Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

59 und Fahren von jedermann benützt werden können und offen und unbeirrt bleiben müssen, so wie es früher war. Nur das einzige Recht gewann der Fürst, dass er die Tore seines Schlosses während der Nachtzeit zusperren kann. In der Stadtpfarrkirche wurden im August als weitere Vorbereitung für die Hochaltaraufstellung die 12 aus Holz zierlich geschnitzten 6 ½ Fuß hohen Apostel-Statuen, welche an den Säulen im Mittelgange in den Jahren 1650— 1670 von verschiedenen Wohltätern aufgestellt worden waren und die, un- terhalb derselben hängenden, sehr großen aber ziemlich schlechten Kreuz- wegbilder herabgenommen und erstere nach Linz um 144 fl. verkauft. Dann wurde das ganze Innere der Kirche, welches früher mit verschiedenen alten Arabesken und Figuren bemalt war, herabgeputzt und dann steingrau ausge- färbelt, auch die überall schadhaften Ornamente im Presbyterium ergänzt. Am 26. August wurden die Apostelstatuen mit einem Schiff nach Linz transportiert. Da über diese sogenannte Beraubung der Kirche laut ge- schimpft und sogar dem Stadtpfarrer Drohbriefe geschrieben worden waren, so wurden vor dieser Einschiffung durch einige Tage bei der Stadtpfarrkirche Polizei- und Gendarmerieposten aufgestellt. Der bereits vollendete neue Hochaltar war im August im Glaspalast in München aufgestellt, kam am 20. August auf Ansuchen und Kosten des Wie- ner Kunstvereines nach Wien, wo er bis letzten September in der Minoriten- kirche zur öffentlichen Bewunderung ausgestellt bleibt, aber in der Wiener Zeitung eben keine ganz besondere Anerkennung findet. Am Freitag den 4. September begann der Umbau der Steyrbrücke, welche auf der Steyrdorfer Seite zur Verminderung des Spitalberges um 4 Fuß erhöht wird. Damit nun der dortige Platz nächst der Brücke auch entsprechend er- höht werden kann, wird anstatt der dortigen Abfahrtsstraße unter dem soge- nannten Schwibbogen nur mehr eine Stiege angebracht und der Michaeler- platz vor der Kirche wird ebenfalls um 1 ½ Fuß niedergegraben und auch die Grundstützmauer gegen den Spitalsberg wird zurückgesetzt. Nach vierwö- chentlicher Arbeit war am Samstag den 3. Oktober die neue Brücke und Straße gang- und fahrbar. Die Brücke hat annähernd 10.000 fl. und die Berg- und Platzregulierung 4531 fl. gekostet, wozu aus dem Landesfond 1000 fl. zu- geschossen wurden. Für die Dauer des Brückenbaues musste von Seite der Stadt von Ennsdorf nach Ort eine unentgeltliche fliegende Brücke unterhalten werden. Der Schiffmeister Jos. Reder baute eine zweite gangbare Schiffbrü- cke, wofür er sich per Person ½ kr. K.-M. bezahlen ließ.

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