Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

54 Die Stadtkassa befindet sich im elendesten Zustand, und es wird, da mit der bisherigen Umlage von 20% auf den Steuergulden bei weitem kein Aus- langen für die laufenden Auslagen ist, und überdies die Steyrbrücke ganz neu gebaut werden muss, die Schaffung einer neuen Einkommensquelle und überdies ein großes Anlehen zur unausweichlichen Notwendigkeit. Am 12. Juli, abends 8 Uhr, wurden 21 Böllerschüsse zur Feier der glückli- chen Geburt einer kaiserlichen Prinzessin abgefeuert, und am 13. war Hoch- amt und Tedeum. Die Terrainvermessungsarbeiten zur Anlegung der Elisabeth-Westeisen- bahn wurden während des ganzen Sommers eifrig betrieben, und besonders sind die Punkte Salaberg und Stampf im Erlatal, dann der Ennsübergang, wo sich die Bahn unserer Stadt ammeisten nähern wird, für dieselbe von größter Wichtigkeit, weil ein Fernbleiben von diesem großen Verkehrsweg unserer dahinsiechenden Eisenindustrie den letzten Lebensweg abschneiden würde. Es muss daher unsere Stadtrepräsentanz alles aufbieten, um entweder die Hauptbahn in die möglichste Nähe gerückt, oder doch eine Flügelbahn zu er- halten. Zu diesem Zwecke reisten auch anfangs September der Herr Bürger- meister Gaffl, der Herr Stadtsekretär Aichinger und Herr Dr. Kompaß nach Wien und machten dort bei den k. k. Ministerien und der Westbahndirektion ihre Schritte, welche auch überall günstiges Gehör fanden, und worauf schon am 15. September wieder neue Ingenieure aus Wien nach Stampf kamen und durch 14 Tage die Vermessungen wegen möglichster Annäherung der Bahn gegen die Stadt vornahmen. Allein da die Schwierigkeiten zu groß gefunden wurden, wurde eine Flügelbahn vom Schlüsselhof nach Enns hinab ausge- steckt und vermessen. Am 29. September fand die feierliche Einweihung des neuerbauten Schul- hauses in der Vorstadt Ennsdorf statt. In der Gemeinderatssitzung vomOktober, wo in Gegenwart des k. k. Kreis- kommissärs Brosch das städtische Präliminare pro anno 1857 beraten ward, wurde zur Deckung des allgemeinen Defizits von 16.940 fl. nebst einer 20%i- gen Umlage auf die direkten Steuern auch die Erhebung eines Verzehrungs- steuerzuschlages von 20% von den geistigen Flüssigkeiten und 10% vom Fleisch beschlossen. Am 17. November kam das oberlandesgerichtliche Urteil in causa der Stadt- gemeinde Steyr kontra den Herrn Fürsten Lamberg wegen Gestattung der freien Durchfahrt durch das Schloss nach Voglsang und der Promenade, womit

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