Juli einen Übungsmarsch nach Sierning unternehmen, wo dann auch andere Schützenkorps von Stein- bach, Kremsmünster mit demselben zu einer gemeinschaftlichen Unterhaltung zusammengetroffen wären. Allein die Sache wurde von der Statthalterei nicht bewilligt und der Bürgerkorpsmajor Josef Werndl konnte nicht einmal vomMi- nisterium, zu dem er sich sogleich persönlich begab, die Bewilligung erwirken. Auch das von diesem Kommandanten an die Gemeindevorstehung gerichtete Gesuch um einen Armierungsbeitrag von 800 fl. zur Errichtung der 4. Kompag- nie wurde gemeinderätlich zurückgewiesen.

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